Thomas Müntzer
Gedenktag evangelisch: 27. Mai
Name bedeutet: der Zwilling (hebr.)
Thomas Müntzer erhielt eine akademische Bildung und wurde um 1513 zum Priester geweiht. 1515 bis 1517 unterhielt er am ehemaligen Kloster St. Cyriacus in Frose bei Aschersleben einen Knabenkonvikt, das er als Propst leitete. Noch vor Martin Luther ging er auf Distanz zur katholischen Kirche, dann begrüßte er die sich ausbreitende Reformation. Luther empfahl ihn auf die Pfarrstelle an der Katharinenkirche in Zwickau, die er im Herbst 1520 antrat, aber auf Beschluss des Stadtrates wegen seiner radikalen Ansichten schon im April 1521 wieder verlassen musste.
Müntzers Auffassungen begannen zunehmend sich von denen Luthers zu unterscheiden. Er war überzeugt, dass das Vertrauen in das durch Christus geschenkte Heil noch nicht wirklicher Glaube sei; der müsse in einem inneren Leidensprozess zustande kommen, indem der Mensch die Passion Christi nachvollziehe. Der Glaube an die Wirksamkeit der Sakramente in der traditionellen Kirche sei ebenso falsch wie die Betonung der Bibel durch Luther; Müntzer setzte auf das Wirken des Heiligen Geistes. Das Endgericht und die unmittelbar folgende Herrschaft Christi auf Erden stehe unmittelbar bevor.
Müntzer griff die Pfaffen
der alten Kirche und bald ebenso die Doktörchen
der Reformationsbewegung an, sie
stünden der Reinigung der Christenheit nur im Wege. In seiner Schrift Wider das geistlose sanftlebige Fleisch zu
Wittenberg
machte er 1524 seine
Überzeugung geltend, dass auch die neue Theologie der Reformation nur die Herrschaft der Gottlosen stütze. 1523 wurde Müntzer
Pfarrer an der Johanniskirche in Allstedt,
heiratete die ehemalige Nonne Ottilie von Gersen und hielt hier als erster der Reformatoren den Gottesdienst in deutscher
Sprache. Er hoffte nun auf Unterstützung des Landesfürsten für die notwendige Reinigung der Kirche, wozu die Anwendung des
Schwerts
nötig sei. Aber Herzog Johann I. von Sachsen lehnte
dies ab.
Müntzer musste Allstedt 1524 verlassen, wich nach Mühlhausen aus und wirkte als Pfarrer an der Marienkirche - sie wurde 1975 säkularisiert und ist seitdem Müntzer-Gedenkstätte.
Müntzer gewann großen Einfluss in der freien Stadt
Mühlhausen, die er zum Modell einer Stadt des
angebrochenen Gottesreiches machen wollte. Er wurde dann auch auf die aufständischen Bauern aufmerksam, die sich seit Juni
1524 in Süddeutschland erhoben hatten, reiste durch die aufständischen Gebiete und wurde in seiner Auffassung bestärkt, dass
Pfarrer wie Fürsten die einfachen Leute nur vom Glauben abhielten, die Bauern aber das Werkzeug zur für ihn notwendigen
apokalyptischen Reinigung seien. Ihr Aufstand schaffe die Voraussetzung für eine Welt, in der die rechte Verkündigung
stattfinden könne. In Mühlhausen gründete Müntzer deshalb im März 1525 in der
Marienkirche den Ewigen Rath
, der den
tags zuvor abgesetzten Stadtrat ablöste und die politischen und sozialen Forderungen durchsetzen sollte.
Müntzer bestärkte die Bauern, Gottes Gericht zu vollstrecken: Dran, solange das Feuer heiß ist. Lasset euer Schwert
nicht kalt werden!
Aus Mühlhausen zog er den
herannahenden Fürstenheeren mit 300 Anhängern entgegen nach Frankenhausen - heute Bad Frankenhausen - in Thüringen, wo sie
zusammen mit den fast 10.000 Kämpfern der Bauernheere aus 370 Städten und Dörfern auf dem Weißenberg - dem heute
Schlachtberg genannten Berg - des
Kyffhäuser-Gebirges am Nordrand der Stadt die Entscheidungsschlacht führten.
An diese große Schlacht erinnert auf dem Schlachtberg heute ein
Gedenkstein und das 1976 bis 1987 errichtete
Panoramamuseum mit dem von Werner Tübke
gefertigten Bildnis mit einer Fläche von 1722 m², einem der größten Panoramen der Welt. Ein Regenbogen - von Müntzer schon
zuvor als Symbol gewählt - beleuchtete tatsächlich am 15. Mai die Szene; Gott will mit eurer Hilfe die Welt reinigen,
kämpft mutig!
ermunterte er die Aufständischen.
Die Bauernheere hatten gegen die Landskechte der Fürsten und deren Feuerwaffen keine Chance, Panik brach aus, die Bauern versuchten sich in kopfloser Flucht zu retten; 6000 von ihnen ließen ihr Leben, 600 weitere konnten fliehen und wurden dann in der Stadt getötet, nur wenige entkamen. Müntzer wurde gefangen genommen. Er deutete die Niederlage als Strafe Gottes, weil die Bauern für ihren eigenen Vorteil und nicht für das Reich Gottes gekämpft hätten. Auch unter Folter widerrief er seine Lehren nicht und wurde daraufhin hingerichtet. Sein Körper wurde auf einen Pfahl gespießt und zur Abschreckung vor den Toren von Mühlhausen aufgestellt.
Theologisch war Müntzers Apokalyptik nicht wirklich ernst zu nehmen. Aber Müntzer blieb im Gedächtnis wegen seiner
Unterstützung der Bauern in ihrem von christlichen Hoffnungen getragenen Aufstand gegen ihre Unterdrückung, bei dem
Martin Luther so eklatant versagt hatte, als er sich auf die Seite der
Fürsten stellte. Der Name Müntzer erinnerte immer wieder an das soziale Gewissen von Kirche und Gesellschaft. Dass die
Staatsführung der ehemaligen DDR ihn als Vorläufer des Kommunismus vereinnahmte, war nur eines der vielen Missverständnisse,
das er posthum zu ertragen hatte; die DDR gab seinem Wirkungs- und Todesort
Mühlhausen 1975 den offiziellen Namenszusatz
Thomas-Müntzer-Stadt
und bildete ihn auf der 5-Mark-Banknote ab, 1991 strich die Stadtverordnetenversammlung diesen
Beinamen wieder.
Das katholische Gotteslob
enthält Müntzers Lied Gott, heil'ger Schöpfer aller Stern
(GL neu 230).
Die Thomas-Müntzer-Gesellschaft e. V. stellt Leben und Erinnerungsstätten auf ihrer Website dar.
Lüko Willms stellt auf seiner Internet-Site Stimmen der
proletarischen Revolution
Texte von Müntzer zur Verfügung.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Die
Stiftskirche St. Cyriakus in Frose bietet
donnerstags und sonntags jeweils um 14 Uhr Kirchenführungen an. (2024)
Die Müntzer-Gedenkstätte in der Marienkirche
in Mühlhausen ist täglich außer montags von 10 Uhr bis 17 Uhr - von November bis Febraur nur bis 16 Uhr - geöffnet, der
Eintritt beträgt 5 €. (2023)
Auch das Bauernkriegsmuseum in der ehemaligen
Franziskanerkirche in Mühlhausen ist täglich außer
montags von 10 Uhr bis 17 Uhr - von November bis Febraur nur bis 6 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 5 €. (2023)
Das Panoramamuseum bei Bad Frankenhausen ist
täglich außer montags von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 9,50 €. (2024)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 13.09.2024
Quellen:
• Stefan Schenk: Prediger der Apokalypse. Evang. Gemeindeblatt für Württemberg 21/2000
• Prof. Dr. Hans-Jürgen Goertz, Vorsitzender der Thomas-Müntzer-Gesellschaft aus Hamburg
• https://www.nd-aktuell.de/artikel/1054489.auf-den-spuren-thomas-muentzers.html - abgerufen am 27.10.2023
• https://de.wikipedia.org/wiki/Ewiger_Rat - abgerufen am 27.10.2023
• Infotafel an der Stiftskirche St. Cyriakus
in Frose
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.