Warbede
auch: Borbet, Vorbetta
Gedenktag katholisch: 16. September
Name bedeutet: die Besitz Verteidigende (althochdt.)
Die drei Jungfrauen Embede, Wilbede und Warbede wurden der Überlieferung nach von den Hunnen erschlagen.
Im ehemaligen Bergkloster in Worms werden Embede, Wilbede und Warbede als Töchter eines Frankenkönigs verehrt, an anderen Orten mit teilweise abgewandelten Namen und anderer Legende, so am Niederrhein als Ambet, Wilbet und Worbet in der Kirche St. Alto in Leutstetten in Oberbayern als Ainpet, Gberpet und Firpet, in der früheren Kloster- und heutigen Pfarrkirche in Schlehdorf am Kochelsee als Einbetha, Wolbetha und Vielbetha, in Klerant / Cleran - einem kleinen Bergdorf, heute ein Stadtteil von Brixen - in Südtirol als Ampet, Gewer und Bruen, in der Kirche in Meransen / Maranza in Südtirol als Aubet, Guere und Cubet.
In Frauweiler - einem heute abgegangenen Ort bei Bedburg -, wo um 1500 durch die Bedburger Augustiner-Eremiten ein Lucia geweihtes Frauenkloster gegründet wurde, war die Verehrung von diesen dreien sowohl unter diesen Namen als auch unter den lateinischen Namen Caritas, Fides und Spes, den Töchter dern Sophia, bekannt. In Frauweiler galt ebenso wie z. B. in Wickrath - heute Stadtteil von Mönchengladbach - der 1. August als Festtag, als Attribute galten Fruchtschale, Schwert und Grill. Auf ähnliche Wurzeln gründet sich die Verehrung der drei heiligen Madl.
Im Kölner Hinterland lag in römischer Zeit
der Schwerpunkt des Matronen-Kultes, wobei die Matronen stets drei Frauen waren, von denen zwei eine Haube trugen, nicht
aber die jüngste; auch Fruchtschalen sind auf den römischen Weihesteinen zu finden. Die drei Matronen sind Repräsentanten
der drei Lebensabschnitte Jungfrau, Mutter und Greisin. In der Region ist in der mündlichen Tradition noch lebendig, dass
auf den Feldern die drei weißen Frauen
umgehen, denen man etwa in
Neukirchen - heute Stadtteil von Grevenbroich -
noch um 1800 die letzte Garbe auf dem Feld übrig ließ.
Die drei Bethen werden meist als gütigen Frauen beschrieben, die durch die Lande ziehen, weisen Rat erteilen, Gaben
schenken und mit denen man auch über das Schicksal reden oder verhandeln kann. Die Menschen glaubten an die Kraft der
Bethen und wandten sich an sie bei Angelegenheit in Sachen Fruchtbarkeit bei Mensch, Tier und Feldern, für den Schutz
der Arbeit bei allen Erntezyklen, bei Geburten, Krankheiten und Tod. Die Namen
Embede, Wilbede und Warbede gehen auf
die keltische Tradition zurück, unter dem Einfluss des Christentums wurden Motive ihrer Verehrung oft auf
Fides, Spes und
Caritas übertragen; zur Zeit der Kreuzzüge
wurde der Bethen-Kult auch in die Verehrung der drei Heiligen Mädchen
übernommen. Die drei Bethen treten oft am Ende der Raunächte in der Nacht zum 6.
Januar auf; das ist auch die große Zeit der Percht, weswegen die Bethen oft auch Perchten
genannt werden. Sie
segnen Haus, Hof, Mensch und Vieh.
Die Silbe Beth
in Embede,
Wilbede und Warbede ist der keltische Name der Erdgöttin, der sich bis heute
in dem Wort Bett
erhalten hat, denn ursprünglich schliefen die Menschen auf der Erde. Auch die Blumen wachsen aus
dem Beet
. Beten
und bitten
ist davon abgeleitet und heißt eigentlich die Göttin anrufen
. Die
Beteltänze
und Bettelumzüge
aus dem Mittelalter, die Bettelstege
auf Wanderwegen, auch der Bittgang
sind von den Bethen abzuleiten. In der Butter
findet sich eine weitere Abwandlung des Wortes wieder, deshalb kommen
in vielen Märchen und Sagen melkende und butternde Frauen vor und manche solcher Sagen erinnern an eine matriarchale Zeit.
Religionsgeschichtlich gesehen handelt es sich bei den drei Bethen vermutlich um die ältesten Zyklus-Göttinnen unseres Kulturraums, ähnlich wie Isis oder Artemis. In der Volksfrömmigkeit vom 12. bis ins 20. Jahrhundert spielten sie eine Rolle als Hüterinnen von Quellen und Bäumen sowie als Patroninnen für gutes Wetter, reiche Ernte und Frauen mit Kinderwunsch. Die Kirche hatte Probleme mit den drei Bethen, viele kirchliche Handschriften, Bußordnungen und Visitationsprotokolle berichten indirekt von der Bekämpfung ihres Kults; die Acta Sanctorum verzeichnen sie dennoch als Heilige.
Damit reihen sie sich in die Überlieferungsgeschichte der großen Schicksalsgöttinnen wie der drei griechischen Moiren, der germanischen Nornen oder der römischen Parzen. In der slawischen Mythologie gibt es die drei Himmels- und Lichtgöttinnen Zorya - albanisch Fati, rumänisch Ursitori, serbokroatisch Sudice, slowenisch Rojenice und tschechisch Sudicky.
Der
Dom in Worms ist täglich von 9 Uhr bis 17.45 Uhr,
im Winter von 10 Uhr bis 16.45 Uhr zur Besichtigung geöffnet. (2019)
Die kleine Kirche in Klerant wird von deb
Einwohnern betreut und ist meist geöffnet.
Web 3.0 - Leserkommentare:
Zu den - vor allem in feministischen Kreisen kursierenden -
Beden
habe ich folgendes mit einem Wörterbuch Walisisch-Englisch
feststellen können:
Ambet: amwas [gesprochen ambas] = charity [caritas, Nächstenliebe]
Wilbet: ffidlondeb [gesprochen fielondeb] = fidelity [fide, Treue]
Worbet: [g]orbaith [gesprochen [g]orbäß] = hope [spes, Hoffnung]
Quelle: Geiriadur Cymraeg-Saesneg a Saesneg-Cymraeg gan T. Gwynn ac
Arthur ap Gwynn, Caerdydd 1953 [Cardiff, Wales]
Im Walisischen mutiert je nach grammatikalischer Stellung
der Anlaut, so dass es sowohl orbaith
als auch gorbaith
im selben Satz
heißen kann. Die Lautverschiebung von g zu w kennen wir in Garantie
,
engl. warranty
, oder guerre
, engl. war
. Vor diesem
Hintergrund kann die Formel Ambet, Wilbet und Worbet
nur als
Assimilation dreier keltisch-stämmiger Allegorien zu sehen sein, die
keine Eigennamen darstellen, sondern lediglich im Auslaut sich an dem
biblischen Frauennamen Elisabeth orientierten und die ähnlichen Auslaute
einheitlich zu -beth
, bzw. -bed
gemacht haben. Da ich
einen keltischen Vornamen um 1200 noch bei Neuss
finden konnte, der im Bewusstsein der Bedeutung gewählt wurde
(Harper von Helpenstein, Ritter, wobei harper
im Bretonischen heißt:
celui, qui aide
, also Helfer
), ist die Parallelität
zwischen Kirchenlatein und volkstümlichem Namen nichts besonderes.
Die Matronen wurden wahrscheinlich am 1. August (dem keltischen Lugnasad-Fest, einem der vier Hauptfeste)
verehrt. Die Umdeutung erfolgte nicht in christliche Personen, sondern in Allegorien aus dem Brief an die Korinther (sog.
Hohes Lied der Liebe
nach Paulus). An der Ruhr zwischen
Düren und
Roermond hießen die drei Jungfrauen Mergen
,
Marien
mit den Beinamen Pellmerge
, Schwellmerge
und
Krieschmerge
. Die Pellmerge
wurde angerufen, wenn es Hautkrankheiten gibt (die Pelle
ausschlägt), die
Schwellmerge
, wenn der Bauch schwillt (d. h. die Frau schwanger ist, bzw. wenn sie nicht schwanger werden will
trotz ehelichem Verkehr), während die Krieschmerge
angerufen wurde, wenn die Kleinkinder am kriesche
waren,
das heißt Schreikinder waren (von Koliken wusste man noch nichts).
Dazu: Sagen, Märchen und Schwänke des Jülicher Landes, Aus dem Nachlaß Heinrich Hoffmanns, hrsg. Gottfried Henßen,
1955, S. 175 ff: Die drei Frauen in der Legende; dazu der Abschnitt S. 138 ff: Die Juffern (hier werden allerdings die
Juffern
= Mehrzahl, stets anonym, mit der Juffer
, die in der Regel mit einer historischen Person
identifiziert wird, zusammen behandelt).
In Helden im Bergischen Land
gibt es eine romanische Krypta, in der auf zwei mittelalterlichen Wandmalereien Embede und
Notburga zu sehen waren, die leider durch
amerikanische Soldaten 1945 als Zielscheibe für pietätslose Schießübungen benutzt wurden, so dass sie heute völlig zerstört
sind. Dort gab es weiter eine Holzfigur, die Griescha
genannt wurde. Dort betete man, wenn Kinder zahnten
(also Kriescher
/ Kreischer waren).
Noch merkwürdiger wird es mit dem germanischen Gott Wotan. Die Legende von Bonn-Bad Godesberg
sagt, dass der dortige Berg, der seit dem 13. Jahrhundert die
Godesburg der Erzbischöfe von
Köln trägt, ursprünglich Wodansberg
hieß
und eine Kultstätte des Germanengottes sein sollte. Vor der Godesburg liegt außerhalb der Burgmauer eine
Michael geweihte
Kapelle, die in ihrem Fundament aus dem 10.
Jahrhundert stammen soll. Nun habe ich ermittelt, dass auf
Sylt der Wotanskult noch heute mit Feuern zum
22. Februar (Petri Stuhlfeier) begangen wird. Manche führen
den Brauch, zum Erlöschen des Feuers auch eine Strohpuppe in die Flammen zu werfen, die Pietermann
heißt, auf die
Reformation und das Ablehnen des römischen Primates (wie gesagt, Termin ist Petri Stuhlfeier) zurück. Aber in
Bedburg wird dieser Brauch auch geübt, allerdings
zur Kirchweih. Die Strohpuppe heißt hier Zacheies
(Zacharias, der Held des Kirchweih-Evangeliums). Die Wotansfeuer auf Sylt
werden zum Sonnenuntergang am Vorabend des 22. Februar angezündet. Und nun das Überraschende: Steht man am Altar der
Michaelskapelle des Godesberges zu Bonn und schaut durch die Kapellentür auf die Ausläufer der Ville, erblickte man im
9. Jahrhundert exakt in der Kapellenachse den Sonnenuntergang am Wotanstag (22. 2.). Die Kapellenachse zeigt also nicht
in Ost-West-Richtung, sondern ist deutlich daraus verdreht. Dass Michael als Himmelswächter / Drachentöter gerade das
besiegt, was durch Wotan repräsentiert wird, ist ja nicht so verwunderlich; dass aber die christliche Kirche so gebaut
wird, dass heidnische Rituale dort nachvollzogen werden können, ist schon erstaunlich.
In der Tat gibt es noch einige Petrus-Kirchen, die auch so gebaut sind, dass man um das Fest Petri Stuhlfeier in der Achse der Kirche vom Altar durch die Türe hinaus zum Horizont den Sonnenuntergang beobachten kann. Ob es sich um christianisierte Wotans-Kultorte handelt, ist mir allerdings nicht bekannt. Zumindest zeigt diese Beobachtung, dass man es im Zuge der Christianisierung Deutschlands mit Festen, Kulten und Heiligen nicht so streng historisch nahm, wie es viele heute gerne sehen würden.
Christian Wiltsch über E-Mail, 29. September 2010
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
Unterstützung für das Ökumenische Heiligenlexikon
Artikel kommentieren / Fehler melden
Suchen bei amazon: Bücher über Warbede
Wikipedia: Artikel über Warbede
Fragen? - unsere FAQs antworten!
Impressum - Datenschutzerklärung
Schauen Sie sich zufällige Biografien an:
Sara die Einsiedlerin
Gerwin von Saint Riquier
Victor Gefährten
Unser Reise-Blog:
Reisen zu den Orten, an denen die
Heiligen lebten und verehrt werden.
Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 22.09.2024
Quellen:
•
• Christian Wiltsch, E-Mail vom 29. September 2010
• http://www.hanna-strack.de/die-drei-bethen/
• http://www.artedea.net/bethen-die-heiligen-drei-madln
• Karl Gruber: Die Pfarrkirche von Meransen. Tappeiner Verlag, Lana 1997
• Avta Sanctorum zum Tage
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.