Ökumenisches Heiligenlexikon

Edith Stein

Ordensname: Teresia Benedicta a Cruce
deutsch; Theresia Benedikta vom Kreuz

1 Gedenktag katholisch: 9. August
nicht gebotener Gedenktag
Fest in Europa
Diözesankalender Augsburg, Freiburg i.Br., Hamburg, Hildesheim, Köln, Münster, Speyer, Osnabrück
geb. Gedenktag im Trappistenorden und im Orden der Unbeschuhten Karmeliten
Ordenskalender der Karmeliten

Name bedeutet: E: Kämpferin um den Besitz (angelsächsisch - althochdt. - latein.)
T: von der Insel Thera
(der heutigen Insel Santorin) stammend (griech.)
B: die Gesegnete (latein.)

Ordensfrau, Märtyrerin
* 12. Oktober 1891 in Breslau, heute Wrocław in Polen
9. August 1942 in Auschwitz, heute Oświęcim in Polen


Kloster Beuron im oberen Donautal
Kloster Beuron im oberen Donautal

Edith Stein, jüngstes von elf Kindern jüdischer Eltern, war Tochter eines wohlhabenden Holzhändlers. Im Alter von 15 Jahren verließ sie sie Schule, verabschiedete sie sich von ihrem traditionell-jüdischen Kinderglauben und bezeichnete sich dann als Atheistin. Nach einjährigem Aufenthalt bei ihrer Schwester in Hamburg konnte sie ihre Krise beenden, kehrte nach Breslau zurück und legte ihr Abitur ab. Sie studierte dann ab 1911 Psychologie, Philosophie, Germanistik und Geschichte in Göttingen und Breslau. 1915 arbeite sie als Freiwillige in einem Lazarett des 1. Weltkrieges, 1916 promovierte sie summa cum laude bei Edmund Husserl an der Universität in Freiburg über das Thema Einfühlung und wurde Assistentin des berühmten Philosophen; als jüdischer Frau verwehrte man ihr aber die Habilitation.

Taufstein in der Kirche St. Martin in Bad Bergzabern, ausgeschmückt als Gedenkstätte
Taufstein in der Kirche St. Martin in Bad Bergzabern, ausgeschmückt als Gedenkstätte

Am 1. Januar 1922 konvertierte Edith Stein nach der Lektüre der Biografie der Theresa von Ávila zur katholischen Kirche, ließ sich in der Kirche St. Martin in Bad Bergzabern taufen und wollte Nonne werden; ihr geistlicher Führer, der Erzabt des Klosters Beuron, empfahl ihr aber ein weiteres Wirken in der Welt. Sie war ab 1923 als Lehrerin an der Schule der Dominikanerinnen im Magdalenenkloster in Speyer tätig und setzte sich in Reden und Schriften für die Emanzipation der Frauen ein. Zwischen 1928 und 1933 hielt sie sich häufig zu stillen Tagen im Benediktinerkloster in Beuron auf.

Hilde Schürk-Frisch: Skulptur im Innenhof des Collegiums Marianum in Münster
Hilde Schürk-Frisch: Skulptur im Innenhof des Collegiums Marianum in Münster

1932 wurde Edith Stein Dozentin am damaligen Deutschen Institut für wissenschaftliche Pädagogik in Münster in Westfalen, das an der Katholisch-Theologischen Fakultät angsiedelt war; dabei wohnte sie im Collegium Marianum - dort erinnert heute im Hof eine Steinskulptur an sie. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verließ sie 1933 das katholische Institut, um dessen Leitung und die Mitarbeiter nicht wegen ihrer jüdischen Abstammung in Gefahr zu bringen.

Im Oktober 1933 konnte sie in Köln ins Kloster der Karmelitinnen eintreten und nahm den Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz an. Im Nachdenken über die Nachfolge Jesu entwickelte sie ein neues Bewusstsein auch über ihre jüdischen Wurzeln. 1937 stellte sie ihre philosophisch-theologische Schrift Endliches und ewiges Sein - Versuch eines Aufstiegs zum Sinn des Seins vor. Im Jahr der großen Judenpogrome 1938 legte sie ihre Gelübde ab. Mehrfach versuchte sie ab 1933, Papst Pius XI. zu einer Stellungnahme gegen Antisemitismus und Pogrome der Nazis zu bewegen. Schon im April 1933 hatte sie dem Papst geschrieben: Wir alle, die treue Kinder der Kirche sind und die Verhältnisse in Deutschland mit offenen Augen betrachten, fürchten das Schlimmste für das Ansehen der Kirche, wenn das Schweigen noch länger anhält.

Edith Stein am Tag ihrer Einkleidung im Orden, gekleidet wie bei einer Hochzeit
Edith Stein am Tag ihrer Einkleidung im Orden, gekleidet wie bei einer Hochzeit

Anlässlich der Volksabstimmung zum Anschluss Österreichs 1938 wurde die jüdische Abstammung von Teresia Benedicta offenbar; die Priorin ihres eigenen Klosters verriet den Nazis, dass sie jüdischer Abstammung ist. 1 Deshalb floh sie am 31. Dezember 1938 vor den Nationalsozialisten ins Kloster nach Echt in den Niederlanden. Im selben Jahr noch verfasste sie ihr Testament mit der Erklärung ihrer Hingabe an das Kreuz Jesu, das zu tragen sie für ihre Kirche und ihren Orden, für das jüdische Volk und für Deutschland sowie alle, die mir Gott gegeben mit jeglicher Todesart bereit sei. Bei einer Polizeiaktion gegen Juden, die zum Christentum konvertiert waren, wurden Teresia Benedicta vom Kreuz und ihre Schwester Rosa am 2. August 1942 in Echt verhaftet - wohl ein Racheakt gegenüber der katholischen Kirche, weil deren Bischöfe eine Woche vorher in den Kirchen der Niederlande ein Protestschreiben gegen die nationalsozialistischen Besatzer hatten verlesen lassen. Ihre Schwester Rosa lebte seit dem Tod der Mutter 1936 als ständiger Gast und Tertiarin im Karmeliterkloster in Echt und arbeitete dort an der Pforte mit. 2

Macarius Tauc: Ikone, in der Kirche St. Martin in Bad Bergzaber
Macarius Tauc: Ikone, in der Kirche St. Martin in Bad Bergzabern

Am 7. August wurde Teresia Benedicta vom Kreuz nach Auschwitz - dem heutigen Oświęcim - verschleppt und dort zusammen mit ihrer Schwester sofort in der Gaskammer ermordet. Komm, wir gehen für unser Volk, sagte sie dabei zu Rosa. Auf die zuvor mögliche Flucht in die Schweiz hatte sie verzichtet, weil diese nur ohne ihre Schwester möglich gewesen wäre.

Das katholische Gotteslob enthält die Vertonung des Stein-Gedichtes Erhör, o Gott, mein Flehen (GL 439). Die Kirche St. Martin in Bad Bergzabern ist heute zur Erinnerung an Edith Steins Taufe die Tauferneuerungskirche des Bistums Speyer. An dem Haus in Hamburg, in dem Edith Stein bei ihrer Schwester wohnte, erinnert ein Schild an sie. 1999 wurde ein Edith-Stein-Denkmal vor dem Priesterseminar in Köln errichtet. 2006 wurde eine Skulptur in einer der letzten freien Außenkonchen des Petersdomes in Rom aufgestellt und von Papst Benedikt XVI. geweiht; sie zeigt Edith Stein, die eine Torarolle und ein Kreuz hält, wobei das Kreuz die Torarolle überragt. auf der in hebräischen Buchstaben Schema Jisrael, Höre, Israel steht. In Echt wurde ein Edith-Stein-Gedenkweg eingerichtet, der Stationen ihres Lebens in Echt in Erinnerung ruft. 2008 wurde Edith Stein auf Beschluss der Bayerischen Staatsregierung in die Ruhmeshalle Walhalla in Donaustauf bei Regensburg aufgenommen.

Kanonisation: Teresia Benedicta vom Kreuz Stein wurde beim Deutschlandbesuch von Papst Johannes Paul II. am 1. Mai 1987 im Müngersdorfer Stadion - dem heutigen Rheinenergie-Stadion - in Köln seliggesprochen, am 11. Oktober 1998 erfolgte durch ihn die Heiligsprechung in Rom. Sie ist die erste geborene Jüdin in der Kirchengeschichte, die offiziell heilig gesprochen wurde. 3
Die katholische Kirche will die Heiligsprechung als Zeichen der Versöhnung mit dem Judentum gewertet wissen; Kritiker weisen auf die Vereinnahmung jüdischen Leidens hin und sehen die Heiligsprechung auch als Maßnahme, um vom Versagen der katholischen Kirche unter Papst Pius XI. abzulenken.
1999 wurde sie von Papst Johannes Paul II. zusammen mit Birgitta von Schweden und Katharina von Siena zur Schutzheiligen Europas erklärt.
Patronin von Europa

1 Quellen:
Andreas Geldner: Eine Katholikin mit Widersprüchen. Stuttgarter Zeitung, 9. Oktober 1998,
Deggendorfer Zeitung vom Donnerstag, 8. Oktober 1998, auch   im Internet,
kirche unterwegs, 3. Quartal 2006, ebenfalls   im Internet verfügbar.

2 Rosa Stein ist nie in den Karmelitenorden eingetreten oder aufgenommen worden. Dieser Fehler taucht immer wieder auf, ist aber durch einen Blick in die neuere Literatur leicht zu entkräften.

3 C. S. weist zurecht darauf hin, dass natürlich viele Frauen aus dem Neuen Testament und dem Urchristentum auch heilige Jüdinnen sind, allen voran Maria.

Worte der Heiligen

Die gemeinsame und verschiedene Berufung von Mann und Frau:
Die natürliche Bestimmung, die Gott dem Menschen gegeben hat, ist eine dreifache: durch die Entfaltung seiner Kräfte Gottes Bild in sich auszuprägen, Nachkommenschaft hervorzubringen und die Erde zu beherrschen. Dazu kommt das übernatürliche Ziel: die ewige Anschauung Gottes, die als Lohn für ein Leben aus dem Glauben und im persönlichen Anschluss an den Erlöser verheißen ist. Die natürliche wie die übernatürliche Bestimmung ist gemeinsam für Mann und Frau.
Aber es gibt innerhalb der gemeinsamen Bestimmung eine Differenzierung der Aufgaben, der die verschiedene Natur der Geschlechter angepasst ist. Der primäre Beruf des Mannes ist die Herrschaft über die Erde, die Frau ist ihm darin als Gehilfin zur Seite gestellt. Der primäre Beruf der Frau ist Erzeugung und Erziehung der Nachkommenschaft, der Mann ist ihr dafür als Beschützer gegeben.
Dem entspricht es, dass dieselben Gaben bei beiden auftreten, aber in verschiedenem Maß und Verhältnis. Beim Mann vornehmlich die Gaben, die für Kampf, Eroberung und Beherrschung erforderlich sind: die Körperkraft zu äußerer Besitznahme, Verstand zur erkenntnismäßigen Durchdringung der Welt, Willens- und Tatkraft zu schöpferischem Gestalten.
Bei der Frau die Fähigkeiten, um Werdendes und Wachsendes zu bewahren, zu behüten und in der Entfaltung zu fördern: darum die Gabe, körperlich eng gebunden zu leben und in Ruhe Kräfte zu sammeln, andererseits Schmerzen zu ertragen, zu entbehren, sich anzupassen; seelisch die Einstellung auf das Konkrete, Individuelle und Persönliche, die Fähigkeit, es in seiner Eigenart zu erfassen und sich ihr anzupassen, das Verlangen, ihr zur Entfaltung zu verhelfen. In der Anpassungsfähigkeit ist die Ausstattung mit den gleichen Gaben, die dem Mann eigen sind, und die Möglichkeit, die gleiche Arbeit wie er zu verrichten - mit ihm gemeinsam oder an seiner Stelle - eingeschlossen.

Quelle: Edith Stein: Die Frau - Ihre Aufgabe nach Natur und Gnade. In: L. Gelber u. R. Leuven (Hrsg.): Edith Steins Werke, Bd. 5. Freiburg - Louvain 1959, S. 58 f

Gedichte von Edith Stein:

Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen
Leg ich meinen Tag in Deine Hand.
Sei mein Heute, sei mein Morgen,
Sei mein Gestern, das ich überwand.

Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen,
Bin aus Deinem Mosaik ein Stein.
Wirst mich an die rechte Stelle legen,
Deinen Händen bette ich mich ein.


Lass blind mich, Herr, die Wege gehen, die deine sind.
Will deine Führung nicht verstehen, bin ja dein Kind.
Bist, Vater der Weisheit, auch Vater mir.
Führst durch Nacht mich auch, führst doch zu dir.

Herr, lass gescheh’n, was du willst, ich bin bereit.
Auch wenn du nie mein Sehnen stillst in dieser Zeit.
Bist ja du der Herr der Zeit, das Wann ist dein.
Das ew’ge Jetzt, einst wird es mein.

Mach alles wahr, wie du es planst in deinem Rat.
Wenn still du dann zum Opfer mahnst, hilf auch zur Tat.
Lass überseh’n mich ganz mein kleines Ich,
dass ich, mir selber tot, nur leb’ für dich.

Quelle: https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=3584_Edith+Stein

Zitate von Edith Stein:

Wir wollen jeden Tag ein neues Leben beginnen.
Meine Sehnsucht nach der Wahrheit ist mein einziges Gebet.
Wer gesammelt bis in die Tiefe geht, der sieht auch die kleinen Dinge in großen Zusammenhängen.
Mit dir selbst hab Geduld – Gott hat sie auch.
Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht.
Schiffe stranden an Felsen, menschliche Beziehungen oft schon an Kieselsteinen.
Der Nächste ist nicht der, den ich mag. Er ist ein jeder, der mir nahe kommt – ohne Ausnahme.
Der Himmel nimmt einem nichts, ohne es unermesslich zu vergelten.
Gott erlegt uns keine Prüfungen auf, ohne uns zugleich die Kraft zu geben, sie zu ertragen.

Quelle: https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=3584_Edith+Stein

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Edith Stein: Erhör, o Gott, mein Flehen

Hirtenwort der deutschen Bischöfe zur Heiligsprechung von Edith Stein

Viele wertvolle Informationen über Edith Stein bietet die Webseite der Edith Stein Gesellschaft Deutschland
Eine schöne Internet-Seite mit ausführlichen Informationen über Edith Stein haben auch die Karmeliten in Österreich.

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 29.10.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Ferdinand Holböck: Die neuen Heiligen der katholischen Kirche, Band 2. Christiana, Stein am Rhein 1992
• Andreas Geldner: Eine Katholikin mit Widersprüchen. Stuttgarter Zeitung, 9. Oktober 1998
• Frater Björn Schacknies SAC, E-Mail vom 25. November 2006
• http://www.wochenspiegel-paderborn.de/allgemein/heilige-patrone-europas-in-den-neuen-fenstern-im-hohen-dom_2007-10-12_29176.shtml nicht mehr erreichbar
• Clemens Bühler, Pastoralreferent in der Erzdiözese Freiburg aus Sasbach, E-Mail vom 1. November 2012
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 3. Herder, Freiburg im Breisgau 1995
• https://www.aachener-nachrichten.de/freizeit/freizeit-tipps/im-niederlaendischen-echt-erinnert-ein-weg-an-das-leben-der-ordensfrau-1.1800994 nicht mehr erreichbar
• https://www.erzbistum-hamburg.de/Edith-Stein-_Erinnerung-an-eine-Heilige - abgerufen am 14.02.2023
• https://www.stadt-muenster.de/kriegerdenkmale/erinnern-nach-1945/edith-stein-skulptur - abgerufen am 18.10.2024

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.