Ökumenisches Heiligenlexikon

Philipp Melanchthon

1 Gedenktag evangelisch: 19. April (EKD)
                                            16. Februar (LCMS)
                                            25. Juni (ELCA)

Name bedeutet: der Pferdefreund (griech.)

Professor, Reformator
* 16. Februar 1497 in Bretten in Baden-Württemberg
19. April 1560 in Wittenberg Sachsen-Anhalt


Melanchthonhaus am Marktplatz in Bretten, 1897 bis 1903 errichtet an der Stelle des Geburtshauses als Museum zur Geschichte der Reformation und Forschungseinrichtung zu Melanchthon
Melanchthonhaus am Marktplatz in Bretten, 1897 bis 1903 errichtet an der Stelle des Geburtshauses als Museum zur Geschichte der Reformation und Forschungseinrichtung zu Melanchthon

Philipp Schwarzerdt (griechisch: Melanchthon) wurde als erstes von fünf Kindern geboren und zu Ehren des Landesherren Philipp genannt. Der Vater war Meister der Geschützgießerei sowie des Plattnerhandwerks - der Kunst, möglichst leichte, aber dennoch feste Rüstungen zu schmieden; er wurde ins Amt des kurfürstlichen Rüstmeisters erhoben. Melanchthons Mutter Barbara stammte aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie, ihr Vater sorgte für eine gründliche Ausbildung ihres Sohnes. Als Melanchthons Vater sowie sein Großvater starben, war für den Elfjährigen die Kindheit beendet.

Die Burse, das um 1480 errichtete Gebäude der Universität Tübingen, heute mit Gedenktafel für Philipp Melanchthon
Die Burse, das um 1480 errichtete Gebäude der Universität Tübingen, heute mit Gedenktafel für Philipp Melanchthon

Philipp besuchte die Lateinschule in Pforzheim; als Klassenbester bekam er die Möglichkeit, auch die griechische Sprache zu erlernen. 1509 verlieh ihm Johannes Reuchlin den Humanistennamen Melanchthon; er soll gesagt haben: Schwarzerdt heißt du, ein Grieche bist du, griechisch soll auch dein Name lauten. Schon mit zwölfeinhalb Jahren konnte Philipp die Universität in Heidelberg besuchen, er beendete sein Studium 1511, zum frühest möglichen Zeitpunkt. Als er 1512 zum Magister promovieren wollte, verweigerten die Professoren dem schmächtigen Fünfzehnjährigen die Zulassung; 1514 legte er, nach Fortsetzung seines Studiums in Tübingen, an der philosophischen Fakultät seine Magisterprüfung ab. Dem folgte eine intensive Lehrtätigkeit an der Universität und die Abfassung erster bedeutender, humanistisch geprägter Schriften.

Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen suchte für den Lehrstuhl für griechische Literatur an seiner 1502 neu gegründeten Universität Leucorea in Wittenberg einen Professor, Melanchthon wurde von Reuchlin empfohlen. 1518 hielt Melanchthon seine begeisternde Antrittsrede Über die Umgestaltung des Jugendunterrichts. Neben seiner Lehrtätigkeit studierte er bei Martin Luther Theologie, 1519 erlangte er den ersten theologischen Grad eines Baccalaureus biblicus. Seine eigenen Vorlesungen wurden von den Studenten begeistert aufgenommen, auch von Luther, der Melanchthons griechische Vorlesungen besuchte. Die Freundschaft des 14 Jahre jüngeren Melanchthons mit Luther blieb bis zu dessen Tod erhalten.

Lukas Cranach der Ältere; Portrait, 1543, in der Galleria degli Uffizi in Florenz
Lukas Cranach der Ältere: Portrait, 1543, in der Galleria degli Uffizi in Florenz

Schon bei der ersten großen Auseinandersetzung zwischen Luther und der (katholischen) Kirche, der Leipziger Disputation - sie fand statt in der damaligen Pleißenburg an der Stelle des heutigen Neuen Rathauses - im Jahr 1519, war Melanchthon zugegen. Er schrieb Luther während dieses Streitgespräches mit Dr. Johannes Eck, einem scharfsinnigen päpstlichen Theologen, kleine Zettel mit Bibelstellen, die die Vorrangstellung des Papstes - der Streitpunkt des Gespräches - widerlegten. Zornig soll Eck ausgerufen haben: Schweige Philipp, kümmere dich um deine Studien und störe mich nicht. Luther bekannte: Dieser kleine Grieche übertrifft mich auch in der Theologie. Eck wurde so in die Enge getrieben, dass das Gespräch ohne Entscheidung endete. Luther lobte Melanchthon: In meinem ganzen Lehramt achte ich nichts höher als den Rat Philipps. Luther wollte ihm sogar die Leitung der Reformation übertragen, sollte er von dem Reichstag in Worms, der ja mit seiner Ächtung endete, nicht lebend zurückkehren.

Denkmal vor der Stiftskirche in Bretten
Denkmal vor der Stiftskirche in Bretten

Weil man Melanchthon an der Universität in Wittenberg festhalten wollte, riet man ihm, sich zu vermählen. Er lehnte zunächst ab, aber schon im November 1520 heiratete er Katharina, die Tochter des Wittenberger Bürgermeisters Hieronymus Krapp, und bezog mit ihr das Haus, das heute als Melanchthon-Haus Museum ist. Luther hatte Melanchthon von der Sache der Reformation schnell überzeugen können, schon früh war aus der gemeinsamen Arbeit an der Universität eine innige Freundschaft geworden. Ich würde lieber sterben als von diesem Manne getrennt zu sein, sagte Melanchthon. Luther arbeitete unermüdlich an der neuen Theologie - nur fehlte ihm dabei oft die Systematik. Diese Aufgabe übernahm Melanchthon: er schrieb 1521 die erste gültige Zusammenfassung der reformatorischen Lehre, die Loci Communes. Luther war so begeistert von diesem Buch, dass er es gar in die Bibel aufnehmen mochte.

Melanchton lehrt, links neben ihm sitzt Luther, Bild  im Melanchtonhaus in Wittenberg
Melanchton lehrt, links neben ihm sitzt Luther, Bild im Melanchtonhaus in Wittenberg

Melanchthon motivierte Luther, die Bibel in ein für das Volk verständliches Deutsch zu übersetzen. Luther begann damit 1521/22 auf der Wartburg und hat an dieser Übersetzung nach seiner Rückkehr nach Wittenberg im Frühjahr 1522 mit Melanchthon in vielen Stunden mühsamer Arbeit gefeilt. Während Luther aus Sicherheitsgründen auf der Wartburg versteckt wurde, übernahm Melanchthon an der Universität in Wittenberg Luthers Vorlesungen über biblische Schriften.

Melanchthon war an zahlreichen Visitationen beteiligt bei den Gemeinden, die sich jetzt der Reformation angeschlossen hatten; Ergebnis dieser Reisen war auch die Sorge um die kümmerliche Pädagogik jener Zeit. Melanchthon schrieb deshalb zahlreiche Lehrbücher und entwickelte Konzeptionen für Neugründungen von Schulen und Universitäten. Als erste der neuen Lateinschulen eröffnete er 1526 im ehemaligen Schottenkloster an der Egidienkirche in Nürnberg; diese Schulen sind die Vorläufer der heutigen Gymnasien, das humanistische Bildungskonzept prägte für Jahrhunderte das deutsche Bildungswesen.

Auf dem 1530 im Rathaus in Augsburg abgehaltenen Reichstag vertrat Melanchthon die Sache der Reformation, da Luther wegen des über ihn verhängten Banns Kursachsen nicht verlassen kann. Die Schwierigkeiten der Verhandlungen mit der katholischen Seite bewältigte Melanchthon meisterhaft. Er zeigte sich kompromissbereit, was ihm die Kritik einiger seiner Zeitgenossen einbrachte; Luther war jedoch mit den Ergebnissen zufrieden. Melanchthon verfasste anhand verschiedener vorbereiteter Schriften und der Verhandlungen in Augsburg das erste große Bekenntnis der Reformation. Nach dem Ort der Übergabe an den Kaiser wird diese Schrift Augsburger Bekenntnis, Confessio Augustana, genannt. Noch heute werden evangelische Pfarrer u. a. auf dieses Bekenntnis ordiniert.

Lukas Cranach der Ältere (Werkstatt): Portrait, um 1540, im Lutherhaus in Wittenberg
Lukas Cranach der Ältere (Werkstatt): Portrait, um 1540, im Lutherhaus in Wittenberg

Gestützt auf seine Vorlesungen zu ethischen und politischen Schriften des Aristoteles und Ciceros publizierte Melanchthon ab 1538 sein eigenes System der Ethik bzw. seit 1550 dessen verbesserte Fassung. 1540 veröffentlichte er den ersten Teil seiner Lehre vom Menschen unter dem Titel De anima, die endgültige Fassung erschien 1553, 1549 wurde sein physikalisches Werk publiziert, in dem er sich auch zu dem gerade veröffentlichten kopernikanischen Weltbild äußerte. Neben der Vielzahl seiner Werke kommentierte er auch neutestamentische Schriften: 1527 publizierte er seinen Kommentar zum Kolosserbrief sowie 1529 bis 1556 den zum Römerbrief. 1523/24 bzw. 1538 bekleidete er das Amt des Rektors der Universität Leucorea in Wittenberg und 1535/36 bzw. 1546 bis 1548 das Amt des Dekans der philosophischen Fakultät. Ab 1555 hielt Melanchthon dort Vorlesungen über die Weltgeschichte; das dazu entstandene Werk veröffentlichte er aber unter dem Namen des Berliner Hofastrologen Johann Carion.

Lucas Cranach der Jüngere: Portrait, um 575, im Melanchtonhaus in Wittenberg
Lucas Cranach der Jüngere: Portrait, um 575, im Melanchtonhaus in Wittenberg

Nach dem Tod Luthers wurde Melanchthon zum Wortführer der Reformation: Nachdem Luther aus diesem sterblichen Leben abgerufen ist, habe ich außer dem Schmerz noch mehr Sorgen und Arbeiten. Zwar nicht unumstritten, war Melanchthon bis zu seinem Lebensende der herausragende Exponent der deutschen Reformation. Mitte August 1557 reiste Melanchthon auf Befehl des Kurfürsten August zum Wormser Religionsgespräch. Im Oktober erfuhr er vom Tode seiner Frau, musste jedoch bis Mitte Dezember 1557 in Worms verharren. Mittlerweile war aus Melanchthon ein alter, kränkelnder und von vielen Seiten angefochtener Mann geworden.

1560 erkältete sich Melanchton und erkrankte am bösartigen Wechselfieber; am 11. April hielt er im großen Hörsaal des Augustinerklosters in Wittenberg seine letzte öffentliche Ansprache, acht Tage danach verstarb der nunmehr 63-jährige, der nie Angst vor dem Tode gehabt hatte. Sein Wahlspruch war: Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein. (Römer 8, 31)

Melanchtons Grab in der Schlosskirche in Wittenberg
Melanchtons Grab in der Schlosskirche in Wittenberg

Wegen seiner großen Verdienste im Bildungswesen galt Melanchthon schon zu Lebzeiten als Praeceptor Germaniae, Lehrer Deutschlands. Sein Grabmal ist in der Wittenberger Schlosskirche. An der Stelle seines Geburtshauses in Bretten wurde 1897 bis 1903 das Melanchtonhaus errichtet, das ein Museum zur Geschichte der Reformation und Forschungseinrichtungen zu Philipp Melanchthon beherbergt.

Drei wissenschaftliche Reden von Kurt-Victor Selge, Kirchengeschichtler, Reimer Hansen, Neuzeithistoriker, und Christof Gestrich, Systematischer Theologe, vorgetragen am Melanchthon-Tag der Theologischen Fakultät in der Humboldt-Universität zu Berlin am 23. April 1997, gibt es als pdf-Datei.

Zum Melanchthon-Jahr 1997 erstellte die Kommunale Datenverarbeitungsgesellschaft der Lutherstadt Wittenberg eine nette Melanchthon-Seite.

Catholic Encyclopedia

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Das Melanchtonhaus in Bretten ist von Mitte Februar bis Ende November täglich außer montags von 14 Uhr bis 17 Uhr, samstags und sonntags auch von 11 Uhr bis 13 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 2 €. (2018)
Das Lutherhaus in Wittenberg ist täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr - von November bis März nur von 10 Uhr bis 17 Uhr und nicht montags - geöffnet, der Eintritt beträgt 6 €, in Kombination mit dem Melanchthonhaus 8 €. (2023)
Das Melanchtonhaus in Wittenberg ist täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr - von November bis März nur von 10 Uhr bis 17 Uhr und nicht montags - geöffnet, der Eintritt beträgt 6 €, in Kombination mit dem Lutherhaus 8 €. (2023)
Die Schlosskirche in Wittenberg ist zugänglich durch den Eingang zum Schloss, in dem heute das Predigerseminar der Evangelischen Kirche in Anahlt untergebracht ist. Sie ist täglich von 10 Uhr bis 16.30 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 3 €. (2023)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 18.10.2023

Quellen:
• https://www.melanchthon.de - abgerufen am 11.10.2023
• Thomas Küntzel / Folke Damminger: Zur Untersuchung von Dominikanerkloster und Stadtkirche St. Stephanus auf dem heutigen Rathaushof in Pforzheim. In: Denkmalpfelge in Baden-Württemberg 4/2016

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.