Maximilian Maria Kolbe
polnischer Name: Maksymilian
Taufname: Rajmund
Gedenktag katholisch: 14. August
gebotener Gedenktag
Hochfest im Bistum Bielsko-Żywiec
Fest bei den Franziskaner-Minoriten
Regionalkalender deutsches Sprachgebiet, Diözesankalender von Elbląg / Elbing und Koszalin-Kołobrzeg / Köslin-Kolberg,
Ordenskalender der Franziskaner-Observanten und der Kapuziner
gebotener Gedenktag im Erzbistum Gdańsk / Danzig: 12. Januar
gebotener Gedenktag im Bistum Fulda und im Erzbistum Mailand: 17. August
Gedenktag evangelisch: 14. August (ELCA)
Gedenktag anglikanisch: 14. August
Name bedeutet: Max: der Größte und: aus dem Geschlecht der Ämilier (latein.)
Mar: die Beleibte / die Schöne / die Bittere / die von Gott Geliebte (aramäisch)
R: Rat und Schutz (althochdt.)
Rajmund Kolbe, Sohn eines Webers, wurde von seiner Mutter mit Härte und in unbedingter Frömmigkeit erzogen.
Er besuchte ab 1907 zusammen mit seinem älteren Bruder die Schule der Franziskaner
in Lemberg - dem heutigen L'viv - und trat im
Alter von 17 Jahren unter dem Namen Maximilian Maria dem Orden bei. Er
konnte ab 1912 in Rom an der Päpstlichen Universität Gregoriana - damals im
Palazzo Gabrielli-Borromeo - studieren und
schon 1915 in Philosophie, 1919 in Theologie promovieren. Kolbe war von besonderer Verehrung der
Unbefleckten Empfängnis Mariä geprägt; 1920 schrieb er, dass er Werkzeug und
Eigentum, absolutes, unbedingtes, unbegrenztes, unwiderrufliches Eigentum der Unbefleckten
sein wolle; ich vermag
alles in dem, der mich stark macht durch die Unbefleckte
. Als er als Student in Rom auf der Straße junge Männer über
Maria lästern hörte, stellte er diese wegen Beleidigung seiner Mama
zur Rede. Weil er die
Wichtigkeit der missionarischen Arbeit erkannte, gründete er 1917 - unter dem Eindruck der
antiklerikalenEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat.
Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.
Gedenkfeier freidenkender Kreise für den Philosophen Giordano Bruno - zusammen mit sechs Mitbrüdern seines Ordens an der
Kirche Santi Dodici Apostoli in Rom
die Militia Immaculatae
, die Miliz der Unbefleckten Empfängnis
, als Gebetsgemeinschaft für die
Bekehrung der Sünder und Häretiker, für die Heimholung der Schismatiker und der Juden, besonders aber für die Bekehrung der
Freimaurer
.
1918 wurde Maximilian Maria Kolbe zum Priester geweiht. Für sein Leben als Priester wählte er zwei Leitworte: Soweit
wie möglich heilig sein
und die ganze Welt der Makellosen unterwerfen
. 1919 kehrte er nach Polen zurück als
Lehrer für Philosophie und Kirchengeschichte am Priesterseminar der Franziskaner
in Krakau; daneben widmete er sich der
publizistischen Arbeit und veröffentliche im Rundfunk. 1919 erlitt der seit Kinderzeiten Lungenkranke einen schweren
Tuberkulose-Anfall; im Sanatorium in Zakopane
wurde er zum Engel der Kranken
; nach über einem Jahr konnte er nach Krakau
zurückkehren. 1922 gründete er die Zeitschrift Rycerz Niepokalanej
, Ritter der Unbefleckten
zur Vertiefung
des Glaubens und Bekehrung von Nicht-Katholiken; 1938 wurde die Zeitschrift mit einer Auflage von 1 Million Exemplaren
verbreitet, dazu eine Tageszeitung mit einer Auflage von 250.000. Der Amateurfunk als Verständigungsmittel
gutwilliger Menschen in aller Welt
war Kolbe in seinem missionarischen Dienst hilfreich - auch später im Kloster
hatte er seine eigene Funkbude. Kolbe förderte auch die Verbreitung der wundertätigen Medaille
, die auf eine Vision
von Katharina Labouré zurückgeht.
Nach einer Ruhepause aufgrund erneuter schwerer Erkrankung an Tuberkulose gründete Maximilian Kolbe 1927 in
Teresin das Kloster Niepokalanów
, der
Unbefleckten (Jungfrau Maria) Stadt
auf einem von Fürst Drucki-Lubecki geschenkten Grundstück. Kolbe wurde dessen
Vorsteher; zeitweise waren dort bis zu 700 Mitbrüder beheimatet, 90% davon Laienbrüder, meist mit spezialisierten
technischen Fertigkeiten. Es gab eine große Druckerei, eine Radiostation, ein Krankenhaus sowie einen eigenen Bahnhof und
einen eigenen Flugplatz. Für die Kinder gab es nun auch die Zeitschrift Kleine Ritter der
Immaculata
, für Geistliche das Periodikum Miles Immaculatae
, Ritter der
Unbefleckten
. Sein älterer Bruder Franz kritisierte damals, dass man sich im Kloster nicht mehr wie üblich grüßte mit
Gelobt sei Jesus Christus!
sondern mit dem Wort Maria
: Es tut mir Leid um den
schönen altpolnischen Gruß. … Der neue sieht ein bisschen nach Boykott aus gegenüber dem Herrn
Jesus . … Was wird daraus werden?
1930 begab Kolbe sich mit vier seiner Ordensbrüder zur Missionsarbeit über
Saigon - die heutige Hồ-Chí-Minh-Stadt - in der
damals französischen Kolonie Tonkin, wo er eine Zeitschrift herausgeben konnte, und über
Shanghai, wo er am Widerstand der
anglikanischen Regierung scheiterte nach
Nagasaki in Japan; dort wirkte er als Professor
am Priesterseminar. Wieder war aber die Publizistik seine wichtigste Aufgabe. Er gründete zahlreiche neue Missionsstationen,
darunter nahe Nagasaki das Kloster Mugenzai no Sono
, Garten der Unbefleckten
Empfängnis
.
1936 wurde Kolbe zum Provinzialkapitel in seine Heimat zurückgerufen und leitete dann wieder sein Kloster in Teresin. Im selben Jahr wurde mit dem Bau einer Kirche für 6000 Menschen begonnen; kriegsbedingt wurde sie erst 1951 fertiggestellt. Nach dem Überfall der Deutschen auf Polen im September 1939 wurde er zusammen mit seinen Mitbrüdern, darunter Pius Maria Bartosik, kurze Zeit im Lager in Amtitz - dem heutigen Gębice - gefangen gesetzt, im September 1940 wurde der unangenehm Aufgefallene kurz erneut verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen - im heutigen Stadtteil von Oranienburg - verbracht 1. Im Februar 1941 wurde er wieder verhaftet und im Mai ins Vernichtungslager in Auschwitz - dem heutigen Oświęcim - eingewiesen. Im Juli 1941 wurden bei einem Appell vor dem KZ-Kommandanten Fritsch zehn Männer ausgesondert, die als Strafaktion wegen der Flucht eines Gefangenen in den Hungerbunker eingeschlossen werden sollten. Einer der Ausgesonderten, Franz Gajowniczek, schrie laut auf und erinnerte unter Tränen an seine beiden Söhne; der am Appell teilnehmende Kolbe trat hervor und bot sein Leben für das des Familienvaters, was Fritsch akzeptierte.
Jeder Mensch hat im Leben seinen Sinn, denn er hat sein Leben erhalten zum Wohle der anderen Menschen. Deswegen spricht auch hier im Lager die göttliche Vorsehung mit.
Kolbe wurde also in den Hungerbunker gesteckt, tagelang habe man ihn singen und beten gehört. Nachdem die anderen neun Leidensgenossen schon verhungert waren, Kolbe aber noch wenige Lebenszeichen von sich gab, verabreichte der Lagerhenker ihm schließlich eine Giftspritze, was den endgültigen Tod bedeutete.
Die Wahrheit gebietet den Hinweis, dass auch Kolbe nicht frei war von Judenfeindlichkeit, die damals nicht nur in
Nazi-Kreisen zuhause war. In von ihm herausgegebenen katholischen Massenblättern konnte man lesen, dass Polen das
biologische Hauptreservoir
des Weltjudentums sei, das sich wie ein Krebsgeschwür in den Volkskörper
fresse,
deshalb gebe es nur eine Lösung: Die Juden müssen emigrieren.
Gegen den Willen der Eltern taufte er einen
jüdischen Studenten; auch seine Mutter hatte als Hebamme dereinst eigenmächtig ein jüdisches Kind getauft. 1935 forderte
er Schutz vor jüdischer Überfremdung, aber keinen Antisemitismus
. Auch nach der Befreiung der Konzentrationslager
und dem Kriegsende wurde in Polen weder von der kommunistischen Regierung noch von der katholischen Kirche der Holocaust
wahrgenommen; für die Regierung war Oświęcim -
nur - Ort des Mordens an Polen, für die katholische Kirche Stätte des Martyriums von Katholiken. Noch 1946 wurden in
Kielce 42 überlebende Juden von empörten Polen
ermordet, die der Mär von jüdischen Kindermördern Glauben schenkten - ein Wiederaufleben von Diffamierungen ähnlich der
Ritualmordlegenden des Mittelalters; Antisemitismus wurde in Polen auch
nach dem Krieg nicht problematisiert. Die Errichtung eines Kreuzes auf dem KZ-Gelände anlässlich des Besuches von Papst
Johannes Paul II. erregte 1998 nicht nur jüdische Kritiker, weil damit
die Geschichtsklitterung dokumentiert und fortgesetzt werde.
Osservatore Romanoanlässlich der Heiligsprechung:
Das Opfer auf dem Altar von Auschwitz bildet die abschließende Geste einer priesterlichen Darbringung, die sich auf mystische Weise täglich in der Heiligen Messe wiederholt.
Nach der Seligsprechung von 1971 wurde Kolbe durch Beschluss des polnischen Staatsrates 1982 posthum mit dem goldenen
Kreuz des Ordens Virtuti Militari
, dem höchsten polnischen Militärverdienstorden ausgezeichnet. Der Militia
Immaculatae
, der Miliz der Unbefleckten Empfängnis
, gehörten 1990 etwa drei
Millionen Menschen weltweit an. Das Kloster Niepokalanów
in
Teresin ist bis heute
Franziskanerkloster und beherbergt eine Werkstatt für sakrale Gegenstände und
Landwirtschaft. Nach dem Vorbild und Namen dieses Klosters entstanden weitere in England, den USA, Italien, Spanien und
Brasilien.
Kanonisation:
Maximilian Kolbe wurde am 17. Oktober 1971 durch Papst
Paul VI. seliggesprochen - nicht als Märtyrer
, sondern als Bekenner
und für sein strahlend reines und apostolisches Leben
. Bei der Heiligsprechung am
10. Oktober 1982 durch den polnischen Papst
Johannes Paul II. wurde der Märtyrertod anerkannt; bei der Feier auf dem
Petersplatz in Rom war der gerettete Franz
Gajowniczek zugegen.
Patron
der Journalisten und Elektriker; der Familien; der Blutspender; der Bistümer Bielsko-Żywiec, Elbląg / Elbing und
Koszalin-Kołobrzeg / Köslin-Kolberg
1 ▲ L. Galinski aus Berlin wies uns darauf hin, dass ausweislich der von den Franziskaner-Minoriten in Würzburg 1981 herausgegebenen Sammlung der Briefe Kolbes von 1915 - 1941, erschienen bei Kaffke in München, Kolbe am 10. September, am 4., 21. und 29. Oktober sowie am 1. und 3. Dezember 1940 Briefe aus dem Kloster Niepokalanow in Teresin an seine Mitbrüder, an seine Mutter, an seine Mitbrüder in Nagasaki und an seinen Mitbruder Alfons schrieb. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass in dieser Zeit sein Aufenthaltsort nicht das Lager Konzentrationslager Sachsenhausen gewesen sein kann.
Worte des Heiligen
Das Leben ist kurz:
Wie kurz ist doch das Leben, ihr wisst es alle; und wie schnell läuft die Zeit weg. Verkaufen wir es so teuer wie
möglich! Je mehr Leiden, desto besser, denn dann werden wir nach dem Tode nicht leiden müssen. Die Zeit ist kurz, um
Beweise unserer Liebe zu geben, und wir leben nur einmal.
Pflichterfüllung:
Deine Heiligkeit besteht nicht in irgendwelchen außergewöhnlichen Taten, sondern in der getreuen Erfüllung deiner
Pflichten Gott, dir selbst und anderen gegenüber. Kein Stand, auch der erhabenste nicht, kann dir die Heiligung deiner
Seele in Aussicht stellen, wenn du selbst deine Standespflichten vernachlässigst.
Gebet:
Napoleon wurde einmal gefragt, was dazu gehöre, um eine Schlacht zu gewinnen. Er antwortete:
Geld, Geld und
nochmals Geld!
Wenn es um die Heiligung der Seelen geht, müsste man sagen: Man braucht das Gebet, das Gebet und
nochmals das Gebet! Ohne das Gebet wird die Seele schwach. Je mehr man aber aus diesem Gnadenschatz schöpft, desto mehr
wird man Gnaden besitzen.
Sich von Maria führen lassen:
Lassen wir uns doch von Maria führen, damit wir durch sie Jesus ähnlicher werden. Das ist der sicherste und
vollkommenste Weg. Weihe dich ganz unserer himmlischen Mutter und siegreich wirst du alle Schwierigkeiten im Leben
überwinden und du selbst wirst heilig, ein großer Heiliger werden, was ich dir aus vollem Herzen wünsche. Alle Heiligen
- das kann man wirklich sagen - sind ein Werk der heiligen Jungfrau Maria, und die besondere Andacht zu ihr ist das
gemeinsame Merkmal der Heiligen.
Durch Leiden zur Herrlichkeit:
Vergessen wir nicht, immer wieder mit Jesus auf dem Ölberg zu sprechen:
Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.
(Lukasevangelium 22, 42) Wenn Gott es für richtig und gut findet, dass es so sei wie auf dem Ölberg, dass unsere Bitte
keinen Erfolg haben soll und wir den Kelch bis zur Neige trinken müssen, auch dann wollen wir nicht vergessen, dass Jesus
nicht nur gelitten hat, sondern danach in Herrlichkeit auferstanden ist. So müssen auch wir durch Leiden zur Auferstehung
kommen.
Christus König:
Jesus sagte nicht nein, als ihn Pilatus fragte, ob er ein König
sei. Er sagte nur, sein Königtum sei nicht von dieser Welt. Wir wissen, dass Königtum in dieser Welt auf Macht beruht.
Ein weltliches Königtum, das auf Liebe gegründet ist, wird man schwerlich finden. Das Königtum Christi ist um vieles
tiefer, ist auf der Liebe gegründet und reicht bis in die Seele, bis in den Willen hinein.
Läuterungen:
Manchmal will es uns scheinen, als regiere Gott diese Welt nicht energisch genug. Er könnte doch mit einer Geste
seines allmächtigen Willens alle in Grund und Boden hinein zerstören - die Gottlosen in der Sowjetunion, die
Kirchenbrandstifter, alle diejenigen, welche die Jugend verderben usw. Wie kurzsichtig ist doch unser begrenzter Verstand.
Die ewige Weisheit urteilt ganz anders. Verfolgungen läutern die Seelen wie Feuer das Gold. Die Hände der Henker schaffen
ganze Scharen von Märtyrern, und den Verfolgern wird oft am Ende selbst die Gnade der Bekehrung zuteil. Unerforschlich,
aber immer am weisesten sind die Wege Gottes. Das darf indes nicht heißen, dass wir unsere Hände in den Schoß legen und
den Feinden der menschlichen Seelen alle Freiheit lassen sollen. Gewiss nicht. Nur sollen wir nicht versuchen, die
unendliche Weisheit zu korrigieren und den Heiligen Geist zu dirigieren. Wir müssen uns vielmehr seiner Führung ganz
überlassen.
Quelle: Maximilian Kolbe: Jedem ist der Weg gewiesen - Texte eines Märtyrers. Ostfildern 1977, S. 111, 83, 92f, 60, 37, 30f
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Die Gedenkstätte Konzentrationslager Sachsenhausen im heutigen Stadtteil von Oranienburg ist täglich von 8.30 Uhr bis 18 Uhr - im Winter nur bis 16.30 Uhr - zur Besichtigung geöffnet; montags sind dort die Museen aber geschlossen; der Eintritt ist frei. (2023)
Web 3.0 - Leserkommentare:
Bei einer Onlinerecherche zu Maximilian Kolbe bin ich auf den Beitrag in ihrem Lexikon gestoßen. Leider musste ich dabei feststellen, dass ihre Ausführungen zu dem polnisch-jüdischen Verhältnis nach dem Zweiten Weltkrieg stark verkürzt oder sogar inhaltlich falsch sind. Im Folgenden setze ich mich mit den betreffenden Stellen im Text auseinander.
Die Wahrheit gebietet den Hinweis, dass auch Kolbe nicht frei war von Judenfeindlichkeit, die damals
nicht nur in Nazi-Kreisen zuhause war.
Es gibt keinen besseren und schlechteren Antisemitismus oder Antijudaismus (es ist nicht dasselbe) – beides verdient
eine kategorische Ablehnung. Eine Zusammenstellung jedoch auf der gleichen Ebene des NS-deutschen rassistisch
motivierten Antisemitismus, der eine planmäßige Vernichtung von Juden vorsah, und des Antijudaismus von Maximilian
Kolbe, der auf deren Konversion oder Ausreise abzielte (natürlich aus der heutigen Perspektive inakzeptabel, aber im
Katholizismus der Zwischenkriegszeit keine unübliche Haltung), ist aus dem historischen Gesichtspunkt eine unzulässige
Verkürzung.
Auch nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem Kriegsende wurde in Polen weder von der
kommunistischen Regierung noch von der katholischen Kirche der Holocaust wahrgenommen; für die Regierung war Oświęcim
- nur - Ort des Mordens an Polen, für die katholische Kirche Stätte des Martyriums von Katholiken.
Was soll hier heißen, der Holocaust sei nicht wahrgenommen worden? Es stimmt, dass das offizielle kommunistische
Geschichtsnarrativ die Shoah verschwieg; in der Kirche dominierte zwar das Gedenken an die polnischen katholischen Opfer
(was mit den äußerst brutalen Maßnahmen des NS-Terrors gegenüber der katholischen Kirche in Polen zusammenhängt), jedoch
ist die Erinnerung an die Vernichtung der Juden gerade aus der katholischen Kirche nie vollkommen verschwunden. Außerdem
suggeriert die Formulierung auch nach der Befreiung der Konzentrationslager und dem Kriegsende
, dass die
Judenvernichtung schon davor – also während des Krieges – von Polen nicht wahrgenommen wurde. Wenn es so gewesen wäre,
hätte es solche Organisationen wie den von der Exilregierung in London koordinierten Rat zur Rettung von Juden
Żegota
sowie Tausende von Polen, die Hilfe an Juden leisteten (und dafür nicht selten mit eigenem Leben bezahlten)
nicht gegeben. Diese Fakten scheinen allerdings den Autoren des Beitrags vollkommen unbekannt.
Noch 1946 wurden in Kielce 42 überlebende Juden von empörten Polen ermordet, die der Mär von jüdischen
Kindermördern Glauben schenkten - ein Wiederaufleben von Diffamierungen ähnlich der Ritualmordlegenden des Mittelalters.
Der Pogrom in Kielce hatte einen weit komplexeren politisch-gesellschaftlichen Hintergrund, als eine Wiederbelebung
der mittelalterlichen Legende von jüdischen Ritualmorden. Hierzu existiert ausreichende Forschungsliteratur.
Antisemitismus wurde in Polen auch nach dem Krieg nicht problematisiert.
Dieser Satz ist vollkommen falsch. Vor 1989 gab es zwar keine öffentliche Debatte über den Antisemitismus, das
Verhältnis der Polen zu den Juden als auch die Shoah wurden aber in Kreisen katholischer Intellektueller diskutiert.
Nach 1989 hat sich der jüdisch-christlich-polnische Dialog breit entfaltet; zahlreiche Forschungen und öffentliche
Debatten gelten bis heute dem Antisemitismus der Zwischenkriegszeit, der Beihilfe der Polen zum Judenmord während des
Krieges und den antisemitischen Ausschreitungen nach dessen Ende.
Die Errichtung eines Kreuzes auf dem KZ-Gelände anlässlich des Besuches von Papst Johannes Paul II.
erregte 1998 nicht nur jüdische Kritiker, weil damit die Geschichtsklitterung dokumentiert und fortgesetzt werde.
Es handelte sich nicht um die Errichtung eines Kreuzes anlässlich des Besuches von Papst Johannes-Paul-II., sondern
um die Platzierung auf dem KZ-Gelände desjenigen Kreuzes, bei dem der Papst eine Messe während seines Besuchs in
Auschwitz 1979 zelebrierte. Diese Aktion war von Anfang an auch innerhalb der polnischen Kirche höchst umstritten.
Infolge der Debatten wurde das Kreuz aus dem Gelände entfernt. Im Mittelpunkt des Konflikts um das Kreuz stand jedoch
nicht so sehr die Geschichtsklitterung
, sondern ein Zusammenstoß der jüdischen und der polnisch-christlichen
Erinnerung an die tragische Erfahrung von Auschwitz. Dass daher mit dem Kreuz die Geschichtsklitterung dokumentiert
und fortgesetzt werde
ist eine Unterstellung, die an den Fakten vollkommen vorbeigeht und zudem diejenigen beleidigt,
die an der Schlichtung des Konflikt beteiligt waren.
Derartige Verkürzungen, wie in Ihrem Lexikonartikel, lassen nicht nur ein falsches Geschichtsbild entstehen, sondern sind auch für die Aufarbeitung der schmerzhaften Vergangenheit im jüdisch-deutsch-polnischen Verhältnis schädlich.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Urszula Pękala, Leibniz-Institut für Europäische Geschichte (IEG), Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte,
Alte Universitätsstraße 19, 55116 Mainz über E-Mail, 1. April 2018
Sie schreiben:
Die Wahrheit gebietet den Hinweis, dass auch Kolbe nicht frei war vom Antisemitismus,
der damals nicht nur in Nazi-Kreisen zuhause war. In von ihm herausgegebenen katholischen
Massenblättern konnte man lesen, dass Polen das biologische Hauptreservoir des Weltjudentums
sei, das sich wie ein Krebsgeschwür in den Volkskörper fresse, deshalb gebe es nur eine
Lösung: Die Juden müssen emigrieren. Auch nach der Befreiung des KZs und dem Kriegsende
wurde in Polen weder von der kommunistischen Regierung noch von der katholischen Kirche
der Holocoust wahrgenommen
.
Dazu zwei Anmerkungen:
1. In von ihm herausgegebenen katholischen Massenblättern konnte man lesen …
Es ist generell problematisch, von der Herausgeberschaft einer Schrift auf die Affirmation
von Aussagen in Texten dieser Schrift zu schließen. Nicht der Herausgeber ist verantwortlich
für die Aussagen in den Texten, sondern die Autoren der Texte.
Es ist zudem problematisch, den Antisemitismus der Autoren mit zwei Zitaten zu belegen,
die damals zum Standardrepertoire von Abhandlungen gehörten. So wie sie keine Doktorarbeit
aus der DDR finden, auf der nicht in der Einleitung der große Beitrag Lenins zu eben dem
behandelten Thema hervorgehoben wird, so finden sie kaum einen Text aus der Nazi-Zeit, der
nicht bemerkt, dass ohne Juden alles besser wäre.
Da es sich um katholische Massenblätter
handelt, ist allenfalls zu schließen,
dass es auch im Katholizismus eine antisemitische Strömung gab – und das wird kein Historiker
bestreiten. Aber Kolbe einen persönlichen Strick daraus zu drehen, ist sehr abwegig.
Ganz abgesehen davon: Antisemitismus gehörte über Jahrhunderte in der europäischen
Kultur zum guten Ton. Es gibt wohl keinen Denker und Dichter der letzten 500 Jahre, von dem
man nicht zwei, drei Hetzsprüche gegen Juden finden könnte. Ich sage nicht, dass wir darauf
stolz sein sollten, ich meine nur, dass man in diesem Kontext nicht einen Menschen mit zwei
Aussagen belasten sollte, die nicht mal von ihm selbst stammen.
2. Auch nach der Befreiung des KZs und dem Kriegsende wurde in Polen …
Die kausale Brücke von Gesinnung eines Bewohners von Land X
zu Situation
im Land X nach dem Tod des Bewohners
zu ist ebenfalls sehr schwankend, wenn der Bewohner
nicht maßgeblich die Politik des Landes mitbestimmt hat. P. Maximilian Kolbe war jedoch
kein Staatsmann, der die Weichen für Polens Zukunft gestellt hätte. Die dem zitierten
Abschnitt folgende Darstellung handelt aber von eben jener Zukunft Polens, auf die P.
Maximilian Kolbe keinen Einfluss hatte. Was hat das also in einer biographischen Abhandlung
zu suchen? Man liest etwa: Noch 1946
- P. Maximilian Kolbe war schon seit fünf Jahren
tot - wurden in Kielce
42 überlebende Juden von empörten Polen ermordet
. Das ist tragisch und traurig zugleich,
nur: Was hat das mit P. Maximilian Kolbe zu tun?
In einem Artikel über die Neuere Geschichte Polens oder Antisemitismus in Polen hätte
diese Bemerkung eine Berechtigung. Warum sie in einen Artikel über P. Maximilian Kolbe
hineingehört, erschließt sich mir nicht.
Josef Bordat über E-Mail, 21. Dezember 2011
Sie schreiben:
Die Wahrheit gebietet den Hinweis, dass auch Kolbe nicht frei war vom Antisemitismus,
der damals nicht nur in Nazi-Kreisen zuhause war. In von ihm herausgegebenen
katholischen Massenblättern konnte man lesen, dass Polen das
biologische
Hauptreservoir
des Weltjudentums sei, das sich wie ein Krebsgeschwür in den
Volkskörper
fresse, deshalb gebe es nur eine Lösung: Die Juden müssen emigrieren.
Ich fände es mehr als angemessen, in diesem Zusammenhang aber auch zu
erwähnen, dass Pater Kolbe in seinem Kloster Niepokalanów in der Kriegszeit
hunderte Juden und andere Flüchtlinge aufgenommen hat. Dazu ein Zitat aus dem Buch:
Walter Nigg: Maximilian Kolbe: Der Märtyrer von Auschwitz. Herder, 2. Aufl., 1980;
Seiten 44 bis 46:
(Zeitpunkt: nach Pater Kolbes Verhaftung und Verschleppung in das Lager
Amtitz, dann Freilassung): Die Brüder kehrten zurück und fanden Niepokalanów
in einem traurigen Zustand: Das Kloster war in der Zwischenzeit ausgeraubt worden.
Pater Maximilian begann sofort mit der Wiederherstellung, und bald wurde
Niepokalanów ein Zufluchtsort für ausgesiedelte Menschen, wie der euphemistische
Ausdruck lautete. Zunächst beherbergte das Kloster über zweitausend Polen, und
hernach kamen noch fünfzehnhundert Juden hinzu.
Das oben genannte Buch konstatiert zwar: Wie die meisten Polen, war auch
Pater Kolbe nicht frei von Antisemitismus.
Aber man sollte auch Folgendes
beachten:
Was bei einer Begegnung zwischen den russischen Starzen und den
jüdischen Chassidim geschehen wäre, könnte nur ein Dichter schildern, weil
sie in Wirklichkeit nie stattgefunden hat. Die Konfessionen lebten damals
völlig getrennt voneinander, was sicher Christi
Liebesgebot widersprach. Erst mit dem Zweiten
Vatikanischen Konzil hat sich in der katholischen Kirche eine gewisse
Änderung angebahnt. Bei Pater Kolbe geschah dies früher. Als die jüdischen
Flüchtlinge nach Niepokalanów kamen, nahm er sie mit der gleichen Herzlichkeit
auf wie seine polnischen Volksgenossen. Inmitten des bedrückenden
Kriegsgeschehens überwand er jeglichen Antisemitismus, der wie ein
häßliches Krebsgeschwür am Leibe der Christenheit wuchert. Das polnische
Verhalten war wohl echt: in der Theorie widerlicher Antisemitismus und in
der Notlage brüderliches Zusammenstehen.
(Hervorhebungen von mir, J.B.)
Das gemeinsame Kriegslos
verwischte die konfessionellen Unterschiede
(Mlodozeniec). Aller
Antisemitismus war angesichts der bedrohlichen Situation wie ein böser
Spuk verflogen. Die Juden erwähnten mit rühmenden Worten die wohltätige
Gesinnung Kolbes. Die Begegnung mit dem jüdischen Menschen gehört zu den
schönsten, aber auch kaum beachteten Erlebnissen im Leben Pater Kolbes.
Auch in anderen Büchern über Pater Kolbe habe ich gelesen, dass er
vielen Juden während des Zweiten Weltkrieges in Niepokalanów Zuflucht gab.
Wenn ich die Stellen finde, schreibe ich Ihnen sie gern. Im Biographisch-Bibliographisches
Kirchenlexikon steht ebenfalls:
In der Okkupationszeit bildete Niepokalanów einen Zufluchtsort für
zahlreiche Flüchtlinge, auch jüdische Mitbürger, die auf Geheiß K.s dort
Aufnahme fanden.
Mit freundlichen Grüßen
J. B. aus G. über E-Mail, 10. Januar 2010
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- zuletzt aktualisiert am 08.12.2023
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• P. Ezechiel Britschgi: Name verpflichtet. Christiana, Stein am Rhein, 1985
• Erhard Gorys: Lexikon der Heiligen. dtv, München 1997
• https://de.wikipedia.org/wiki/Maximilian_Kolbe - abgerufen am 20.07.2023
• Gabriele Lesser: Geschichtslügen. Tageszeitung, 15. August 1998
• https://www.dradio.de/dlf/sendungen/kalenderblatt/677531 - abgerufen am 20.07.2023
• http://www.ostblog.de/2006/05/feiwillig_fuer_947_tage_in_die.php - abgerufen am 20.07.2023
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl.,
Bd. 7., Herder, Freiburg im Breisgau 1998
• http://www.maximilian-kolbe-werk.de/44778.html nicht mehr erreichbar
• Walter Schöpsdau: Maximilian Maria Kolbe. In: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts Bensheim 6/1982
• http://www.ubonse.de/ubonse.de/rtf/2.05.01.pdf - abgerufen am 20.07.2023
• http://www.berufe-der-kirche-freiburg.de/media/pdfs/PMK05_BG.pdf nicht mehr erreichbar
• https://kath.net/news/77289 - abgerufen am 12.11.2023
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