Gertrud von Helfta
auch: Gertraud
Beiname: die Große
Gedenktag katholisch: 16. November
nicht gebotener Gedenktag
gebotener Gedenktag im Trappisten- und Zisterzienserorden (kann im weiblichen Zweig der Zisterzienser auch als Fest
gefeiert werden)
Gedenktag III. Klasse Im alten Messbuch entspricht die III. Klasse einem gebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Die Feste III. Klasse sind außerhalb der geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit, Osteroktav) immer zu feiern, wenn sie nicht von einem Fest I. oder II. Klasse verdrängt werden. Innerhalb der geprägten Zeiten können sie in der Regel nur kommemoriert, aber nicht gefeiert werden.
Todestag: 17. November
Gedenktag im deutschen Sprachgebiet: 17. November
Diözesankalender Paderborn
Name bedeutet: die Speerstarke (althochdt.)
Schon als fünf Jahre altes Mädchen war Gertrud - wohl als Waisenkind - ins
Kloster Helfta der
Zisterzienserinnen gekommen, wo sie von der Äbtissin
Gertrud von Hackeborn und ihrer Lehrerin
Mechthild von Hackeborn wissenschaftlich und geistlich erzogen
und dann selbst Nonne wurde. Sie übersetzte Teile der Heiligen Schrift ins Deutsche. Am 27. Januar 1281 hatte sie eine
Vision: Sie wurde von Jesus Christus in die Nachfolge gerufen; er hob
sie über eine Dornenhecke zu sich und führte sie davon. Vor ihrer Bekehrung wollte sie den Männern in nichts nachstehen;
von ihren damaligen Anstrengungen hatte Jesus in der Berufungsvision gesagt: Bisher hast Du mit meinen Feinden vom Staub
der Erde gegessen und aus ihren Dornen ein paar Honigtropfen gesaugt. Komme zu mir - ich will dich trunken machen mit dem
Strom meiner göttlichen Wonnen.
In den nächsten Jahren wurde diese mystische Christusbeziehung stetig vertieft und
entfaltet.
Groß war Gertruds Liebe zu Jesus, ausgedrückt in der freien Hingabe an das Leiden als Zeichen der Nachfolge, ebenso stark war auch ihre Liebe zu den Menschen. Stundenlang war sie den Menschen ihrer Umgebung Zuhörerin, Ratgeberin, Trösterin. Gleichzeitig war sie eine hochgebildete und künstlerisch begabte Frau. Umfassende Brautmystik und besondere Verehrung des Herzen Jesu kennzeichneten ihre Frömmigkeit, hinzu kam die Hingabe an Gott in der Feier der Liturgie des Kirchenjahres. Als Vorbild für ihr Leben stellte Christus Gertrud seine Mutter Maria vor Augen, die Hingabe an den Sohn führte dazu, dass seine Wundmale so sehr in ihr Herz eingebrannt wurde, dass sie erlebte, wie er sein Herz gegen das ihre austauschte.
Ihre beiden Hauptwerke sind der Legatus divinae pietatis
, Gesandter der göttlichen Liebe
mit der
Schilderung der Offenbarungen an Gertrud - wohl Anfang des 15. Jahrhunderts ins Deutsche übersetzt - und die Exercitia
spiritualia
, Geistliche Übungen
; in kunstvoller und hochpoetischer Form enthalten diese Übungen die
Zusammenfassung all ihres religiösen Wissens, Lebens und Erlebens, zugleich auch eine Summa
des theologischen Wissens
und der religiösen Spekulationen ihrer Zeit. Die Legende erzählt von einer Vision der Mystikerin, in der sie die sterbende
Jungfrau Maria in einem Garten sah, umgeben mit aller Arten wohlriechender Blumen.
Als eine der großen Mystikerinnen Deutschlands erhielt Gertrud den Ehrennamen die Große
. Im Zuge der
Gegenreformation im 16. wurden ihre Werke vor allem in den romanischen Ländern weit verbreitet, gelangten bis nach
Südamerika und prägten u. a. Petrus Canisius. Für die katholische
Frömmigkeit vom 16. bis ins 19. Jahrhundert wurden Gertruds Offenbarungen wichtig durch Auszüge, die im erbaulichen
Schrifttum aufgenommen wurden.
In Folge eines Fürstenstreits wurde das Kloster Helpede / Helfta 1342 erstmals zerstört und ging schließlich 1525 in den Wirren der Bauernkriege unter; nach kurzer Wiederbelebung wurde es 1542 säkularisiert. Später war die Anlage preußische Staatsdomäne, dann DDR-Volksgut. Nach dem Untergang der DDR kam die Anlage wieder in Kirchenbesitz, dort entstand 1999 wieder ein Zisterzienserinnenkloster. Dort wurde 2008 die ihr geweihte Gertrudkapelle errichtet.
Kanonisation:
Gertrud wurde erst 1678 ins römische Heiligenverzeichnis aufgenommen.
Attribute:
Nonne, brennendes Herz, Buch, Kreuz, Feder
Patronin
von Peru und Tarragona in Spanien; zweite Patronin
des Bistums Magdeburg
Bauernregel:
Tummeln sich an Gertrud die Haselmäuse, / ist es weit mit des Winters Eise.
Worte der Heiligen
Gertrud beschreibt, wie das Kreuz Jesu Christi angemessen verehrt werden kann:
In der Messe sodann wurde sie vom Herrn durch folgende Worte belehrt: Betrachte, welches Beispiel ich meinen
Auserwählten durch diese Verherrlichung des Kreuzes gebe. Denn den Gegenständen, welche mir zu körperlichen Erquickungen
dienten, wie z. B. dem Gefäß, worin ich in meiner Kindheit gebadet wurde, und ähnlichem, habe ich keine so hohe Ehre
erteilt wie meinem Kreuze, der Dornenkrone, der Lanze und den Nägeln, welche dazu dienten, mir Leiden zu bereiten. Deshalb
wünsche ich, dass auch meine Freunde mich hierin nachahmen, und zwar dadurch, dass sie meiner Ehre und ihres eigenen
Heiles wegen eine größere Liebe ihren Feinden als ihren Wohltätern erweisen, weil sie hieraus einen unvergleichlich
größeren Gewinn ziehen können. Unterlassen sie es aber aus menschlicher Schwachheit, die erlittenen Unbilden sogleich
durch Wohltaten zu vergelten, so würde es mir hierbei doch ein angenehmes Opfer sein, wenn sie wenigstens eine Weile
nachher sich bemühten, den Unbilden durch Wohltaten zu entsprechen, gleichwie das Kreuz meines Leidens eine Zeitlang in
der Erde verborgen lag und nachher erhöht wurde.
…
Hierauf begehrte sie sehnsüchtig, eine Partikel von dem Herrn so teuren Holz zu erwerben, um durch die Verehrung
für dieselbe vom Herrn umso gnädiger angesehen zu werden. Er antwortete ihr: Willst du Reliquien haben, die mein Herz
zu dem Besitzer wirksam hinziehen können, dann lies den Text meiner Leidensgeschichte und erwäge dabei sorgfältig, welche
Worte ich mit größerer Liebe gesprochen habe. Diese schreibe ab, bewahre sie, überdenke sie oftmals und sei versichert,
dass du hierdurch meine Gnade mehr als durch andere Reliquien verdienen wirst.
Quelle: Gertrud die Große: Gesandter der göttlichen Liebe, übersetzt von J. Weißbrot, 4. Buch, 50. Kapitel, S. 384f
Zitate von Gertrud von Helfta:
Gott ist höher und tiefer als alle Erkenntnis; nur die Liebe erreicht ihn.
Der Herr sagte zu ihr: Mein Herz wird verwundet durch ein zuversichtliches Vertrauen. Dies Vertrauen tut meiner
Liebe eine solche Gewalt an, dass ich mich ihr niemals entziehen kann.
Der Herr nimmt viel lieber den guten Willen eines aufrichtigen Herzens als große Werke ohne lautere Absicht.
Je mehr ein Mensch von anderen Menschen verlassen ist, desto mehr wird er durch göttliches Erbarmen getröstet.
Je öfter für jemand gebetet wird, desto mehr Segen liegt auf ihm, denn kein gläubiges Gebet wird unerhört bleiben,
wenn den Menschen auch die Art der Erhörung verborgen ist.
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Martyrologium Romanum Flori-Legium
Im Kunstverlag Josef Fink erschien die von Pfarrer Josef Hochenauer besorgte Auswahl: (Link mit Vergütung) Bilder und Gleichnisse aus dem Werk der heiligen Gertrud von Helfta.
Informationen zu Gertrud von Helfta und ihrem Werk
gibt die Homepage von Siegfried Ringler, auf der auch seine
neue Übersetzung der Exercitia spiritualia
zu bestellen ist.
Das neu aufgebaute Kloster Helfta ist mit eigener Hompage im Internet.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 11.09.2024
Quellen:
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• http://www.bauernregeln.net/november.html - abgerufen am 18.07.2023
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.