Alfred Delp
Gedenktag katholisch: 2. Februar
Name bedeutet: von Elfen / Naturgeistern beraten (altenglisch - althochdt.)
Alfred Delp, noch unehelicher Sohn einer katholischen Mutter und eines evangelischen Vaters, wurde im Wöchnerinnenasyl in Mannheim geboren und zwei Tage später in der Mannheimer Jesuitenkirche katholisch getauft. Nach der Hochzeit der Eltern wurde er aber - v. a. auch unter dem Einfluss der Großeltern väterlicherseits - evangelisch erzogen, besuchte die evangelische Volksschule in Lampertheim in Hessen und wurde 1921 dort in der evangelischen Lukaskirche konfirmiert.
Nach einer Auseinandersetzung mit dem evangelischen Pfarrer wurde er in der katholischen
Kirche St. Andreas in Lampertheim zur
Erstkommunion zugelassen und gefirmt. Er wurde dann durch die katholische Jugendbewegung Bund Neudeutschland
geprägt
und trat gleich nach dem an der Goetheschule in
Dieburg abgelegten Abitur 1926 in den Jesuitenorden ein, wo seine intellektuelle
Begabung und Belesenheit geschätzt, seine protestantischen Neigungen
aber kristisiert wurden. Er studierte Theologie
und Philosophie am damaligen Berchmanskolleg der
Jesuiten in Pullach und promovierte mit einer Arbeit über Martin Heidegger. Als Erzieher und Lehrer wirkte er dann am 1934
von den Jesuiten eröffneten Kolleg in St. Blasien
im Schwarzwald.
Schon früh setzte Alfred Delp sich mit dem Nationalsozialismus auseinander. 1937 wurde er zum Priester geweiht, wirkte
als Arbeiterseelsorger und als Journalist bei der der von Jesuiten herausgegebenen
Monatszeitschrift Stimmen der Zeit
, die 1939 verboten wurde, und war dann als Seelsorger im vornehmen Stadtteil
Bogenhausen in München tätig. Seine kritischen
Predigten wurden geschätzt; die Unvereinbarkeit von Christentum und Nationalsozialismus war ihm unverkennbar: Wo
Konflikt ist, muss gefochten werden, ohne Kompromiss und Feigheit
. Delp setzte sich aktiv für verfolgte Juden ein.
1941 begegnete Delp in Berlin Helmuth James Graf
von Moltke, der ihn für seinen Kreisauer Kreis
gewann, wo er als Experte für Gesellschaft und Wirtschaft des von
diesem Kreis geplanten deutschen Staates nach dem Ende der Nazi-Diktatur fungierte. Der Kreisauer Kreis
stand im
Widerstand gegen den Nationalsozialismus, nach Graf von Stauffenbergs Attentat vom 20 Juli 1944 flog der Kreis auf, seine
Mitglieder wurden verhaftet; Delp wurde am 28. Juli festgenommen und nach Berlin in die
Strafanstalt Tegel gebracht. Dort wurde er
schwer misshandelt und gefoltert. Der Herrgott holt uns von allen Postamenten herunter
kritzelte er gequält und
verzweifelt mit gebundenen Händen auf einen Zettel.
Im Januar 1945 begann vor dem Volksgerichtshof unter Roland Freisler der Prozess wegen Hochverrats, Alfred Delp wurde zum Tod verurteilt und im Hinrichtungsraum des Gefängnisses Plötzensee in Berlin erhängt. Seine Asche wurde auf Feldern verstreut, die Veröffentlichung einer Todesanzeige verboten.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Worte des Heiligen
Sprachgewaltig und ohne damals übliches Pathos verfasste Delp am
Epiphaniefest 1945 Gedanken zur wahren menschlichen Freiheit. Mit gefesselten
Händen schrieb er:
Der Mensch muss frei sein. Als Sklave, in Kette und Fessel, in Kerker und Haft verkümmert er. Über die äußere
Freiheit hat sich der Mensch viele Gedanken und Sorgen gemacht. Er hat erst unternommen, seine äußere Freiheit zu sichern,
und er hat sie doch immer wieder verloren. Das Schlimme ist, dass der Mensch sich an die Unfreiheit gewöhnt und selbst
die ödeste und tödlichste Sklaverei sich als Freiheit aufreden lässt.
In diesen Wochen der Gebundenheit habe ich dies erkannt, dass die Menschen immer dann verloren sind und dem Gesetz
ihrer Umwelt, ihrer Verhältnisse, ihrer Vergewaltigungen verfallen, wenn sie nicht einer großen inneren Weite und Freiheit
fähig sind. Wer nicht in einer Atmosphäre der Freiheit zu Hause ist, die unantastbar und unberührbar bleibt, allen äußeren
Mächten und Zuständen zum Trotz, der ist verloren. Der ist aber auch kein wirklicher Mensch, sondern Objekt, Nummer,
Statist, Karteikarte.
Dieser Freiheit wird der Mensch nur teilhaft, wenn er seine eigenen Grenzen überschreitet. …
Die Geburtsstunde der menschlichen Freiheit ist die Stunde der Begegnung mit Gott. Ob Gott nun einen Menschen aus sich
herauszwingt durch die Übermacht von Not und Leid, ob er ihn aus sich herauslockt durch die Bilder der Schönheit und
Wahrheit, ob er ihn aus sich selbst herausquält durch die unendliche Sehnsucht, durch den Hunger und Durst nach
Gerechtigkeit, das ist ja eigentlich gleichgültig. Wenn der Mensch nur gerufen wird und wenn er sich nur rufen lässt! …
Der Mensch muss sich selbst hinter sich gelassen haben, wenn er eine Ahnung von sich selbst bekommen will. Das ist es,
was uns so selten gelingt und so schwerfällt. Und was den Menschen heute so unsinnig erscheint, weil sie die unendlichen
Gluten und die schimmernde Bläue und die grenzenlose Weite des göttlichen Wesens nicht mehr kennen, denen man sich
überantworten muss. Man muss die Segel in den unendlichen Wind stellen, dann erst werden wir spüren, welcher Fahrt wir
fähig sind. …
Adoro
, ich bete an
, und Suscipe
, nimm an!
sind die beiden Urworte der menschlichen Freiheit.
Das gebeugte Knie und die hingehaltenen leeren Hände sind die beiden Urgebärden des freien Menschen. …
Das allgemeine Schicksal, meine persönliche Lage, die Entscheidung der nächsten Tage, die Botschaft des [Epiphanie-]
Festes, alles sammelt sich in das Eine: Mensch, lass dich los zu deinem Gott hin, und du wirst dich selbst wieder haben.
Jetzt haben dich andere, sie quälen dich und erschrecken dich und jagen dich von einer Not in die andere. Das ist dann
die Freiheit, die singt: Uns kann kein Tod töten. Das ist dann das Leben, das da ausfährt in die grenzenlose Weite.
Adoro
und Suscipe
: ihr Urworte des Lebens, ihr geraden und steilen Wege zu Gott, ihr Tore in die Fülle, ihr
Wege des Menschen zu sich.
Alfred Delp: Mit gefesselten Händen. Aufzeichnungen aus dem Gefängnis. Frankfurt a. M. 2007, S. 114 - 117
Zitate von Alfred Delp aus seinen Aufzeichnungen im Gefängnis:
Der Glaubende, der Vertrauende, der Liebende: Das erst ist der Mensch, der die Dimensionen des
Menschentums ahnt und die Perspektiven Gottes sieht.
Es steht schlimm um eine Welt, wenn in ihr kein Platz mehr ist für die Wüste und den leeren Raum. Wenn alles
erfüllt ist mit Lärm und Verbindungen und Kanälen und Verkehrsadern usw. Bestimmte Bezirke der Welt sollte der Mensch dem
einsamen Menschen überlassen, damit jedem immer die Möglichkeit erhalten bleibe, es mit der Abgeschiedenheit wenigstens
zu versuchen. Das Gesetz des totalen Nutzens und der totalen Zweckmäßigkeit ist kein Gesetz des Lebens. Wüste und
gelungenes, gesegnetes Leben stehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander.
Mit der Schuld ist es wie mit einer Fessel: Sie kann nur lösen, wer den Schlüssel hat. Und den hat auch die
stärkste Sehnsucht meines Herzens nicht. Mit der Schuld ist es wie mit meiner Zellentür. Da hilft mir selbst der Schlüssel
nichts, den ich hätte. Sie hat innen kein Schlüsselloch. Sie kann nur von außen geöffnet werden. Gegen die Schuld steht
Gott: als Kläger und Richter, so der Mensch auf ihr beharrt; als Befreier und Retter, so der Mensch sich zu Gott wendet,
sich mit ihm gegen sein Unheil verbündet.
Die Verwirklichung vieler großer Dinge, das Geschehen mancher echten Wunder hängt von der Großmut ab, die man Gott
zutraut.
Wenn durch einen Menschen ein wenig mehr Liebe und Güte, ein wenig mehr Licht und Wahrheit in der Welt war, hat sein Leben
einen Sinn gehabt.
Die Kirche muss sich selbst viel mehr als Sakrament, als Weg und Mittel begreifen, nicht als Ziel und Ende.
Es wird kein Mensch an die Botschaft vom Heil und vom Heiland glauben, solange wir uns nicht blutig geschunden haben
im Dienste des physisch, psychisch, sozial, wirtschaftlich, sittlich oder sonstwie kranken Menschen.
Alfred Delp: Mit gefesselten Händen. Aufzeichnungen aus dem Gefängnis. Frankfurt a. M. 2007, S. 13, 119, 72, 231, 143, 140
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Die Gedenkstätte Plötzensee mit einer Ausstellung im damaligen Hinrichtungsraum des Gefängnisses Plötzensee in Berlin ist täglich von 9 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2023)
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- zuletzt aktualisiert am 24.09.2023
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Christian Feldmann: Intellektueller, Seelsorger und Märtyrer. Evang. Gemeindeblatt für Württemberg 39/2007
• https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Delp - abgerufen am 20.07.2023
• Werner Birkenmaier: Andere sollen glücklicher leben, weil wir gestorben sind
. Stuttgarter Zeitung, 13.
September 2007
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.