Ökumenisches Heiligenlexikon

Armenische Kirche


Das Christentum wurde in Armenien im Jahr 301 nach der Taufe von König == Trdat III. - in der lateinischen Überlieferung Tiridates genannt - zur Staatsreligion erklärt. Die Armenische Kirche ist damit die älteste christliche Staatsreligion 1, als solche entstanden noch bevor Kaiser Konstantin das Christentum im Römischen Reich anerkannte und Kaiser Theodosius I. es 380 zur Staatsreligion erklärte.

Die Armenische Kirche führt ihre Gründung auf die Mission der Apostel (Judas Thaddäus und Bartholomäus zurück, die demnach in Armenien wirkten und den Märtyrertod starben; wichtige Handschriften lesen in Apostelgeschichte 2, 9 Armenien, so auch Kirchenvater Augustinus; die Kirche bezeichnet sich deshalb als Heilige Armenisch-Apostolische Kirche. Tatsächlich ging die Mission Armeniens von der urchristlichen Gemeinde in Antiochia - dem heutigen Antakya in der Türkei - sowie von Cäsarea in Kappadokien - dem heutigen Kayseri - aus, wo der eigentliche Begründer der Kirche, Gregor der Erleuchter, seine Ausbildung erhalten hatte. Gregor, Sohn eines Adelsgeschlechts der Parther, heilte König Trdat III. von schwerer Krankheit, der sich daraufhin zum Christentum bekehrte, und taufte ihn; nach der Anerkennung als Staatskirche wurde Gregor ihr erster Katholikos.

Als Armenien Ende des 4. Jahrhunderts zwischen den Römern und den Persern aufgeteilt wurde, gelang es der Kirche, das Nationalbewusstsein zu erhalten, nicht zuletzt durch die Schaffung eines eigenen Alphabets durch den Mönch Mesrop Maschtoz. Bald schon wurden die Bibel, viele Schriften der Kirchenväter und philosophische sowie literarische Werke der Griechen, Kopten und Syrer ins Armenische übersetzt - manche dieser Schriften, auch von Kirchenvätern, haben nur in dieser Übersetzung überdauert. Aufgrund der politischen Spannungen zwischen Byzanz - dem heutigen Ístanbul - und Persien war die Armenische Kirche nicht beim Konzil von Ephesus vertreten, anerkannte jedoch nachträglich dessen Beschlüsse. Auch am Konzil von Chalkedon konnten die Armenier auf Grund politischer und religiöser Bedrängnisse durch die Perser nicht teilnehmen; seine Beschlüsse von den zwei Naturen Jesu Christi wurden mehrfach, zuletzt von der SynodeSynode (altgriech. für „Zusammenkunft”) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden „Konzil” und „Synode” synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. in Dvin im Jahr 551/552, zurückgewiesen; seitdem gelten die Armenier - fälschlich - als Anhänger des Monophysitismus, denn die Zwei-Naturen-Lehre ist dem Verständnis der Armenier nahe.

Im 7. Jahrhundert kam das Land unter die Herrschaft muslimischer Araber, im 11. Jahrhundert eroberten seldschukische Türken das Land, der Sitz des Katholikos musste 1147 ins neugegründete Fürstentum Kilikien - dem ehemaligen Cilicien - in die Festung Hromkla - türkisch Rum kalesi - am Euphrat verlegt werden, wo er bis 1292 blieb, um dann weiter nach Sis - das heutige Kozan - ausweichen zu müssen. Herausragende Gestalt jener Zeit war Katholikos == Nerses Shnorhali († 1173), dessen Korrespondenz mit der griechischen, syrischen und römischen Kirche noch heute als Vorbild für ökumenische Bemühungen gelten kann. Nach Beginn des 1. Kreuzzuges intensivierten sich die Kontakte zum Westen; der römisch-deutsche Kaiser Heinrich VI. erhob Kilikien zum Königreich, der Erzbischof von Mainz krönte den Fürsten Leon II. am Weihnachtstag 1199. Der Papst erklärte die Vereinigung der Armenischen mit der Römisch-Katholischen Kirche, die SynodeSynode (altgriech. für „Zusammenkunft”) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden „Konzil” und „Synode” synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. von Sis besiegelte die Union 1307. Schon 1361 wurde die Union aber aufgrund der nachdrücklichen Versuche Roms, den lateinischen Ritus und die Anerkennung des römischen Primats durchzusetzen, wieder aufgekündigt.

1375 drangen ägyptische Mameluken ein und zerstörten Sis; das Königreich hörte auf zu existieren, der Sitz des Katholikos blieb jedoch in Sis; für den Machtbereich der Mameluken war er aber schon vorher zwangsweise nach Jerusalem verlagert worden. Die Armenier sind noch heute - zusammen mit dem griechischen Patriarchat Jerusalem und Franziskanern - Besitzer des Heiligen Grabes Jesu in Jerusalem und der Geburtskirche in Betlehem; in Jerusalem gibt es ein eigenes armenisches Viertel mit etwa 3000 Armeniern. Viele der Armenier flohen damals, v. a. nach Osteuropa, wo sie bis heute ihre Traditionen bewahren und Gemeinden bilden. 1441 beschloss eine SynodeSynode (altgriech. für „Zusammenkunft”) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden „Konzil” und „Synode” synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. der im ehemaligen Kilikien verbliebenen Armenier die Verlegung des Katholikats nach Etschmiadsin; eine Oppositionsgruppe hielt aber an Sis fest, so gab es nun zwei Katholikate, beide praktizierten die Sukzession in der jeweiligen Familie. Zudem ließ der osmanische Sultan 1461 in Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul - ein armenisches Patriarchat für alle nicht griechisch-orthodoxen Christen errichten, um die Orthodoxen zu schwächen. Aber auch das Katholikat auf der Insel Aghtamar - heute Akdamar - im Van-See hatte überlebt, nachdem eine kleine Gruppe die Verlegung nach Kilikien im 11. Jahrhundert nicht mitvollzogen hatte; so gab es nun seit dem 15. Jahrhundert drei Katholikate in Etschmiadsin, Sis und Agthamar sowie zwei Patriarchate in Jerusalem und Konstantinopel.

Zwischen den Katholikaten in Sis und Etschmiadsin gab es 1652 eine weitgehende Einigung über Fragen der Kirchenordnung; unter den wechselnden politischen Verhältnissen war dann jeweils immer wenigstens ein Katholikos handlungsfähig, so konnte die armenische Identität bewahrt werden; dem ranghöheren Katholikos von Etschmiadsin kam im Bewusstsein des Volkes auch die Würde des armenischen Königs zu.

Die zunehmenden religiösen und kulturellen Bedrängnisse im osmanischen Reich kulminierten 1894 bis 1896 in blutigen Pogromen, denen rund 300.000 Armenier zum Opfer fielen. 1895 löschten die Türken das Katholikat Agthamar aus, es folgten 1909 und 1920/21 Massaker in Kilikien; 1914/15 ereignete sich in Anatolien der große Völkermord mit - je nach Quelle - 200.000 oder bis zu 1.500.000 ermordeten Armeniern. Mit der bislang größten kollektive Heiligsprechung einer Kirche sprach die Armenische Kirche zum 100. Jahrestag des Beginns der Verfolgungen am 23. April 2015 deren Opfer heilig; die Kirche gibt keine konkrete Zahl der neuen Heiligen an, sondern spricht von allen Opfern, die für ihren Glauben und ihre christliche Identität ihr Leben ließen. Es gebe auch Heilige unter denen, die den Völkermord überlebt hätten; diese Heiligsprechung war die erste in der armenisch-apostolischen Kirche seit 400 Jahren.

1895 gab es im Gebiet der Türkei 3000 armenische Gemeinden in 60 Bistümern, heute gibt es nur noch eine Diözese. Viele Armenier flohen nach Europa, Amerika, nach Syrien und Palästina. Das Katholikat Sis musste 1921 aufgegeben werden; Mönche konnten 1915 liturgische Gewänder, Kirchenschätze und Reliquien nach Aleppo - dem heutigen Halab - in Syrien retten; das Katholikat wurde 1930 in Beirut im Libanon neu errichtet.

Banner (
Banner (Khachvar) bei einer Prozession der Armenischen Kirche

Nach dem zweiten Weltkrieg in der Zeit der Spaltung der Welt im kalten Krieg entwickelte sich das Katholikat Etschmiadsin zum Zentrum der Armenier im Machtbereich der Sowjetunion, das Katholikat Beirut zu dem der Armenier im Westen; zwischen beiden gab es große Spannungen. Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der Gründung der Republik Armenien 1991 kam es zu Begegnungen der beiden Katholikoi, 1995 wurde der Katholikos von Kilikien zum 131. Katholikos aller Armenier gewählt und als Karekin I. inthronisiert, dennoch bleiben Spannungen zwischen Beirut und Etschmiadsin bestehen.

Der neue armenische Staat anerkennt die Armenische Kirche, aber in der Hauptstadt Yerevan gibt es von dereinst über hundert nur noch sechs geöffnete Kirchen. In der Sowjetzeit wurden alle Klöster - einst tragende Stütze der Kirche - aufgelöst. Neue Seminare zur Priesterausbildung sollen nun dem Fehlen des Nachwuches bei den Geistlichen abhelfen.

Die Armenische „Surp-Giragos-Kathedrale” in Diyarbakır in der Türkei. Um 1900 lebten 35.000 Armenier in Diyarbakır, 1927 gerade noch 3000; in den 1970er-Jahren nahm deren Zahl nocheinmal dramatisch ab, die Kirche wurde 1980 geschlossen, aber ab 2009 - einschließlich Kirchturm - wieder aufgebaut; seit 2011 finden hier wieder regelmäßig Gottesdienste statt
Die Armenische Surp-Giragos-Kathedrale in Diyarbakır in der Türkei. Um 1900 lebten 35.000 Armenier in Diyarbakır, 1927 gerade noch 3000; in den 1970er-Jahren nahm deren Zahl nocheinmal dramatisch ab, die Kirche wurde 1980 geschlossen, aber ab 2009 - einschließlich Kirchturm - wieder aufgebaut; seit 2011 finden hier wieder regelmäßig Gottesdienste statt

Die Armenische Kirche steht in kirchlicher und sakramentaler Gemeinschaft mit den anderen altorientalischen Kirchen. Die Katholikate Etschmiadsin und Beirut sind beide - aber getrennt - Mitglieder im Ökumenischer Rat der Kirchen; das Katholikat Etschmiadsin arbeitet in der Konferenz Europäischer Kirchen, das Katholikat Beirut im nahöstlichen Kirchenrat mit. Schon in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts gab es Kontakte mit dem Papst in Rom. Beim Besuch des Katholikos von Etschmiadsin, Karekin I., bei Papst Johannes Paul II. im Jahr 1996 wurde ein Dokument unterzeichnet, wonach die Fragen über die Natur Christi nicht mehr kirchentrennend seien. Beim Besuch von Katholikos Karekin II. im Jahr 2000 bezeichneten sich Papst und Katholikos als Brüder im Episkopat; wichtig für die Armenier war die dabei erfolgte Rückgabe einer Reliquie ihres Begründers Gregor des Erleuchters, die in einem Kloster bei Neapel verwahrt war. Auch mit der Russisch-Orthodoxen Kirche vereinbarte Karekin II. einen Dialog.

Heute gibt es weltweit ca. 7 Millionen armenische Christen, davon leben 3,3 Millionen in Armenien, 1,2 Millionen in Georgien und Russland, 1 Million in den USA und Kanada, 700.000 in West- und 100.000 in Osteuropa. Im Nahen und Mittleren Osten leben etwa 650.000 Armenier, in der Türkei gibt es gerade noch 60.000. Nach Deutschland kamen Glieder der Armenischen Kirche v. a. als Gastarbeiter aus der Türkei. Ab 1965 war ein Priester mit Sitz in Köln für sie zuständig, 1991 wurde dort eine Diözese für Deutschland gebildet, geleitet von Erzbischof Karekin Bekdijan in Köln. Im Jahr 2000 lebten etwa 35.000 armenische Christen in Deutschland.

Das Jahr 2001 wurde von Staat und Kirche gemeinsam als 1700-jähriges Jubiläum und als 10-jähriges der Neugründung des Staates gefeiert, Bischöfe wurden geweiht und in Yerevan die neue Kathedrale St. Gregor der Erleuchter geweiht.

1 Schon im Jahr 246 erhob allerdings das kleine Königreich Nisibis - das heutige Nusaybin in der Türkei - an der Ostgrenze des römischen Reiches das Christentum zur Staatsreligion.

Armenischer Kalender
Armenischer Kalender 2005 - 2009





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 15.02.2022

Quellen:
• Martin Bräuer: Jubiläum der Armenisch-Apostolischen Kirche. In: Materialdienst des Konfessionskundlichen Instituts 2/2001. Bensheim 2001
• Christa Grengel, Andreas Maurer: An den Orten ihres Ursprungs. In: Evang. Missionswerk in Deutschland (Hg.): Geschwister im Glauben. Hamburg 2001
• Leo Strohm: 2000 Jahre Christentum, Kreuz-Verlag und Pattloch-Verlag, Stuttgart 1999
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 5., Herder, Freiburg im Breisgau 1996

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.