Jan Hus
auch: Johannes
Gedenktag evangelisch: 6. Juli
Name bedeutet: Gott ist gnädig (hebr.)
Jan Hus studierte an der Prager Universität. Im Jahre 1396 erhielt er den Titel eines Magister Artium, 1400 wurde er zum Priester geweiht. Er hielt Vorlesungen in Theologie an der Prager Universität, wurde 1401 zum Dekan der philosophischen Fakultät und dann zum Rektor der Universität ernannt. Daneben übernahm er Priestertätigkeiten an der Bethlehem-Kapelle, an der er in tschechischer Sprache anstatt dem traditionellen Latein predigte. Wie später Martin Luther wandte er sich der Sprache seines Volkes, dem Tschechischen, zu und wirkte ähnlich sprachbildend wie Luther für das Deutsche; und wie Luther wollte auch Hus, dass das Volk die Bibel in seiner Sprache lesen konnte. Tausende hörten ihm zu; seine Anhänger rekrutierten sich vor allem aus der tschechischen Bevölkerung, während die deutsche Oberschicht sich weiter an die traditionelle katholische Kirche hielt.
Die tschechische nationalistische und reformistische Bewegung, die von Jan Milíc, dem böhmischen Volksprediger des 15. Jahrhunderts, eingeleitet worden war, erweckte bald auch Hus' Interesse. Hus bekannte sich auch zu vielen Ideen des englischen Reformators John Wyclif. Beide übten heftige Kritik am weltlichen Besitz der Kirche, an Korruption und Ablasshandel, traten für die Autorität des Gewissens ein und versuchten, durch ihre Predigten die Kirche dem Volk näherzubringen. Beide vertraten die Lehre von der Prädestination, betrachteten allein die Bibel als letzte religiöse Autorität und sahen allein in Christus das wahre Oberhaupt der Kirche.
Die Bergpredigt war für Hus zentral zum Verständnis der Botschaft Jesu', die die Norm
für die Lebensführung des einzelnen Gläubigen sowie für die Reform von Kirche und Gesellschaft bilde. Hus und seine
Nachfolger haben sich stärker als das eher konservative Luthertum für eine Umgestaltung und Verbesserung der kirchlichen
Strukturen und auch der gesellschaftlichen Ordnung eingesetzt, die Epoche nach Jus' Hinrichtung wird deshalb von
tschechischen Forschern als die Zeit der hussitischen Revolution
und als erste europäische Revolution bezeichnet.
Hus stärkte mehr als Luther die Position der Laien, denen er auch das
Recht zum Ungehorsam gegen die Obrigkeit zugestand. Vehement vertrat Hus den Standpunkt, dass nur eine arme Kirche
beanspruchen könne, Jesus nachzufolgen.
1408 gingen beim Bischof Beschwerden über Hus' Predigten ein. Darauf wurde ihm die Ausübung seiner priesterlichen
Funktionen untersagt. Im folgenden Jahr erließ Alexander V., einer der drei Gegenpäpste, eine Bulle, die
Wyclifs Schriften verurteilte, woraufhin dessen Bücher verbrannt wurden. Hus wurde 1410
verbannt, daraufhin brachen in Prag Unruhen aus.
Die Demonstrationen des Volkes ermöglichten es Hus trotz des 1412 ausgesprochenen Verbots, seine Predigten fortzusetzen.
Da jedoch bald schon viele seiner einflussreichen Unterstützer ihre Stellungen verloren, flüchtete Hus aus Prag und wurde
auf einem Schloss von einigen adligen Freunden aufgenommen. Im Jahre 1413 schrieb er sein Hauptwerk De Ecclesia
,
Über die Kirche
.
1414 wurde Hus aufgefordert, sich dem Konstanzer Konzil zu stellen,
welches zur Beendigung des Kirchenschismas und zur Unterdrückung von
als Häresie betrachteten Lehren einberufen worden war. Auf der Anreise wurd er in vielen Gemeinden auch in Deutschland
begeistert begrüßt, auch viele Geistliche stimmten mit seiner Kritik überein. Nachdem König Siegmund ihm freies Geleit
zugesagt hatte, hoffte Hus, seine Lehren erfolgreich verteidigen zu können; er wurde jedoch gleich bei seiner Ankunft
festgenommen und in der Burg des Konstanzer Bischofs, dem
Schloss in Gottlieben, inhaftiert. Er lehnte es
ab, die Lehrautorität des Konzils anzuerkennen, da es in seinen Aussagen nicht mit der Bibel übereinstimmte, und verweigerte
den Widerruf seiner Schrift De Ecclesia
und seiner Überzeugung, dass die Kirche die nicht hierachisch zu gliedernde
Versammlung der durch Prädestination Erwählten sei, deren Haupt allein
Christus darstellt.
Da Hus die Aufforderung zum Widerruf seiner Lehren und zur Unterlassung der Predigertätigkeiten kategorisch ablehnte,
wurde er schließlich verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt, der Überlieferung zufolge an der Stelle des heutigen
Denkmals Hussenstein
; mit ihm wurden
seine Bücher verbrannt, die Asche des Scheiterhaufens wurde in den
Seerhein gestreut. Die Hinrichtung leitete
Friedrich VI., der spätere Kurfürst von Brandenburg, der Stammvater der preußischen Könige und deutschen Kaiser aus dem
Hause Hohenzollern.
Vor seiner Verbrennung soll Hus gesagt haben: Heute bratet Ihr eine Gans
- Hus
heißt auf Deutsch Gans
- aber aus der Asche wird ein Schwan entstehen
- was später oft auf Luther
gedeutet wurde, der deshalb mit einem Schwan dargestellt wurde. Hus' Hinrichtung verhinderte nicht die Organisation seiner
Anhänger, der Hussiten, und führte schließlich ab 1419 zu den verheerenden
Hussitenkriegen, wo die Habsburger und Rom 20
Jahre lang gemeinsam gegen die tschechischen Protestanten zogen.
Für die Reformation wurde Jan Hus ein wichtiger Wegbereiter. Schon 1485 wurde ein Traktat von Hus zum ersten Mal in
Deutschland übersetzt und gedruckt. Martin Luther bekannte 1520: Wir sind alle Hussiten.
Manche Forscher sehen nicht
in Luthers Thesenanschlag gegen den Abtass 1517, sondern in seiner Parteinahme für die Kirchenkritik Hus' in der
Leipziger Disputation mit Johannes Eck 1519 den
Bruch mit der katholischen Kirche und den eigentlichen Beginn der lutherischen Reformation, denn für Eck waren nicht die
Ablasskritik und die Rechtfertigungslehre Luthers entscheidend, sondern dass Luther dem Papst den Gehorsam verweigern würde,
nachdem er sagte: Alle Artikel des Johann Hus, die das Konzil zu Konstanz
verdammt hat, sind ganz christlich
; Hus habe Recht, wenn er den Papst den Antichrist genannt habe.
Luther ließ Hus' Hauptwerk De ecclesia
, Von der Kirche
, umgehend in einer Auflage von 2000 Stück drucken.
1529 brachte der Melanchthon-Schüler Johann Agricola eine Übersetzung
des Berichts von Peter Miadoniowitz über den Konstanzer
Prozess heraus, der den Weg des Jan Hus zum Scheiterhaufen wie eine
Passionsgeschichte schildert. In der Malschule von
Lukas Cranach entstanden Bilder von Hus, darunter ein Bild, auf dem Hus
und Luther gemeinsam das Abendmahl austeilen. Flacius Illyricus, der
bedeutendste lutherische Kirchenhisroriker seiner Zeit, veröffentlichte 1558 lateinische Schriften von Jan Hus in zwei
Bänden; er war davon überzeugt, dass Hus und Luther zwei Reformatoren von gleichem Rang gewesen seien.
Jan Hus wurde gleichsam zum tschechischen Nationalheiligen
, seine Verbrennung förderte entscheidend das
Nationalbewusstsein. Kurz nach Gründung der modernen tschechisch (-slowakischen) Republik 1918 wurde 1920 die sich
bewusst hussitisch
nennende protestantische Nationalkirche gegründet, die auch nach dem 2. Weltkrieg im Kommunismus
überleben konnte. 1925 wurde der 6. Juli zum Staatsfeiertag, worauf der Vatikan für
drei Jahre seine diplomatischen Beziehungen mit dem Ketzerstaat
unterbrach. 1990 erteilte Papst
Johannes Paul II. der katholischen Kirche in Tschechien den Auftrag, sich neu mit
Hus zu befassen; Ende 1999 tagte im Vatikan eine Konferenz aus Bischöfen, Theologen und Historikern verschiedener
Konfessionen, die für den Papst eine Neubewertung
Hus' ermöglichen sollte. Ziel war nicht die Rehabilitation von
Hus, aber es wurde ein Bedauern
des Papstes für Fehlentwicklungen in der Geschichte ausgesprochen. Zum Auftakt des
Heiligen Jahres 2000 würdigte Johannes Paul II. den sittlichen Mut
von Jan Hus und bat um Vergebung für die Leiden,
die der Reformator und seine Anhänger erlitten. Papst Franziskus würdigte Hus 2015 im Vorfeld des 600. Todestages als
renommierten Prediger
, drückte sein tiefes Bedauern über den grausamen Tod von Jan Hus
aus und würdigte ihn
als Kirchenreformer.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Das Haus, in dem Hus - widerlegter Überlieferung zufolge - vor seiner Verhaftung in Konstanz wohnte, ist Museum und täglich außer montags von 11 Uhr bis 17 Uhr, von Oktober bis März nur bis 16 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. (2016)
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 11.10.2023
Quellen:
• http://www2.kenyon.edu/Projects/Margin/hussites.htm
• Paul Kreiner: Vergebung, symbolisch. Stuttgarter Zeitung 16. Dezember 1999
• Heiko Krebs: Ökumenisches Symposion im Vatikan über Jan Hus. In: Junge Kirche, 1/2000
• Newsletter von Radio Vatikan – 27. September 2009
• Friedrich Goedeking: Der vergessene Reformator. In: Deutsches Pfarrerblatt 7/2016
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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