Ökumenisches Heiligenlexikon

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Beda Venerabilis


S. Beda (Bedas) Venerabilis, Presb. et Mon. (27. al. 26. Mai, 29. Oct.) Sowohl gleichzeitige als spätere Schriftsteller sind voll des Lobes über den hl. Beda den »Ehrwürdigen« und können seine Frömmigkeit und seine Wissenschaft nicht genug preisen. Bald ist er ihnen ein »vorzüglich glänzendes Licht«, bald »die Ehre, die schönste Zierde der englischen Nation«, und dann nennen sie ihn wieder »den würdigsten Mann, den es jemals gab, eines unsterblichen Ruhmes zu genießen«. Der hl. Beda - auch Bedas genannt, welches einen Beter bedeutet, abgeleitet von dem altenglischen Worte Bedan, d. h. beten - wurde im J. 673 (eine spätere Vita hat unrichtig 677), in einem Dorfe geboren, das kurze Zeit nachher zu den Gütern des Klosters Jarrow oder Jarow (Ingirvum) kam und im Gebiete von Northumberland lag. Die Namen seiner Eltern sind nicht auf uns gekommen, noch auch kennt man die Verhältnisse, in denen sie lebten und unter welchen der hl. Beda zur Welt kam; so viel ist aber gewiß, da er es selbst sagt, daß er in einem Alter von sieben Jahren von seinen Verwandten den Mönchen des Klosters Weremouth, dem damals der hl. Benedict Biscop vorstand, zur Erziehung übergeben, und in der Folge nach Jarrow geschickt wurde, wo er unter dem Abte Ceolfrid seine Studien fortsetzte. Unter der Leitung gründlich gebildeter Lehrer, zu denen auch der hl. Erzbischof Theodor von Canterbury und der hl. Abt Hadrian gehörten, machte der hl. Beda glänzende Fortschritte in den Wissenschaften, und gewann namentlich in der griechischen Sprache, was damals selten war, so vortreffliche Kenntnisse, daß er sie vollkommen inne hatte. Die Verse, welche wir noch von ihm haben, beweisen, daß er für sein Jahrhundert ein guter Dichter war. Doch lag ihm vor Allem an der Kenntniß der hl. Schrift und der heil. Väter, weßhalb er sich ihre Betrachtung zum Hauptgegenstande seiner Studien machte. Da Wissenschaft und Frömmigkeit in ihm den Mangel des Alters ersetzten, wurde er auf den Wunsch seines Abtes schon im J. 691 in seinem 19. Jahre durch den hl. Bischof Johannes von Hexham, in dessen Diöcese Jarrow lag, zum Diakon 1 und im J. 702, im 30. seines Alters, von demselben Bischof zum Priester geweiht. In einem alten Buche wird er der Meßpriester genannt, was daher kommen mag, weil er alle Tage die Conventmesse zu lesen beauftragt war. Sobald er zum Priester geweiht war, ergriff er die Feder zur Ehre der Religion und versuchte sich in allen Fächern der Wissenschaft. Er schrieb über Philosophie, Astronomie, Arithmetik, über den Kalender, die Grammatik, Kirchengeschichte u.s.w. Doch machen Bücher religiösen Inhalts den größten Theil seiner Schriften aus. Auch stand er einer zahlreichen Schule vor, aus welcher vortreffliche Männer hervorgingen, und widmete sich dem Unterrichte der Mönche, deren Zahl sich in den beiden einander ganz nahe gelegenen Klöstern (Weremouth und Jarrow) auf 600 belief. Was aber am hl. Beda besonders bemerkenswerth war, ist, daß er bei seinem Studium die Frömmigkeit und das Streben nach Tugend nicht vergaß und von seinen Kenntnissen allzeit einen heil. Gebrauch machte. Nach dem für England approbirten Officium war er bei der Lesung der heil. Schrift bisweilen so ergriffen, daß er heiße Thränen vergoß. Sein Wandel war stets ein Muster der Vollkommenheit, welches Allen zur Nachahmung diente. Man wollte ihn deßhalb zum Abte erwählen; allein seine Demuth bewog ihn diese Würde auszuschlagen. Nach einem alten, an den Abt des Klosters Jarrow gerichteten Briefe soll ihn sogar Papst Sergius I. (687-701) eingeladen haben, nach Rom zu kommen, weil er ihn in wichtigen Dingen zu Rathe ziehen wolle. Allein diese Nachricht verdient wohl keinen Glauben, da der Ruf der Gelehrsamkeit unsers Heiligen zur Zeit Sergius I. noch nicht nach Rom gedrungen seyn konnte, indem er erst nach seiner Priesterweihe, die er im J. 702 empfing, als Schriftsteller auftrat und in weiteren Kreisen bekannt wurde. Es ist vielmehr gewiß, daß der Heilige nie nach Rom kam, und Alles, was über diese Reise und seinen Aufenthalt in der hl. Stadt berichtet wird, daher als unrichtig anzusehen ist. Man findet nämlich bei einigen Schriftstellern die Nachricht, Beda sei nach Rom gegangen und habe daselbst eine bisher nicht verstandene Inschrift auf der Porta Ferrea, lautend: P. P. P. S. S. S. R. R. R. F. F. F. dahin gedeutet, daß er sagte, sie heiße: Pater Patriæ Perditus. Salus Secum Sublata. Ruet Regnum Romæ. Ferro, Flamma, Fame. Wegen dieser frappanten Auslegung sei er nun durch ein Decret des Senates und des römischen Volkes Venerabilis, d. h. Ehrwürdig genannt worden. Wir werden später angeben, wie es sich mit diesem Beinamen verhalte; hier sei nur bemerkt, daß das Fabelhafte dieser Nachricht von selbst zu Tage tritt, welches nur erfunden zu seyn scheint, um den Ursprung des Beinamens »Ehrwürdig« zu erklären. - Ecgbright oder Egberct, der Bruder des Königs Eadbyrht's von Northumberland, war Beda's Schüler gewesen und lud diesen seinen Lehrer zu sich nach York ein, als dessen Bischof er 734 geweiht worden war. Diesem Rufe folgend lehrte der Heilige einige Monate zu York, worauf er wieder in sein Kloster zurückkehrte; die Schule aber, welche er in dieser Stadt gründete, wurde eine der blühendsten, und man sagt, er habe selbst den berühmten Alcuin, der ihre schönste Zierde war, gebildet, was aber nicht recht wohl seyn kann, da der letztere im nämlichen Jahre auf die Welt kam, in welchem der hl. Beda dieselbe verließ. Es findet hier höchst wahrscheinlich eine Verwechslung mit jenem Abte Albinus statt, dessen Beda im Prologe seiner Kirchengeschichte Erwähnung thut. Kurze Zeit nachher, als Ecgbright auf den bischöfl. Stuhl von York erhoben war, fiel der hl. Beda in eine gefährliche Krankheit und starb am 26. Mai, am Feste Christi Himmelfahrt, im J. 735, in seinem 62. Lebensalter. Er wurde in der Klosterkirche zu Jarrow begraben. Die Angabe Einiger, er habe ein Alter von 90 Jahren erreicht, läßt sich nicht historisch nachweisen. In einigen Kirchen Englands wurde Beda am 26. Mai als dem Tage seines Todes verehrt, jedoch so, daß man nur eine Commemoration von ihm in den Tagzeiten des hl. Augustin (26. Mai) einlegte. In andern Kirchen feiert man sein Andenken am 27. Mai, an welchem Tage auch sein Name sowohl im allgemeinen Mart. Rom. steht, als in dem besondern für den Benedictinerorden. In der Verordnung des Bischofs Ely für die Feste seines Bisthums wird nach Butler vorgeschrieben, daß man am 13. März die Tagzeiten vom hl. Beda bete, da an seinem Todestage die Tagzeiten des hl. Augustin verrichtet würden. Verschiedene Benedictinercongregationen haben sie lange Zeit am 29. Oct. gehalten, vielleicht wegen irgend einer Erhebung seiner sterblichen Ueberreste. An diesem Tage wird der Heilige auch noch heut zu Tage von den Katholiken Englands verehrt und die engländischen Priester, welche in fremden Ländern reisen, haben vom Papst Benedict XIV. vom Jahre 1754 das Privilegium, das Fest des hl. Beda an diesem Tage zu begehen, sie mögen sich eben befinden, wo sie wollen. Im Jahre 1020 wurden seine Reliquien nach Durham übertragen, wo sie, in eine hölzerne Lade eingeschlossen, in dem Grabe des hl. Cuthbert beigesetzt wurden. Im Jahre 1155 legte sie Bischof Hugo von Durham abgesondert in einen prachtvollen, mit Gold, Silber und Edelgestein ausgeschmückten Sarg, der bei der Zerstörung der Klöster ausgeplündert wurde. - Was endlich den Beinamen Venerabilis betrifft, den der hl. Beda hat, darf man nicht glauben, er gehöre nur unter jene Klasse Heiliger, welche den Titel »ehrwürdig« führen; nein, er gehört zu den Heiligen (Sancti), wenn es gleich im Mart. Rom. zum 27. Mai heißt: Depositio venerabilis Bedæ Presbiteri; denn »Venerabilis« ist hier ein Titel, welchen Beda seit alter Zeit neben dem der »Heiligkeit« (Sanctus) führt. Ueber seinen Ursprung gibt es mancherlei Ansichten. Schon oben haben wir gehört, wie sich die Sage denselben zu erklären suchte. Nebst dieser Erklärung gibt es noch andere, welche größere Wahrscheinlichkeit für sich haben. So ist der Abt Tritheim von Spanheim der Meinung, der hl. Beda habe diesen Beinamen schon zu seinen Lebzeiten erhalten. Weil er nämlich großes Ansehen in der Kirche genossen, habe man in einigen kirchl. Officien schon zu seinen Lebzeiten Lectionen aus seinen Commentarien über die Evangelien genommen und sie vorgelesen; weil man ihm aber als einem noch Lebenden in den Aufschriften zu diesen Lectionen den Titel »heilig« nicht habe geben können, so habe man ihn »ehrwürdig« genannt, und dieser Titel sei ihm auch dann noch geblieben, als er schon in der Kirche als »heilig« verehrt worden. Diese Meinung des Tritheim ging auch in das Brevier über, welches von der S. Rit. Congreg. für England approbirt worden ist, 1 und findet sich gleichfalls bei neuern Schriftstellern, wie z. B. bei P. Riccardi (Magister sacri palatii) in seinem Werke über die Litaneien (Corresp. de Rome Nro. 86,4. Jän. 1852). Nach Mabillon läßt sich jedoch diese Ansicht nicht historisch beweisen; vielmehr ergibt sich nach ihm aus der Geschichte, daß man erst vom 9. oder 10. Jahrh. an den hl. Beda den »Ehrwürdigen« genannt habe. So z. B. werde Beda auf dem Concil von Aachen i. J. 836 ein ehrwürdiger und wunderbarer Lehrer der letzten Zeiten genannt. Vor dem 9. Jahrhundert finde sich diese Benennung bei keinem Schriftsteller, von den mit Beda Gleichzeitigen gar nicht zu reden. Dieses allgemeine Stillschweigen der Autoren lasse auf einen späteren Ursprung dieses Titels schließen. Ferner seien in den damaligen Lectionarien die Namen der Verfasser gar nie genannt worden, und was die späteren vor dem 9. Jahrhundert herausgegebenen betreffe, so stehe bei der aus Beda entnommenen Lection nur: Homilia Domni Bedæ presbyteri. Aus beiden Umständen aber folge, daß dem hl. Beda diese Benennung aus dem Grunde, wie ihn Tritheim angebe, nicht zu Theil geworden seyn könne; denn nach dem ersten sei es nicht nothwendig gewesen, ihm diesen Beinamen zu geben, auch wenn wirklich zu seinen Lebzeiten Lectionen aus seinen Schriften entnommen worden, und nach dem zweiten sei diese Benennung wirklich nicht erfolgt. Mabillon, der das Leben des hl. Beda gründlich bearbeitet hat, ist der Ansicht, der Ausdruck »Venerabilis« könnte allenfalls als Bezeichnung seines Ordensstandes gelten, so daß er soviel wäre als Monachus und darnach sein ganzer Titel hieße: S. Beda presbyter et monachus. Mabillon spricht sich zwar hierin nicht so bestimmt aus; aber er führt mehrere Beispiele an, aus denen hervorgeht, der Titel »Venerabilis« sei früher den ausgezeichneten Mönchen zugetheilt und der Ausdruck »vita venerabilis« besonders in strengern Klöstern als gleichbedeutend mit »vita monastica« genommen worden. So z. B. nenne der hl. Gregor der Große den hl. Benedictus »einen Mann eines ehrwürdigen Wandels« (virum vitæ venerabilis). Die Bollandisten sind gleichfalls der Meinung, daß sich die Ansicht Tritheims über den Ursprung dieses Beinamens nicht beweisen lasse, und stimmen insofern dem Mabillon bei, als sie behaupten, Beda sei wegen seiner Tugend und Gelehrsamkeit so genannt worden (Factus Angliæ splendor singularis pietate et eruditione, cognomen »Venerabilis« est adeptus). - Noch sei bemerkt, daß (wie aus Benedicti XIV. De Beatif. et Canonis. Sanctorum, lib. IV. p. 2. c. 12. n. 9 hervorgeht) die S. Rit. Congregatio schon früher dem Orden der Benedictiner und Cisterzienser am Feste des hl. Beda das Officium eines Kirchenlehrers gestattete, und daß er wahrscheinlich auch in England schon länger als Doctor Ecclesiæ verehrt worden ist; wenigstens wird der hl. Beda in der von der S. R. C. approbirten Oration ein Doctor genannt. Daß Beda Venerabilis schon länger in England als Kirchenlehrer verehrt worden sei, möchte auch aus dem Bittgesuch an den Papst Pius IX. hervorgehen, welches die zur Dogmatisirung der Immaculata Conceptio (1854) zu Rom anwesenden engländischen Bischöfe, den Erzbischof Cardinal Wiseman an der Spitze, stellten, und worin sie den hl. Vater um die Erhebung des hl. Beda zum Doctor Ecclesiæ universalis bitten. Was die Erhörung dieser Bitte von Seite des Papstes anbelangt, so haben uns die Zeitungen die Nachricht gebracht, Pius IX. habe dem Gesuche der englischen Bischöfe willfahrt und den hl. Beda wirklich zum Doctor Ecclesiæ ernannt. Näheres hierüber ist aber bisher nicht bekannt geworden.

1 Nach den damals strenge eingehaltenen Kirchengesetzen sollte das Diakonat erst im 25. Lebensjahre ertheilt werden.

2 In diesem Brevier heißt es nämlich Lectione VI: Hujus eruditissimi viri opuscula eo vivente tantæ autoritatis habebantur, ut jubentibus Ecclesiarum Prælatis in Ecclesiis et Conventibus Fidelium publice legerentur. Hinc factum est, ut, cum Homilliarum tituli viventem non possent sanctitatis nomine appellare, »Venerabilem« nuncuparent, qui tunc titulus, libris ejus semel insertus, nunquam postea deleri potuit.




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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
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