Ökumenisches Heiligenlexikon

Bernhardin von Siena

italienischer Name: Bernardino

1 Gedenktag katholisch: 20. Mai
nicht gebotener Gedenktag
Fest im Orden der Franziskaner-Observanten
gebotener Gedenktag im Orden der Franziskaner-Minoriten und im Kapuzinerorden Gedenktag III. Klasse      Im alten Messbuch entspricht die III. Klasse einem gebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Die Feste III. Klasse sind außerhalb der geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit, Osteroktav) immer zu feiern, wenn sie nicht von einem Fest I. oder II. Klasse verdrängt werden. Innerhalb der geprägten Zeiten können sie in der Regel nur kommemoriert, aber nicht gefeiert werden.

Übertragung der Gebeine 1472: 17. Mai
Tag der Heiligsprechung: 19. Mai

Name bedeutet: der Bärenstarke (althochdt.)

Ordensmann, Volksprediger
* 8. (?) September 1380 in Massa Marittima in Italien
20. Mai 1444 in L'Aquila in den Abruzzen in Italien


Taufstein, an dem Bernhardin getauft wurde, in  der Kathedrale in Massa Marittima
Taufstein, an dem Bernhardin getauft wurde, in der Kathedrale in Massa Marittima

Bernhardin entstammte der adligen Sieneser Familie der Albizzeschi, er war der Sohn des Tollo di Dino di Bando und der Nera di Bindo degli Avveduti. Nach dem frühen Tod seiner Eltern wurde er von seiner Tante Diana bis 1391 in Massa Marittima aufgezogen und kam dann 1391 zu seinem Onkel Cristoforo degli Albizzeschi nach Siena; hier studierte er an der Universität Zivil- und Kirchenrecht, blieb aber ohne Abschluss. Beim Ausbruch der Pest von 1397 pflegte er Kranke im damaligen Krankenhaus Santa Maria della Scala und vollbrachte dabei auch wundersame Heilungen, dann trat er 1402 an der Kirche San Francesco den Franziskaner-Minoriten bei.

Kirche und Kloster San Bernardino da Siena „dell'Osservanza” an der Stelle des von Bernhardin errichteten Vorgängerbaus
Kirche und Kloster San Bernardino da Siena dell'Osservanza an der Stelle des von Bernhardin errichteten Vorgängerbaus

Noch vor seiner Priesterweihe im Jahr 1404 trat Bernhardin zu den Franziskaner-Observanten - dem strengeren Zweig des Ordens - an der im Jahr zuvor gegründeten, außerhalb der Stadt liegenden und heute nach ihm benannten Kirche San Bernardino da Siena - auch: dell'Osservanza - über und führte diesen Ordenszweig in der Folge zur Blüte. Dann lebte er mit einigen Brüdern im - heute in Ruinen liegenden - Kloster Colombaio am Monte Amiata in nahe Seggiano bei Siena. Ab 1405 zog er als Volksprediger durch Mittel- und Norditalien; 1410 bis 1413 war er in Padua, in dieser Zeit wurde er selbst von der Pest befallen, überwand aber die Krankheit.

Antonio Raggi: Statue im Dom in Siena
Antonio Raggi: Statue im Dom in Siena

1413 übernahm er den Pförtnerdienst im Konvent in Fiesole. 1415 wurde er Leiter der Ordensobservanz für Umbrien und die Toskana mit Sitz im Kloster San Francesco del Monte in Perugia. Ab 1417 wanderte er wieder als Bußprediger lehrend durch Italien; seine Erfolge erregten den Neid von Gegnern, wegen der von ihm angeregten Verehrung des Namens Jesu, für die er das Symbol IHS geschaffen hatte, leiteten sie 1423 einen Häresieprozess ein.

Dionisio Montorselli: Bernhardin predigt, um 1700, in der Kirche San Francesco in Siena
Dionisio Montorselli: Bernhardin predigt, um 1700, in der Kirche San Francesco in Siena

In Perugia hielt Bernhardin 1425 eine berühmte Predigt und lebte zeitweise im Konvent Monteripido der Franziskanerobservanten; dort wird er noch heute besonders verehrt. 1426 wurde er von Papst Martin V. zur Verhandlung nach Rom vorgeladen und freigesprochen; der Papst wollte ihn nun zum Bischof von Siena berufen, was Bernhardin ablehnte. 1427 hielt er dennoch in dieser Stadt 45 Tage lang seine wohl schönsten Predigten auf der Piazza del Campo, die mitgeschrieben wurden und überliefert sind.

Rathaus und Piazza del Campo in Siena
Rathaus und Piazza del Campo in Siena

Zahlreiche Wunder und Heilungen werden Bernhardin zugeschrieben. Bei einer seiner Predigten sei der Namenszug Christi in einer Strahlensonne über seinem Haupt gesehen worden; die Buchstaben IHS - ursprünglich die griechischen Buchstaben für Jesus - werden ausgelegt als Jesus - Hominum - Salvator oder in deutschen Darstellungen als Jesus - Heiland - Seligmacher; durch Bernhardin fand das Monogramm IHS im Abendland weite Verbreitung: er stellte am Ende seiner Predigten immer eine Tafel mit diesem Namenszug in goldenen Buchstaben, von Sonnenstrahlen umringt, zur Verehrung. Ignatius von Loyola wählte rund 100 Jahre später dieses Zeichen zum Wappen des Jesuitenordens.

Sano di Pietro: Bernardino predigt auf der Piazza del Campo in Siena, 1445, im Dommuseum in Siena
Sano di Pietro: Bernardino predigt auf der Piazza del Campo in Siena, 1445, im Dommuseum in Siena

Bernhardin reiste nach Arezzo, 1428 nach Mailand, 1429 nach Venedig, um dort zu predigen. Wieder erkrankte er schwer, konnte aber geheilt weiterreisen nach Umbrien und in die Romagna. Erneut wurde er der Häresie bezichtigt; Papst Eugen IV. sprach ihn 1432 abermals von der Anklage frei und bot ihm nun das Amt des Bischofs von Ferrara an, das Bernhardin wieder ablehnte. Noch einmal wegen Häresie angeklagt, diesmal vor König Siegmund, wurde er wiederum rehabilitiert, gewann sogar die Freundschaft des Herrschers und begleitete ihn 1433 zur Kaiserkrönung nach Rom. Seine Predigtreisen führten ihn nun in die Marken, 1434 nach Siena, in die Lombardei und nach Ligurien. 1435 lehnte er den Bischofssitz von Urbino ab. Trotz vieler Polemik in der Auseinandersetzung mit Brüdern des eigenen Ordens, der schwer unter seiner Spaltung litt, führte Bernhardin seine Politik der Versöhnung mit dem anderen, weniger strengen Ordenszweig der Konventualen fort.

Das 1451 erbaute, Bernhardin geweihte Oratorium neben der früheren Franziskanerkirche in Perugia
Das 1451 erbaute, Bernhardin geweihte Oratorium neben der früheren Franziskanerkirche in Perugia

Sein Orden der Franziskaner-Observanten ernannte Bernhardin 1438 zum Generalvikar. Zusammen mit seinem Schüler Johannes von Capestrano bemühte er sich um die Einführung der strikten Observanz im ganzen Orden und war in mehr als 500 Klöstern tätig. 1439 nahm er an den Verhandlungen mit den Orthodoxen Kirchen um eine Kircheneinheit auf dem Konzil in der Kirche Santa Maria Maggiore in Florenz teil; in dieser Zeit wohnte er im Konvent an San Salvatore al Monte jenseits des Arno. 1442 legte er die Ordensleitung nieder. Hauptarbeit wurde ihm wieder die Predigttätigkeit, in den letzten Jahren seines Lebens in den Marken, in Umbrien, in der Toskana, in Rom, in der Lombardei, der Gegend um Venedig und in der Emilia; auf einer solchen Reise starb er im Konvent an der damaligen Kirche San Francesco in L'Aquila.

Silvestro dell'Aquila, Angelo di Marco und Salvato Romano: Bernhrdins Grab in der Basilika San Bernardino in L'Aquila
Silvestro dell'Aquila, Angelo di Marco und Salvato Romano: Bernhrdins Grab in der Basilika San Bernardino in L'Aquila

Bernhardin wurde zunächst in der damaligen damaligen Kirche San Francesco in L'Aquila bestattet. Johannes von Capestrano sorgte dann für den Bau der würdigen Grabstätte für Bernhardin, der 1454 bis 1472 errichteten Kirche San Bernardino in L'Aquila, in die der Leichnam 1472 übertragen wurde.

Bernhardin wirkte Frieden stiftend in italienischen Städtekriegen und wurde schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrt. Sein Ruhm beruht aber vor allem auf seinen Predigten in der Sprache des Volkes, die von seinen Hörern gesammelt und überliefert wurden. Sie beschäftigen sich mit dem familiären, sozialen und politischen Leben jener Zeit und waren auch den ersten humanistischen Strömungen gegenüber aufgeschlossen, sie überzeugten durch ihre Klarheit und ihren gesunden Menschenverstand, waren reich an Beispielen, kräftigen Tönen und witzigen Aussprüchen.

Auf Lateinisch schrieb Bernhard Fastenpredigten: De vita christiana, Vom christlichen Leben 1425 - 1430; De christiana religione, Von der christlichen Religion 1430 - 1436; De evangelio aeterno, Vom zeitlosen Evangelium 1430 - 1437; De Beata Virgine, Über die selige Jungfrau 1430 - 1440; De spiritu sancto et de inspirationibus, Vom heiligen Geist und dessen Wirken 1442 - 1444. Daneben stehen seine Werke, in denen er die religiösen, ethischen und mystischen Lehren des Franziskanerordens zusammenfasste.

Reliquien von Bernhardin werden in der früher ihm geweihten Kirche - der heutigen Kirche della Compagnia del Corpus Domini - in Seggiano bewahrt.

Nachdem zwischen 1450 und 1467 in Hinterrhein an der Nordseite des Passes eine Kapelle zu Ehren von Bernhardin erbaut wurde, erhielt der zuvor Vogelberg genannte Pass im schweizerischen Kanton Graubünden seinen Namen San-Bernardino-Pass. Trotz der Namensähnlichkeit besteht keine Beziehung zu den Pässen Grosser und Kleiner Sankt Bernhard.

Passhöhe und das 1824 - 25 gegründete Hospiz San Bernardino
Passhöhe und das 1824 - 25 gegründete Hospiz San Bernardino

Kanonisation: Bernhardin wurde schon am 24. Mai 1450 durch Papst Nikolaus V. heiliggesprochen.
Attribute: Buch und Kruzifix, Strahlensonne mit den Buchstaben J H S

Antonio Vivarini (zugeschrieben): Bernhardin mit Hieronymus (links) und Ludwig von Toulouse (rechts), um 1468 (?), in der Kirche San Francesco della Vigna in Venedig
Antonio Vivarini (zugeschrieben): Bernhardin mit Hieronymus (links) und Ludwig von Toulouse (rechts), um 1468 (?), in der Kirche San Francesco della Vigna in Venedig

Patron von L'Aquila, Massa Marittima und Morano Calabro bei Cosenza; der Wollweber und Werbetreibenden; gegen Heiserkeit, Brust- und Lungenkrankheiten, Blutungen


Worte des Heiligen

Selbst ein herausragender Prediger, gibt Bernhardin auch anderen Verkündern Hinweise, wie sie predigen sollen:
Für eine Predigt ist dreierlei zu berücksichtigen:
1. Der Prediger; hier meine ich: Der, der predigt, braucht die Beauftragung, dass er predigen kann und muss.
2. Auch braucht der Prediger den Stoff für seine Ansprache und er müsste sie so gut erklären, dass sie geeignet ist, den Geist zu erhellen und nicht, ihn zu verwirren oder zu verdunkeln.
3. Es braucht auch den Hörer: Dieser Hörer sollte fähig sein, verstehen zu können, er sollte auch dazu bereit sein, lernen zu wollen.
Aus diesen drei Verpflichtungen erwachsen die Einsichten der Seele.


Bernhardin fordert weiter, dass der Prediger die Lehre Christi auf eine Weise verkünden soll, dass ein jeder sie verstehen kann, und führt ein Negativbeispiel an, wie es nicht sein soll: Es ist gut für uns, wenn wir nicht so handeln wie es einem Bruder unseres Ordens widerfahren ist: … Er war ein sehr tüchtiger Prediger und sprach so fein, so überaus fein, dass es ein Wunder war; feiner als das fein gesponnene Garn eurer Töchter. Und dieser Bruder hatte einen Mitbruder, der das Gegenteil von ihm war: Er war so grob und ungebildet, dass es eine Schande war. … Als er einmal die Predigten dieses seines Mitbruders gehört hatte, begab er sich in den Kreis der übrigen Mitbrüder und sagte: Wart ihr heute Vormittag bei der Predigt meines Mitbruders, der so edel gesprochen hat? Sie fragten ihn: Was hat er denn gesagt? O, er sagte die edelsten Dinge, die ihr je gehört habt! Aber sag uns doch, was er gesagt hat! Er antwortete: Er sprach so hoch, dass ich nichts davon verstanden habe.

Kern der Predigt sollte die Verehrung des Namens Jesu sein:
Der Name Jesus ist der Glanz der Prediger, weil er das Verkündigen und das Hören des Gotteswortes zum hellen Leuchten bringt. Woher, meinst du, kommt auf dem ganzen Erdkreis so schnell und glühend das Licht des Glaubens, wenn nicht dadurch, dass Jesus verkündigt wird? Hat Gott uns nicht durch das Licht und die Lieblichkeit dieses Namens in sein wunderbares Licht gerufen (1. Petrusbrief 2, 9)? … Daher muss dieser Name verkündet werden, damit er leuchtet und nicht verschwiegen wird. Aber auch in der Predigt darf der Name nicht mit einem unreinen Herzen und einem befleckten Mund ausgesprochen werden. Er muss in einem erlesenen Gefäß aufbewahrt und aus ihm heraus verkündet werden.

Quelle: Bernardino da Siena: Prediche volgari, a cura di C. Delcorno, Vol. 1. Milano 1989, S. 142 - 144: eigene Übersetzung
Bernardino da Siena: Sermo de glorioso nomine Domini nostsro Jesu Cnristi, c. 2. = Opera omnia, Bd. 4. Quaracchi 1956, S. 505f, zitiert nach Monastisches Lektionar um 20. Mai

Zitate von Bernhardin von Siena:

Freunde hinterlassen ein Zeichen, vielleicht einen Ring, aber Christus hinterlässt uns Seinen Leib und Sein Blut, Seine Seele und Seine Gottheit, sich Selbst, ohne etwas zurückzubehalten.
Die Frömmigkeit ist ein Würze für alle Tugenden, die ein Mensch haben kann.
Gebet ist das Erheben des Geistes zu Gott.
Gott hat dir zwei Ohren und eine Zunge gegeben, damit du mehr hörst als sprichst.
Wer klar spricht, hat eine klare Seele. Wenn einer dunkel spricht, deutet dies eine dunkle Seele an.

Quelle: Frasi di Bernardino da Siena - https://le-citazioni.it/autori/bernardino-da-siena; eigene Übersetzung

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Die Kirche San Francesco in Siena ist täglich von 7.30 Uhr bis 12 Uhr und von 15.30 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. (2022)
Die Kirche San Bernardino da Siena ist täglich von 9 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. (2022)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 29.03.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• http://www.catholic-forum.com/saints/saintb13.htm nicht mehr erreichbar
• http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8810.php - abgerufen am 17.10.2022
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 2. Herder, Freiburg im Breisgau 1994
• Friedrich Wilhelm Bautz. In: Friedrich-Wilhelm Bautz (Hg.): Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bd. I, Hamm 1990

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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