Mechthild von Magdeburg
auch: von Helfta
Gedenktag katholisch: 15. August
Gedenktag evangelisch: 26. Februar
Gedenktag anglikanisch: 19. November
Name bedeutet: kraftvolle Kämpferin (althochdt.)
Mechthild wurde auf einer Burg groß, wo sie schon früh mit dem Minnegesang, der Lyrik und den Liebesliedern ihrer Zeit, vertraut wurde. Schon als 12-jährige wurden ihr mystische Erfahrungen durch Visionen zuteil. Um 1230 trat sie in Magdeburg als Begine einer Gemeinschaft bei, die nach den Regeln der Dominikanertertiare lebte 1. Als geistlich, aber in der Welt lebende Frauen waren diese besonders für die Armen da, alltäglich konfrontiert mit Not und Elend der Leibeigenen, tätig an Krankenlagern oder als Sterbebegleiterinnen. Mechthild sah darin ihre Aufgabe gemäß der ihr zuteil gewordenen Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen.
Die Arbeit der Beginen war in den Städten gern gesehen, soweit sie Not linderten,
Trauernde trösteten und Sterbende begleiteten. Aber wenn sie Reichtum anprangerten oder gar als Frauen sich in theologischen
Fragen zu Wort meldeten, machten sie sich unbeliebt. Um 1250 gab es in
Magdeburg solche Auseinandersetzungen der
frommen Frauen mit dem Domkapitel. Mechthild begann in dieser
Zeit, ab 1250, ihre Visionen in Versen und Hymnen schriftlich festzuhalten, indem sie sie einer Schreiberin diktierte,
weil sie selbst nicht schreiben konnte. Sie wurde gewarnt, ihre Schriften könnte ein Feuer verzehren
, sie solle mit
dem Schreiben aufhören. Besonders ihre scharfe Kritik am Domkapitel und an der Amtskirche führten zu Anfeindungen des
KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat.
Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien..
Wahrscheinlich wurde Mechthild vor das Kirchengericht des Domkapitels gestellt und musste sich und ihr Werk verteidigen;
in ihrem Buch Das fließende Licht der Gottheit
schrieb sie: Ich bin mir nach dem, was mir bisher geschehen ist,
gewiss, dass ich noch viele Becher mit Galle austrinken muss, denn leider hat der Teufel unter den Menschen geistlichen
Standes noch sehr viele Schenken, die so voller Giftes sind, dass sie es nicht allein trinken können: Sie müssen es Gottes
Kindern voller Bitterkeit ausschenken
(II, 24).
Mechthild flüchtete vor den Anfeindungen im Alter von 60 Jahren ins Kloster Helpede / Helfta der Zisterzienserinnen zu Gertrud von Hackeborn, von der sie Unterstützung erfuhr und wo sie die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte. Das Kloster wurde zum Zentrum der mystischen Gotteserfahrung von Frauen und ihren daraus erwachsenen Schriften, Mechthild zur Lehrmeisterin auch von Gertrud der Großen.
Mechthilds Visionen enthalten Einheitserfahrungen mit Gott sowie Einsichten über Gott, Welt, Menschheit und Kirche. Anregungen erhielt sie aus der damals mündlich weitergegebenen Frauenmystik, aus dem biblischen Hohenlied der Liebe und den Evangelien, dazu aus Werken von Augustinus, Bernhard von Clairvaux, Hugo von St-Victor und Dionysios Areopagites. Ihre kosmische und apokalyptische Schau steht in der Nachfolge der Hildegard von Bingen. Auffällig ist die hohe poetische Bildkraft.
Mechthilds Schriften gelten als die ersten deutschen Aufzeichnungen der Mystik. Ihr Werk umfasst sieben Bücher mit dem
Titel Das fließende Licht der Gottheit
; die ersten fünf entstanden vor 1260, das sechste zwischen 1260 und 1271 das
siebte zwischen 1271 und 1282. Es ist nur noch in einer 1343 - 1345 in Basel entstandenen alemannischen Übersetzung sowie
einer teilweise noch zu ihren Lebzeiten entstandenen lateinischen Übersetzung in einer Handschrift um 1350 überliefert.
In Folge eines Fürstenstreits wurde das Kloster Helpede / Helfta 1342 erstmals zerstört und ging schließlich 1525 in den Wirren der Bauernkriege unter; nach kurzer Wiederbelebung wurde es 1542 säkularisiert. Später war die Anlage preußische Staatsdomäne, dann DDR-Volksgut. Nach dem Untergang der DDR kam die Anlage wieder in Kirchenbesitz, dort entstand 1999 wieder ein Zisterzienserinnenkloster.
1 ▲ Unser Leser Norbert
Schmeiser bezweifelt, dass die Beginen in
Magdeburg nach den Regeln der
Tertiare Dominikanerordens lebten und zitiert dafür Jörg Voigt: Die
Vorstellung von einer besonderen Nähe zwischen Beginen und Bettelorden … war längere Zeit verbreitet. In der jüngeren
Forschung konnte diese Ansicht jedoch ebenso relativiert werden wie die rasche Klassifizierung von Beginengemeinschaften im
Umfeld von Bettelordenskonventen als Drittordensgemienschaften
(Jörg Voigt, Der status Beginarum, in: ders. u.a., Hg.,
Das Beginenwesen im Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Kohlhammer, Stuttgart 2015, 41- 67, 43 unter Berufung auf: Hannah
Hien: Das Beginenwesen in fränkischen und bayerischen Bischofsstädten. Gesellschaft für Fränkische Geschichte, Würzburg
2013). Norbert Schmeiser schreibt weiter: Auch wenn lange Zeit behauptet wurde, Dominikaner stünden in einigen Städten
in engen Beziehungen zu Beginengemeinschaften (vgl. M. Wehrli-Johns: Augustinusregel, Konstitutionen und Drittordensregel.
Zur Regulierung von Frauengemeinschaften im dominikanischen Umfeld vom 13. bis 15. Jahrhundert, in: Regensburger Jahrbuch
für Kirchengeschichte, Bd. 27 (2008), S. 71 - 89, hier S. 71) taucht die Behauptung, Beginen lebten nach der Regel der
Dominikanerinnen nicht auf, im Gegenteil:
Die Beginen in statu poenitentiae erhielten keine Regel, sondern nur eine
Art disciplina in Form von Statuten, deren Einhaltung den Vorstehern vorbehalten blieb
(Martina Wehrli-Johns:
Augustinusregel, Konstitutionen und Drittordensregel. Zur Regulierung von Frauengemeinschaften im dominikanischen Umfeld
vom 13. bis 15. Jahrhundert, in: Regensburger Jahrbuch für Kirchengeschichte, Bd. 27 (2008), S. 71 - 89, hier S 83).
Worte von Mechthild von Magdeburg
Tugenden und Untugenden:
Der Reichtum vergänglicher Dinge ist ein untreuer Gast, die heilige Armut fördert zu Gott eine kostbare Last.
Die Eitelkeit bedenkt nicht ihren Schaden, die Stetigkeit ist mit allen Tugenden voll beladen.
Die Dummheit findet an sich selber Behagen, die Weisheit kann nie genug erfragen.
Der Zorn bringt die Seele in große Finsternis, die heilige Sanftmut ist aller Gnaden gewiss.
Die Hoffart will stets die erste sein. Die Demut kann anders nicht ruhen, als allen Kreaturen zu Diensten zu sein.
Die eitle Ehre ist vor Gott taub und blind, unverschuldete Schmach heiligt das Gotteskind.
Die Gier hat immer einen schreienden Mund, das glückliche Maß hat stets einen süßen Grund.
Die Trägheit lässt reichen Gewinn außer acht, heiliger Fleiß ist nicht auf sein Glück bedacht.
Die Untreue gibt immer falschen Rat. vollkommene Treue versäumt nie gute Tat.
Wahre Geistlichkeit kann sich an niemandem rächen, das unruhige Herz will immer den Frieden brechen.
Die heilige Andacht kann nichts Böses begehen, der böse Wille mag niemandem unterstehen.
Die Bosheit hat von Natur einen hässlichen Grund, die göttliche Gnade ein liebes Gesicht und einen süßen Mund.
Die versteckte Grausamkeit hat einen glatten Mund, die offene Freundlichkeit birgt den Gottesfund.
Die falsche Aufmerksamkeit wohnt sehr nahe dem Hass, die heilige Barmherzigkeit will allein sein mit Gott.
Der Hass wütet ohne Unterlass, immerdar, die Minne brennt ohne Schmerzen, ist aller Leiden bar.
Die böse Missgunst hasst Gottes Freigebigkeit, das reine Herz freut sich liebevoll aller Seligkeit.
Die Nachrede schämt sich vor Menschen, vor Gott fühlt sie sich nicht gestört, der doch alle Dinge sieht und hört.
Die Verzweiflung ist ein furchtbarer Fall, wahre Hoffnung erhält ihre Güter all.
Quelle: Mechthild von Magdeburg: Ich tanze, wenn du mich führst - Ein Höhepunkt deutscher Mystik, ausgewählt und übersetzt von Margot Schmidt. Herder, Freiburg i. Br. 2001
Zitate von Mechthild von Magdeburg:
Niemand weiß, wie fest er steht, wenn er noch nicht in die Versuchung des Leibes gestoßen wurde.
Mich reuen alle guten Werke, die ich aus Lieb zu meinem Fleisch ohne wahre Not versäumt habe.
Gott lehrte mich dies, dass ich nie ein Werk so gut getan habe, als dass ich es nicht noch besser hätte tun können.
Die Lust dieser Welt hat uns von Gott getrennt, darum müssen wir mit Leiden zurückkehren.
Wie scharfe Verstandessinne ein Mensch auch hat, er kann übersinnliche Dinge nur mit dem Glauben verstehen, sonst
tappt er wie ein Blinder in der Finsternis.
Diese sieben Dinge sollen wir üben: gerecht im Leben, barmherzig in der Not, getreu in der Gemeinschaft, hilfsbereit
im Verborgenen, in Not und Elend schweigen, voll der Wahrheit sein, der Lüge Feind sein.
Das Gebet hat große Macht, das ein Mensch verrichtet mit seiner ganzen Kraft. Es macht ein bitteres Herz süß, ein
trauriges Herz froh, ein armes Herz reich, ein törichtes Herz weise, ein zaghaftes Herz kühn, ein schwaches Herz stark,
ein blindes Herz sehend, eine kalte Seele brennend. Es zieht den großen Gott in ein kleines Herz, es treibt die hungrige
Seele hinauf zu dem Gott der Fülle.
Jeder sollte in sich Christus sein, so dass der Mensch Gott lebte und nicht sich selbst.
Ich tanze, Herr, wenn du mich führst! Soll ich sehr springen, musst du selber vorsingen. Dann springe ich in die
Minne, von der Minne in die Erkenntnis, von der Erkenntnis in den Genuss, vom Genuss über alle menschlichen Sinne. Dort
will ich verbleiben und doch höher kreisen.
Quelle: Mechthild von Magdeburg: Ich tanze, wenn du mich führst - Ein Höhepunkt deutscher Mystik, ausgewählt und übersetzt von Margot Schmidt. Herder, Freiburg i. Br. 2001
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Mechthild von Magdeburg: O du brennender Berg
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- zuletzt aktualisiert am 11.09.2024
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• http://www.glaubenszeugen.de/kalender/m/kalm064.htm - abgerufen am 01.05.2023
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler,
Stuttgart / Weimar 2000
• Hildegund Keul: Die Liebe gebietet, was sie will. zeitzeichen 12/2007
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.