Assyrische Kirche des Ostens
Die Assyrische Kirche des Ostens, auch Apostolische Kirche des Ostens, vollständig: Heilige Apostolische und
Katholische Assyrische Kirche des Ostens
, ist eine Ostkirche syrischer Tradition in Nachfolge des altchristlichen
Katholikats von Seleukia-Ktesiphon - den
heutigen Ruinen bei Bagdad im Irak.
Der ursprüngliche Name lautete Kirche des Ostens
, weil die Kirche für die Christen östlich der Grenze des Römischen
Reiches zuständig war. Als einzige der altchristlichen Kirchen war sie niemals Staatskirche, sondern unterstand immer
nichtchristlicher Herrschaft. Nach ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet wird sie auch Persische Kirche
,
Mesopotamisch-Persische Kirche
oder Ostsyrische Kirche
genannt, ab dem 15. Jahrhundert auch Chaldäische
Kirche
, erst seit dem 19. Jahrhundert Assyrische Kirche
- beides Bezeichnungen, die vom Westen eingeführt
wurden.
Die Assyrische Kirche des Ostens führt ihre Wurzeln zurück auf den Apostel
Thaddäus, der demnach zwischen 37 und 65 in
Mesopotamien predigte, und ist nach
Jerusalem und Antiochia - dem heutigen
Antakya/Hatay - eine der ältesten Kirchen.
Gelegentlich wird die Gründung der Kirche in
Seleukia-Ktesiphon durch
Petrus gelehrt, begründet mit dem Gruß am Schluss des 1. Petrusbrief (5, 13) aus
der Gemeinde in Babylon
. Der erste syrisch-sprachige Bischofssitz war Edessa - das heutige
Şanlıurfa in der Türkei. Nachdem Perserkönig
Shapur I. 241 große Teile von Westsyrien eroberte und Christen sowie Juden nach Mesopotamien verschleppte, breitete sich
die Kirche auch dort aus; ab dem 3. Jahrhundert saß der zentrale Bischof in Seleukia-Ktesiphon, er sei 325 beim
1. Konzil von Nicäa als Patriarch anerkannt worden. Die Kirche verbreitete
sich in Arabien und Asien bis nach Indien und China. Zur Trennung von den Kirchen im Westen kam es nach dem
Konzil von Ephesus, bei dem 431 der Nestorianismus
verurteilt wurde; die Assyrische Kirche des Ostens aber distanzierte sich vom Monophysitismus
und dem Begriff Theotokos
, Gottesgebärerin
, für Maria.
Die Assyrische Kirche des Ostens war in großen Teilen Asiens missionarisch tätig. Unter der Herrschaft der Sassaniden wurde sie seit dem 5. Jahrhundert im persischen Großreich geachtet; dabei war hilfreich, dass sie in Opposition zur oströmischen Reichskirche in Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul - stand; an Größe und Einfluss war sie damals durchaus mit der römisch-katholischen Kirche vergleichbar. Auch in Arabien gab es viele aus der Mission entstandene Kirchen bis zum Beginn der Ausbreitung des Islam im 7. Jahrhundert, als die Menschen dort zunehmend konvertierten. Trotz arabischer Herrschaft blieben die Christen aber in Mesopotamien lange in der Mehrheit. Die Araber schätzten das christliche Bildungswesen, in der Klosterschule in Nisibis - dem heutigen Nusaybin - übersetzten Christen die Werke der griechischen Philosophie und Wissenschaft ins Arabische 1. Im 9. Jahrhundert gab es über 19 Metropoliten und 85 Bischöfe, im 11. Jahrhundert gehörten der Kirche ⅓ aller Christen weltweit an. Allerdings konvertierten schließlich immer mehr Menschen zum Islam, nur im 12./13. Jahrhundert gab es eine neue Blütezeit durch die Mongolen, die wieder verlosch, nachdem diese sich dem Islam zuwandten. Der Katholikos-Patriarch der Assyreischen Kirche verlegte 773 seinen Sitz von Seleukia-Ktesiphon nach Bagdad und 1293 ins Kloster Rabban Hermizd nahe Alqosh bei Mossul im Irak.
Im 14. Jahrhundert war die Kirche in Mesopotamien fast
verschwunden. Gemeinden gab es weiterhin entlang der Seidenstraße, in Zentralasien, ab 635 in China, in Indien bis hinunter
nach Ceylon - dem heutigen Sri Lanka; im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit schrumpfte auch dort die Kirche unter
dem Druck von Islam, Hinduismus und Buddhismus, in Indien schlossen sich viele der Christen der von den portugiesischen
Kolonialherren geförderten Syro-Malabarischen Kirche oder
aus Opposition zu den Besatzern der Unabhängigen Syrischen Kirche
von Malabar an. So war das Verbreitungsgebiet der Assyrischen Kirche des Ostens in der Neuzeit im Wesentlichen auf das
Gebiet zwischen Mardin und
Van in der Türkei,
Kirkuk im Irak und
Urmia im Iran begrenzt. Nach mehreren Spaltungen
und Trennungen und zeitweiligen Unionsvereinbarungen mit der römisch-katholischen Kirche akzetierten die Gläubigen im Irak
die - ehemals ebenfalls katholische - Patriarchenlinien der Mar Shimun in Qodchanis - dem heutigen
Konak in der Türkei -, das Patriarchat der
Berge
. Im 19. Jahrhundert wurde die Kirche von den Konfessionen des Westens - der römisch-katholischen Kirche, der
Russisch-Orthodoxen Kirche, den Anglikanischen
Kirchen, amerikanischen Protestanten und deutschen Lutheranern - umworben und verlor an diese Mitglieder und ganze
Diözesen. Besonders chwere Verluste gab es in der Zeit des 1. Weltkrieges und Anfang der 1930er-Jahre in Kämpfen mit
Türken, Kurden, Iranern und Irakern: 1918 beschuldigten die Türken den Patriarchen der Kollaboration mit den Russen, in
den folgenden Kämpfen fiel er. Sein Nachfolger floh 1918 vor kurdischen und irakischen Truppen mit Gläubigen in den Irak;
dort wurde er 1933 des Landes verwiesen und ging erst nach England, dann 1940 in den USA. Die Annahme des
gregorianischen Kalenders und Kritik an der weiter bestehenden Erblichkeit
des Patriarchats führten seit 1964 zur Abspaltung und Gründung des Katholikos-Patriarchts in
Bagdad. Diese Kirche wird derzeit wie in den
letzten Jahren durch die Folgen des zweiten Bush-Irak-Krieges vertrieben.
Die Assyrische Kirche des Ostens ist eine dem Nestorianismus verbundene Kirche,
lehnt aber die Identifizierung damit ab. Sie lehrt, dass Jesus
zwar Gott und Mensch war, dass aber seine zwei Naturen unvermischt und unverändert blieben.
Maria ist deshalb nur
die Mutter des Menschen Jesus, der Begriff
Muttergottes
oder Theotokos
, Gottesgebärerin
, wird abgelehnt. In Jesus Christus ist der Unterschied
zwischen der göttlichen und menschlichen Natur in allen Eigenschaften, Fähigkeiten und Handlungen erhalten.
. Anerkannt
werden die Beschlüsse des 1. Konzils von Nicäa und des
1. Konzils von Konstantinopel, Trinität und Inkarnation sind
zentrale Punkte der Lehre. Als einzige Ostkirche lehrt die Assyrische Kirche des Ostens Allversöhnung. Sakramente sind
Qurbana
, Opfer
, das ist die EucharistieDie Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi.
Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23.,
dazu Taufe, Priesterschaft, Sündenvergebung, Salbung, das Kreuzeszeichen sowie der Sauerteig, der dem Brot des Abendmahls
beigegeben wird. Pflicht-Zölibat gibt es nur für Bischöfe und Mönche, Priester dürfen heiraten,
im Gegensatz zu den übrigen Ostkirchen auch nach der Priesterweihe. Die Kirchensprache ist Aramäisch, die Sprache
Jesu und seiner Jünger. Ikonenverehrung wird nicht mehr gepflegt. Oberhaupt ist der
Katholikos-Patriarch, der sich als legitimer Nachfolger von Petrus mit
Schlüsselgewalt nach Matthäusevengelium 16, 19 versteht und Petrus unserer Zeit
genannt wird.
Die Assyrische Kirche des Ostens ist ist Mitglied im Ökumenischen
Rat der Kirchen. Sie ist seit den 1960er-Jahren gespalten in die Alte Apostolische und Katholische Kirche des
Ostens
mit Sitz in Bagdad im Irak und die
Heilige Apostolische und Katholische Assyrische Kirche des Ostens
mit Sitz erst in
Teheran, seit 1961 in
Morton Grove in Illinois in den USA. Seit
etwa 1400 wurden sowohl das Amt des Patriarchen als auch die Bischofsämter durch Erbfolge, meist vom Onkel auf den
erstgeborenen Neffen, weitergegeben; mehrfach kam es deshalb zu Kirchenspaltungen, auch jene letzte rührt daher. Heute
werden in der Bagdader Kirche die Bischöfe gewählt. Insgesamt gab es zu Beginn des 21. Jahrhunderts in 16 Ländern rund
120 Pfarreien und 20 Gemeinden ohne eigenen Priester, mehr als 125 Priestern und einige Hundert Diakone. 2013 wurde in
Borken die erste Kirche in Deutschland geweiht.
Im Spätmittelalter gab es verschiedene Spaltungen und Unionsvereinbarungen mit der römisch-katholischen Kirche, die
teilweise wieder aufgelöst wurden. Bis heute gibt es einen mit
Rom unierten Zweig, die Chaldäisch-Katholische
Kirche
mit ihrem Patriarchen von Babylon - dem heutigen
Han-al-Mahawil; deren erster Patriarch, Mar
Shimun Sulaqa, ließ sich 1553 in Rom ordinieren. 2021 wurde der Hinweis auf Babylon
der erst 1724 in den Titel
des Patriarchen aufgenommen worden war, gestrichen, denn die Hauptstadt des babylonischen Reiches war nie ein bischöflicher
oder patriarchalischer Sitz. Zu dieser Kirche gehört die Metropolie in Indien, die
Chaldäisch-Syrische Kirche des Ostens
. Diese
Kirche ist heute mindestens genauso groß wie ihre Mutterkirche.
1 ▲ Nur so kamen die
Werke der Griechen wieder zu uns. Nach dem Untergang des römischen Reiches und im frühen finsteren Mittelalter
waren sie im Westen verloren, über die Mauren in Spanien kamen diese Übersetzungen wieder in den Westen.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 25.08.2021
Quellen:
•
• Andreas Goetze: Die syrischen Wurzeln des Christentums. In: Deutsches Pfarrerblatt 4/2015
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.