Ökumenisches Heiligenlexikon

Thomas

1 Gedenktag katholisch: 3. Juli
Fest,
im mozarabischen Ritus: 21. Dezember
Fest II. Klasse      Im alten Messbuch entspricht die II. Klasse einem Fest.
Die Feste II. Klasse werden auch in den geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit) gefeiert und verdrängen in der Osterzeit und in der Zeit nach Christi Himmelfahrt die Tagesliturgie.
: 21. Dezember (Todestag), 3. Juli (Übertragung der Gebeine nach Edessa und später nach Ortona)
Übertragung von Reliquien in die Jesuitenkirche São Roque nach Lissabon: 25. Januar
Niederlegung der Gebeine: 9. Februar, 10. Februar
Übertragung der Gebeine nach Mailand in die Basilika an der Porta Romana: 9. Mai
Übertragung der Gebeine: 2. Juli
Übertragung der Reliquien nach Alexandria: 9. September
bedacht im Eucharistischen      Die Eucharistie - von griechisch „ευχαριστειν, Dank sagen” - vergegenwärtigt das heilvolle Sterben Jesu Christi. Die Römisch-Katholische, die Orthodoxe und die Anglikanische Kirche nennen diese Mahlfeier im Anschluss an 1. Korintherbrief 11, 24 Eucharistie, die Evangelischen Kirchen sprechen von „Abendmahl” im Anschluss an Markusevangelium 14, 17 und 1. Korintherbrief 11, 23. Hochgebet I
und im Ambrosianischen      Die Ambrosianische Liturgie entstand im 8. Jahrhundert unter orientalischem Einfluss, sie wird auf Ambrosius von Mailand zurückgeführt, von dem wohl die meisten Texte auch stammen. Sie wird v. a. in der Kirchenprovinz Mailand und im Bistum Lugano benutzt. Karl Borromäus förderte diese Sonderform, im Mittelalter wurde aus ihr auch die Gleichwertigkeit des Mailänder Erzbistums gegenüber Rom abgeleitet. Hochgebet I

1 Gedenktag evangelisch: 3. Juli, 21. Dezember

1 Gedenktag anglikanisch: 3. Juli oder: 21. Dezember

1 Gedenktag orthodox: 2. Sonntag der Osterzeit, 6. Oktober
Übertragung der Gebeine und Kleider in die Kirche der Heiligen Apostel in Konstantinopel 956 - 970: 20. Juni

1 Gedenktag armenisch: 3. Juli, 22. August
liturgische Feier am 2. Samstag nach dem Assumptionssonntag
Auffindung der Gebeine: 6. Oktober

1 Gedenktag koptisch: 27. Januar, Sonntag nach Ostern (kleineres Fest), 21. Mai, 6. September, 9. September, 6. Oktober

1 Gedenktag äthiopisch-orthodox: 21. Mai, 6. Oktober
Gedächtnis einer wundersamen Totenerweckung durch ihn: 27. Januar, 25. Juni
Gedächtnis eines von ihm in Indien gewirkten Wunders: 15. September
Übertragung der Gebeine: 14. Dezember

1 Gedenktag syrisch-orthodox: 3. Juli
Übertragung der Gebeine nach Edessa, Fest
Sonntag nach Ostern, 2. Mittwoch nach Ostern, 5. Donnerstag nach Ostern, 10. September, 16. September, 17. September, 19. Oktober
Wunder, das er an einer besessenen Frau wirkte: 10. März
Weihetag des Oratoriums des Apostels: 2. Juli
Übertragung der Gebeine nach Edessa: 3. Juli
Weihetag seines Tempels: 4. Juli
Krönung (Martyrium): 6. Oktober
Tödliche Verwundung mit einem Speer: 18. Dezember
Todestag: 21. Dezember

1 Gedenktag assyrisch: 3. Juli

Name bedeutet: der Zwilling (hebr.)

Apostel, Glaubensbote in Indien (?), Märtyrer (?)
* in Galiläa (?) in Israel
72 in Kalamina, d.i. Mailapur, der heutige Stadtteil Mayilapuram in Madras / Chennai in Indien (?)


Thomas war bis zu seiner Berufung als Jünger Fischer. Das Johannesevangelium beschreibt die Hingabe, die Thomas für Jesus empfand: als der nach Judäa zurückkehren wollte, wo Juden ihn hatten steinigen wollen, schloss sich ihm Thomas mit den Worten an: Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben. (11, 5 - 16).

Relief auf Thomas' Sarkophag in der Kathedrale in Ortona
Relief auf Thomas' Sarkophag in der Kathedrale in Ortona

Thomas wird in den Apostellisten aller vier Evangelien und der Apostelgeschichte erwähnt; außer bei Johannes kommt er aber nur in der Aufzählung der Jünger und dabei in der mittleren Jüngergruppe vor; im Johannesevangelium - dort drei Mal mit dem Beinamen Didymus, der griechischen Übersetzung für den hebräisch-aramäischen Namen Thomas - nimmt er mit sieben Nennungen - so auch im Bericht über das Abendmahl (Johannesevangelium 14, 1 - 7) - eine wichtigere Rolle ein. In Johannesevangelium 21, 2 wird Thomas sogar an zweiter Stelle in der Jüngerliste direkt nach Petrus genannt.

Berühmt wurde Thomas durch seine Zweifel an der Auferstehung Jesu und sein Verlangen, handgreiflich die Auferstehung zu überprüfen: erst nachdem Jesus ihn aufforderte, seine Wundmale zu berühren, glaubte er das Unfassbare und bekannte: Mein Herr und mein Gott! Damit erkannte er als erster der Jünger die göttliche Natur Christi (Johannesevangelium 20, 24 - 29). Wohl gerade als Zweifelnden haben Volksfrömmigkeit und Legende ihn so nahe an Jesus herangerückt, dass er sogar als dessen Zwillingsbruder angesehen wird - Jesus in Aussehen und Schicksal ähnlich - so erstmals in den Thomas-Akten vom Anfang des 3. Jahrhunderts.

Buchmalerei aus der 'Devotionale Abbatis Ulrici Rösch': Christus erscheint dem Thomas, um 1472 (?),, in der Stiftsbibliothek in St. Gallen
Buchmalerei aus der Devotionale Abbatis Ulrici Rösch: Christus erscheint dem Thomas, um 1472 (?), in der Stiftsbibliothek in St. Gallen

Diese syrischen Thomas-Akten erzählen dann auch, dass Christus Thomas erschien und ihn aufforderte, Abbanes, dem Boten des Königs Sases - der von 21 bis 47 regierte, den Titel Gondophares IV. angenommen hatte und oft auch Gundisar oder Gundaphorus genannt wird - nach Indien zu folgen, da der König den besten Baumeister suche, um sich einen Palast nach römischer Bauweise errichten zu lassen. Thomas wurde dann veranlasst, an der Hochzeit der Königstochter Pelagia teilzunehmen; eine hebräische Musikantin wiederholte für Thomas einen Hymnus in dessen Muttersprache, worauf der Mundschenk ihn ohrfeigte. Thomas prophezeite die eintretende Strafe: Löwen zerrissen den Mundschenk am Brunnen, ein Hund brachte die Hand, die den Glaubensboten geschlagen hatte, das Brautpaar aber wurde von Thomas gesegnet und bekehrte sich zum Christentum.

Relief: der zweifelnde Thomas und die Jüngerschar, 11. Jahrhundert, im Kreuzgang des Klosters Santo Domingo de Silos
Relief: der zweifelnde Thomas und die Jüngerschar, 11. Jahrhundert, im Kreuzgang des Klosters in Santo Domingo de Silos

Für Gundisar zeichnete Thomas diesem einen Palast und erhielt große Schätze zum Bau, verteilte diese aber während der Abwesenheit des Königs an die Armen, predigte und bekehrte Unzählige. Dem zurückgekehrten empörten König, der Thomas in den Kerker warf, erschien sein vor kurzem verstorbener Bruder; der erklärte ihm, Thomas habe für ihn im Jenseits den prächtigsten Palast errichtet, worauf auch Gundisar sich bekehrte und Thomas in fernere indische Gebiete ziehen ließ. Vornehme Frauen eines Herrscherhauses wurden von Thomas bekehrt, der König Misdai aber ließ ihn gefangen setzen, vielfältig martern und wollte ihn zum Opfer vor dem Sonnengott zwingen. Thomas sprach den im Standbild verborgenen Teufel an, das Bronzewerk zerschmolz wie Wachs, der außer sich geratene Oberpriester durchbohrte Thomas mit seinem Schwert, doch der König ließ ihn ehrenvoll begraben.

Pierre Legros: Statue, 1705 - 1711, in der Basilika San Giovanni in Laterano in Rom
Pierre Legros: Statue, 1705 - 1711, in der Basilika San Giovanni in Laterano in Rom

Nach anderen Legenden durchzog Thomas noch weitere Länder, bis er in Madras - dem heutigen Chennai in Indien - von feindlich Gesinnten mit Lanzen durchstochen wurde. Auf Johannes Chrysostomus soll die Erzählung zurückgehen, dass Thomas auf seinen Reisen die Heiligen Drei Könige getroffen, getauft und zu Bischöfen ernannt habe. Als Ort seines Martyriums geben viele Legenden Kalamina - wohl Mailapur, der heutige Stadtteil Mayilapuram in Madras / Chennai. Sieben christliche Kirchen in Indien führen heute ihre Wurzeln auf Thomas zurück und gehören deshalb zu den Thomaschristen.

Noch Mitte des 2. Jahrhunderts rechnete der Gnostiker Heraclion Thomas zu den Aposteln, die kein Martyrium erlitten. Nach Origenes wirkte Thomas als Glaubensbote bei den Parthern in Mesopotamien im heutigen Irak; in Edessa - dem heutigen Sanlιurfa in der Türkei -, ist die Verehrung seit dem 4. Jahrhundert nachgewiesen, Thomas' Gebeine wurden der Überlieferung zufolge 394 in die Stadt übertragen. Ephraem der Syrer berichtete ebenso wie die syrischen Thomas-Akten über die Missionstätigkeit in Indien und die Rückführung der Gebeine durch einen Kaufmann in einem Schatzkästlein. Die Legende über König Gundisar sowie seine Tochter Pelagia hielt schon Augustinus von Hippo für wertlos.

In Nag Hammadi in Ägypten wurde 1945 unter den sensationellen Funden zahlreicher alter Handschriften auch ein vollständiges Exemplar des Thomas-Evangeliums entdeckt: eine Sammlung von Jesusworten ohne Erzählungen oder Passionsgeschichte, möglicherweise schon sehr früh (um 70?) entstanden und laut Vorwort von Thomas verfasst.

Grab des Thomas in Mailapur in Indien mit persischem Kreuz, 8. Jahrhundert
Grab des Thomas in Mailapur - heute der Stadtteil Mayilapuram in Madras / Chennai in Indien mit persischem Kreuz, 8. Jahrhundert

Bei Mailapur gibt es den Großen Thomasberg; 1547 wurde auf ihm eine Kirche zu Ehren von Thomas errichtet. Dort verwahrt wird das Thomaskreuz aus dem 7. Jahrhundert, dessen Inschrift von seinem Martyrium erzählt. 2004 hat der Vatikan den Berg bei Mailapur als ersten internationalen Wallfahrtsort Indiens anerkannt. Der größte Teil der Thomas-Reliquien wurde angeblich an einem 3. Juli - daher der Gedenktag - im 3. Jahrhundert nach Edessa - dem heutigen Sanlιurfa in der Türkei - übertragen, weshalb in Indien keine Gebeine, sondern nur Staub zu finden sei.

Schon früh gab es Reliquien in Mailand in der Basilika Apostolorum - der heutigen Kirche San Nazaro in Brolo -, das Martyrologium des Hieronymus beschreibt sie. Im Johannes-Kloster auf Patmos wird der durch den byzantinischen Kaiser Alexios I. Komnenos - er regierte von 1081 bis 1118 - verzierte Schädel aufbewahrt.

1218 kamen Thomas' Gebeine aus Edessa auf die griechische Insel Chios, 1258 von dort nach Ortona bei Chieti in den Abruzzen, wo sie in der Krypta der Kathedrale bewahrt werden; 1984 bis 1986 wurden sie untersucht und zusammengesetzt.

Antonello Gagini: Marmorstatue, 1516, im Dom in Marsala auf Sizilien
Antonello Gagini: Marmorstatue, 1516, im Dom in Marsala auf Sizilien

Im Dom von Prato in der Toskana wird in einer für diesen Zweck gebauten Kapelle der Gürtel der Maria gezeigt: das Christkind selbst habe seiner Mutter den Gürtel gelöst und ihn Thomas überreicht; jahrhundertelang in der Familie aufbewahrt, habe ihn Michele dei Dagomari aus Prato als Teilnehmer eines Kreuzzuges nach Italien mitgebracht, nachdem er in Israel eine Tochter jener Familie geheiratet hatte. 1365 wurde der Gürtel in feierlicher Prozession in die Kathedrale nach Prato gebracht.

Thomas' Gedenktag lag auch in der katholischen Kirche bis 1969 auf dem 21. Dezember, dem Datum der längsten Nacht des Jahres. Dieser Tag wurde Thomas gewidmet, weil er am längsten von allen Aposteln an der Auferstehung Christi gezweifelt hatte und also am längsten in der Nacht des Unglaubens verharrte. Der Tag war mit vielen Orakelbräuchen versehen, besonders in Liebes- und Ehefragen. In der Nacht konnten nach alter Überlieferung die Tiere sprechen und man kann in die Zukunft schauen.

Ganz wichtig war es, in der Thomasnacht den Stall zu verriegeln, denn wer in dieser Nacht das Vieh sprechen hörte, dem war der Tod im kommenden Jahr gewiss. Legte man sich in der Thomasnacht verkehrt herum ins Bett, so träumte man, was im nächsten Jahr alles geschehen würde; junge Mädchen konnten in dieser Nacht ihren Zukünftigen sehen. Vor dem Thomastag musste alles, was verliehen worden war, wieder im Haus sein, Geliehenes sollte man vorher zurückbringen. Nur Menschen, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben, behielten Leihgaben über den Jahreswechsel. Bis zum Thomastag mussten auch alle Werkzeuge aufgeräumt sein, vor allem durften keine Gerätschaften zum Backen vor dem Ofen liegenbleiben. Zudem befürchtete man Dämonen, darunter an manchen Orten Thomas' Unglück bringender Gegenspieler, das blutige Thomerl, das besonders den Kindern Angst und Schrecken einjagte. Blutverschmiert und mit einem mächtigen Hammer ausgestattet, bedrohte der grausige Metzgergeselle alle, die nach Einbruch der Dunkelheit noch auf der Straße unterwegs waren, und hatte es besonders auf geizige und neidische Menschen abgesehen. In Bayern wurde früher auf jedem Bauernhof ein Schwein für Weihnachten gemästet. Am Thomastag wurde dieses als Mettensau oder Weihnachter bezeichnete Schwein geschlachtet, für die Mettensuppe mit Blut- und Leberwürsten versammelte sich die ganze Familie und das Gesinde.

Attribute: dem Auferstanden an die Wundmale fassend; Bart, Schwert, Lanze, Winkelmaß
Patron von Ostindien, Portugal, Goa - heute Velha Goa -, Urbino, Parma und Ortona in Italien, von Riga, der Insel Saint Thomas und des Kirchenstaates; der Architekten, Geometer, Maurer, Zimmerleute, aller Bauarbeiter, der Steinhauer, Feldmesser und - wegen seiner Zweifel - der Theologen; bei Rückenschmerzen und Augenleiden; für gute Heirat
Bauernregeln (für 21. Dezember): Wenn's St. Thomas dunkel war (also kein Mond schien) / gibt's ein schönes neues Jahr.
St. Thomas bringt die längste Nacht, / weil er den kürzesten Tag gebracht. Friert es am kürzesten Tag, / ist's immer eine Plag.

Legenda Aurea: Thomas

Das Thomas-Evangelium

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Literatur zu Thomas

Das Thomas-Evangelium auf Deutsch oder in einer direkten Gegenüberstellung des koptischen Textes mit der deutschen Übersetzung gibt es in der Bibliothek der Kirchenväter der Université Fribourg.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Die Kathedrale in Ortona ist täglich von 7 Uhr bis 12.30 Uhr und von 15 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. (2023)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 07.03.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hager Stanglow, E-Mail vom 7. November 2004
• http://www.bauernregeln.net/dezember.html nicht mehr erreichbar
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 9. Herder, Freiburg im Breisgau 2000
• http://www.sueddeutsche.de/muenchen/starnberg/tradition-was-es-mit-dem-perchten-brauch-in-bayern-auf-sich-hat-1.3800336 - abgerufen am 01.04.2023

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.