Ökumenisches Heiligenlexikon

Hinweise zu Stadlers »Heiligen-Lexikon« Abkürzungen

Die »Märtyrerakten«

III. Von den kirchlichen Heiligenbüchern oder den Martyrologien etc.

57. Wie wir bereits oben gehört haben, war die Verehrung der hhl. Martyrer schon in der ersten Zeit der Kirche auf's engste mit dem Cultus verbunden. Es ist hier nicht der Ort, den innigen wesentlichen Zusammenhang beider ausführlicher zu erörtern, wir weisen deßfalls auf jene Schriften, welche das innere Leben des kathol. Cultus behandeln; hier sei nur bemerkt, daß die Kirche mit allem Eifer den Todestag der Martyrer beging und die Namen der hhl. Blutzeugen nach ihren Sterbetagen in eigene Bücher eintrug, die bei den Lateinern Kalendarii oder Fasti hießen, bei den Griechen aber Diptycha. 1 Jede Kirche ließ es sich angelegen seyn, die Sterbetage ihrer hhl. Bischöfe und Martyrer anzumerken, und waren hiezu von dem Bischofe meistens eigene KlerikerEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien. der Diöcese beauftragt. Wir sehen dieß aus einer Stelle des 37. Briefes des hl. Cyprian an seine Geistlichen, worin er ihnen befiehlt, die Tage genau aufzuzeichnen, wann die Bekenner im Kerker gestorben seien, oder auf dem öffentlichen Platze gelitten hätten, damit die Kirchen jährlich diese Tage durch Opfer und heil. Gebete feiern könnten. Aus diesen Kalendern oder Fasti entstanden bei den Lateinern die Martyrologien, und bei den Griechen aus den Diptychendie Menologien.

58. Die Martyrologien enthalten nicht, wie die Kalender, die einfachen Namen des Martyrers, sondern auch den Ort, wo er gelitten und nicht selten die Art des Martyrthums selbst mit einigen nähern Umständen; auch enthalten sie nicht nur die Martyrer einer einzelnen Kirche, sondern dehnen sich auf mehrere, oder auch auf die ganze Kirche Gottes aus; auch bezeichnen sie nicht allein jenen Martyrer, dessen Fest gerade gefeiert wird, sondern überhaupt Alle, welche an diesem Tage gelitten haben, soweit sie zur Kenntniß des Sammlers gekommen sind. Anfänglich wurden, was schon der Name besagt, den Martyrtod erlitten haben; allein bald kamen dazu auch die hhl. Bekenner, die hhl. Bischöfe, endlich die Beichtiger, Mönche, Jungfrauen und überhaupt Alle, welche die Kirche als Heilige anerkannte. Als dann die Sitte aufkam, ausführlichere Lebensbeschreibungen der Heiligen bei öffentlichen Gottesdiensten vorzulesen, so unterschied man dabei zwischen Passionalia (Leben der hhl. Martyrer) und Legenda (Leben der Heiligen überhaupt). Die Griechen nannten solche zum Vorlesen beim Gottesdienste bestimmte Heiligen-Leben Synaxaria, entweder nach dem Gottesdienste (Synaxis) so genannt, oder weil sie nicht ganz, sondern nur im Auszuge, etwa wie die Lectionen der II. Nocturn unseres Breviers, vorgelesen wurden. - Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch von den verschiedenen Gattungen der Heiligen, wie wir sie eben genannt haben, Einiges anführen: Martyrer 2 stammt vom Griech. Martyr und heißt eigentlich ein »Zeuge«, dann »Blutzeuge«. So wurden in den ersten christlichen Jahrhunderten nichtblos diejenigen genannt, welche für das Bekenntniß Jesu Christi ihr Blut vergossen und den Tod erlitten hatten (eigentliche Blutzeugen), sondern auch solche, welche um des Glaubens willen nur körperliche Mißhandlungen, Schmerzen und Martern erduldeten, oder im Gefängniß und in der Verbannung gestorben waren. »Bekenner« hießen dann diejenigen, welche den christlichen Glauben vor dem Richter muthvoll bekannten, ohne dafür Martern zu erdulden. Später nannte man nur die eigentlichen Blutzeugen »Martyrer«, die übrigen aber »Bekenner«, und als die Christen-Verfolgungen aufhörten, wurde der Name »Confessor« (»Bekenner«, in älterer Sprache auch »Beichtiger« genannt) auf jene Heiligen übertragen, welche ihr Bekenntniß des Glaubens und der Liebe zu Christus durch einen heiligen Lebenswandel bis zum Tode abgelegt haben, so daß jetzt in der kirchlichen Liturgie der Name »Confessor« sämmtliche männliche Heilige bezeichnet, die nicht den Martyrern (Blutzeugen) angehören. Diese Confessores sind nun entweder »Bischöfe« (Pontifices), oder nicht Bischöfe (non Pontifices), unter welchen alle übrigen männlichen Heiligen (Priester, Aebte, Mönche, Einsiedler etc.) verstanden werden. Die »Jungfrauen« (Virgines) sind entweder Martyres oder non Martyres; zu den weiblichen Heiligen gehören dann auch noch die hhl. Wittwen (Viduae) und die hhl. Büsserinnen (Poenitentes).

59. Das älteste Beispiel solcher Martyrologien haben wir aus Afrika, wo auf Betreiben des hl. Cyprian Verzeichnisse der Martyrer verfaßt wurden; doch gleichen sie anfänglich noch mehr den Kalendarien oder Diptychen, als unsern Martyrologien, indem häufig der Ort und die Art der Marter fehlen, was daher kam, daß man wegen der zu großen Zahl der Martyrer bei den stürmischen Zeiten Anfangs nur die Namen aufschrieb, in der Hoffnung, bei einem günstigern Zeitpuncte das Uebrige zu ersetzen. Aus den Verzeichnissen der einzelnen Kirchen entstanden mit der Zeit die größern Martyrologien, die, sich nicht beschränkend auf einzelne Gegenden, die Namen der Martyrer aus allen Ländern und Provinzen, aus allen Zeiten etc. mit Beisetzung des Ortes, des Kaisers oder Landpflegers und der Art, wie sie gelitten, auffaßten. Ein solches Martyrologium bestand in Rom schon zu Gregors des Großen Zeiten, wie dieß aus dem schon erwähnten Briefe an den Patriarchen Eulogius von Alexandria hervorgeht, worin er ganz deutlich sagt, daß sie daselbst ein Verzeichniß aller hhl. Martyrer haben, in dem nicht nur die Namen der Martyrer, sondern auch der Ort und die Zeit ihres Martyriums angegeben werden und die auf die einzelnen Tage vertheilt sind. 3 Hienach war zu seiner Zeit bei der römischen Kirche ein kurzes Verzeichniß der Martyrer aus verschiedenen Ländern und Provinzen, wie auch aus verschiedenen Zeiten längst im Gebrauche. Dabei wird noch weiter klar, daß dieses Martyrologium kein Privatverzeichniß bloßer römischer Martyrer gewesen sei, sondern ein allgemeines, enthaltend die Martyrer aus verschiedenen Ländern und Provinzen; es war also ein wahres Martyrologium, aber ein kurzes, ohne Angabe der Art, wie Jeder gelitten hat. Es ist dieses das uralte römische.

60. Ist es nun aber außer Zweifel gestellt, daß die römische Kirche zur Zeit des hl. Gregors des Großen (590-604) ein Martyrologium in unserm Sinne, wenn auch nicht dem Namen nach, gehabt habe, so entsteht die Frage, wer wohl dessen Verfasser sei? Einige Gelehrte schreiben die erste Anfertigung desselben dem Bischofe Eusebius von Cäsarea zu; allein mit Unrecht, da Eusebius wohl, wie wir gehört, eine Sammlung von Martyrer-Acten herausgegeben, keineswegs aber ein Martyrologium. Weder Eusebius selbst, noch Hieronymus, wo er auf die Schriften des ersten zu sprechen kommt, erwähnt eines solchen Martyrologiums. Gregor der Große kannte ebenfalls kein Martyrologium des Eusebius, sonst würde er gewiß von ihm in dem Briefe an Eulogius Erwähnung gethan haben. Walafrid Strabo und Beda sind der Ansicht, Hieronymus sei der Verfasser dieses römischen Martyrologiums; denn er habe aus der Sammlung der Martyrer-Acten des Eusebius einen kurzen Auszug, ein kleines Verzeichniß verfertigt, und dieß sei fragliches Martyrologium, das hinsichtlich des Stoffes dem Eusebius, der Form oder Abfassung nach aber dem Hieronymus angehöre. Aber weder Hieronymus selbst in dem Verzeichnisse seiner Schriften, noch Gennadius de Scriptoribus ecclesiat. melden etwas davon. Der Erste, der dem Hieronymus ein Martyrologium zuschreibt, ist der Senator Cassiodorus, der im Anfange des 6. Jahrhunderts lebte. Wenn seinem Zeugnisse Glauben zu schenken ist (und es ist kein Grund vorhanden, ihm diesen zu versagen, da er in der damaligen Literatur sehr bewandert war, und sicher keinem Schriftsteller ein Werk zueignete, das ihm nicht gehörte), so ist gewiß, daß damals ein Martyrologium unter dem Namen des hl. Hieronymus im Umlauf, und Hieronymus höchst wahrscheinlich der Verfasser desselben war, weßhalb viele Kritiker das Martyrologium des hl. Hieronymus als das älteste ansehen. Nun aber entsteht die Frage, ob dieses Martyrologium des hl. Hieronymus dasselbe sei, welches, wie wir gehört haben, die römische Kirche im Gebrauche hatte, oder ein neues. Einige sind für die Identität; wir sind es im Ganzen auch, müssen aber dem Cardinal Baronius beistimmen, welcher sagt, das Martyrologium, welches das »römische« heißt und dessen auch im besagten Briefe des hl. Gregor Erwähnung geschieht, sei das uralte, von den Zeiten des Papstes Clemens I. herstammende, das im Laufe der Zeit die nöthigen Zusätze erhalten, die wahrscheinlich größtentheils vom hl. Hieronymus unter Benützung des Werkes des Eusebius herrühren. Heribert Rosweid gab unter dem Namen »Vetus Martyrologium Romanum« ein Martyrologium heraus, und war der Ansicht, es sei das uralte römische Martyrologium, welches dem hl. Hieronymus bei Ausarbeitung des seinigen zur Grundlage gedient; allein der gründliche Bollandist Sollerius hat schlagend nachgewiesen, daß die Zeit seines Ursprungs in das 8. Jahrh. falle. Uebrigens stimmt Sollerius der Ansicht des französischen Hagiologen Chastelain 4 bei, der da glaubt, das von Rosweid bekannt gemachte Martyrologium habe das alte des hl. Hieronymus verdrängt und zuerst in Rom und dann auch in den übrigen Kirchen dessen Stelle eingenommen.

61. Im 7. und 9. Jahrhundert vermehrten sich die Martyrologien. Beda in England, Florus in Frankreich, Rhabanus, Notker und Wandelbert in Deutschland verfertigten Martyrologien für ihren Privatgebrauch oder für ihre Klöster; Ado aber und Usuard scheinen bei Abfassung solcher Werke mehr das allgemeine Interesse im Auge gehabt zu haben. - Das Martyrologium des hl. Beda (vgl. den Artikel S. Beda1) zeichnet sich besonders dadurch aus, daß es die Namen der Richter und Landpfleger, unter denen, und die Art und Weise, wie die Martyrer gelitten haben, genau angibt, wobei jedoch mehrere Tage leer gelassen wurden. - Ein anderes Martyrologium rührt von Florus her. Dieser wurde geboren gegen das Ende des 8. Jahrhunderts, ob aber in oder bei Lyon, oder nach Andern in Spanien, darüber läßt sich nichts Näheres angeben; zuverläßige Nachrichten über ihn erhalten wir erst von da an, wo er zu Lyon Diakon geworden und mit der Leitung der Domschule daselbst betraut wurde. In dieser Stellung zeichnete er sich eben so sehr durch seinen edlen Charakter, durch Frömmigkeit und Tugend, wie durch seine gelehrten und ausgebreiteten Kenntnisse, die er in vielen Schriften an den Tag legte, aus, weßhalb er sich der Freundschaft der bedeutendsten Männer seiner Zeit erfreute. Er starb um das Jahr 860. Nach dem Zeugnisse des Bischofs Ado hat Florus das Martyrologium des Beda nur neu bearbeitet und vermehrt, wodurch es schwer wird, das, was von Beda ist, von den Beisätzen des Florus zu unterscheiden. Die Bollandisten Papebroch und Henschen fanden einige Exemplare unter dem Namen des Beda mit der Ergänzung des Florus, die sie nach den schärfsten Regeln der Kritik prüften. Dieses gelehrte Werk ließen sie dem zweiten Band des März unter dem Titel »Martyrologium Ven. Bedae Presb. ex octo antiquis Mss. acceptum, cum Auctario Flori, ex trium codicum collatione discreto« vordrucken, und man freute sich, hier die reine Arbeit des Beda wieder zu finden, und die Zusätze des Florus kennen zu lernen; allein nach mehr als 40 Jahren entdeckte der Bollandist P. Sollier eine neue Klippe, woran die ganze Kritik Papebroch's und Henschen's scheiterte. In der Mitte des 9. Jahrhunderts unternahm der hl. Ado, nachmals Erzbischof von Vienne, ein Schüler des Alcuin, ein neues Martyrologium und benützte als Quellen die Martyrologien des Hieronymus und Beda, sowie ein anderes, das zu Aquileja aufgefunden und wahrscheinlich das kurze oder alte römische Martyrologium war. Nach dem Plane, den er sich gemacht hatte, gab Ado bei vielen Heiligen, die berühmt waren, eine ganze Lebensbeschreibung; bei andern aber die weniger bekannt waren, blos die Namen, wodurch eine Ungleichheit im Werke selbst, die bald eine Verbesserung nöthig machte, entstand. Die neueste und beste Edition der Arbeit des hl. Ado verdanken wir dem Jesuiten Heribert Rosweid, der die gedruckten Ausgaben mit mehreren alten Handschriften verglich und nach denselben ausbesserte.

62. Berühmter als Ado's Werk ist das Martyrologium von Usuard, welches achtzehn Jahre später erschien und eine bessere Ordnung und Methode beobachtete. Usuardus war ein Mönch und Priester in der Abtei St-Germain-des-Prés und reiste im Jahre 858, von seinem Abte Hilduin beauftragt, nach Spanien, um in den Ruinen von Valencia die Reliquien des hl. Martyrers Vincentius zu suchen. Aber die Mauren hatten alle Zugänge besetzt, und so mußte er nach Cordova zurück, wo er die Leiber der hhl. Martyrer Georgius, Aurelius und Natalia erhielt. Mit diesen Reliquien nach Paris heimgekehrt, erhielt er von Karl dem Kahlen, dem die Kenntnisse Usuard's in der Kirchengeschichte bekannt waren, den Auftrag, ein Martyrologium zu schreiben, was in jener Zeit großes Bedürfniß war, indem die vorhandenen Martyrologien nicht allen Bedürfnissen genügten. Sein Martyrologium ist dem Könige dedicirt. Er starb im J. 876 oder 877. Die Quellen, die er benützte, waren nebst dem Martyrologium des Hieronymus das des ehrw. Beda und des Florus, welches aber, nach Sollier's Bemerkung zu Usuard's Martyrologium, nichts anderes war, als das Martyrologium des Ado. Usuard stellte hier die Leben der Heiligen zusammen, Alles, wie er selbst sagt, nach genauer Untersuchung, und sein Bestreben ging dahin, die Fehler seiner Vorgänger zu verbessern, die Trockenheit der Einen und das Ueberladene der Andern zu vermeiden. Seine Arbeit gefiel so sehr, daß es bald in den meisten Kirchen und Klöstern Frankreichs, Italiens, Englands und Spaniens angenommen wurde; nur setzte jede Kirche ihre eigenen Heiligen hinzu, so daß Usuard's Werk in jedem Kloster und in jeder Kathedrale eigenthümliche Zusätze erhielt. Zum erstenmale wurde dieses Werk, das vielleicht die Grundlage des römischen Martyrologiums in seiner jetzigen Gestalt bildet, im Jahre 1475 zu Lübeck gedruckt, und es ist dieß die von den Bollandisten unter dem Titel »Maxima Lubecana« citirte Edition. Die erste kritische und beste Ausgabe des Usuard'schen Martyrologiums, bearbeitet nach den schärfsten Regeln der Kritik und verglichen mit allen frühern und spätern Martyrologien, sowie mit den besten Handschriften, verdanken wir dem öfter genannten Bollandisten Sollier, der dieses Martyrologium mit seinen kritischen Notizen im Jahre 1714 zu Antwerpen herausgab und es später in seinem großen Werke dem fünften und sechsten Bande des Juni anreihte. 5 Vor Ado und Usuard hatten schon der berühmte Erzbischof Rhabanus-Maurus von Mainz (geboren gegen 776 und gestorben 856) und der Mönch Wandelbert von Prüm (813-870) an einer Vervollständigung der Martyrologien des hl. Hieronymus und des ehrw. Beda gearbeitet; ihre Arbeiten hielten sich aber innerhalb der Mauern ihres Klosters und scheinen den spätern Martyrologisten nicht bekannt gewesen zu seyn. Wandelbert's Martyrologium ist in Versen abgefaßt und hat die Arbeit des Beda und Florus zur Grundlage. In der Vorrede gibt der Verfasser die Zahl der Verse an, aus welchen das Martyrologium besteht, und sagt, daß es 940 Verse enthalte. Heinrich Canisius gab nebst dem des Rhabanus auch das Martyrologium des Notker heraus, das eine Zusammensetzung aus Rhabanus und Ado ist, wovon aber die Monate November und December fehlen. - Endlich sei noch eines Schriftstellers gedacht, des Bischofs Ditmar von Merseburg in Sachsen. Er erwähnt in Lib. VII. Chronic. eines von ihm verfaßten Martyrologiums, das aber wahrscheinlich verloren gegangen ist. Wir schließen diesen Abschnitt mit den Worten des Bollandus: »Es existiren noch viele andere Martyrologien, die auf Zuthun frommer Bischöfe verfaßt worden sind, da kaum eine Kirche in der katholischen Welt seyn wird, die nicht ihr eigenes Martyrologium hat oder es doch von anderswoher bezog.« - Namentlich werden in unserm »Heiligen-Lexikon« öfters englische und irische Martyrologien angeführt, und unter den letztern das von Tamlact, von dem wir jedoch eine nähere Notiz nicht zu geben vermögen, da die Bollandisten dasselbe zwar öfter benützen, aber etwas Näheres über dasselbe nicht erwähnen.

63. Nicht minder verdienen hier die spätern Martyrologien angeführt zu werden. Nach der Bemerkung Bellarmins waren die letzten Jahrhunderte desto reicher an hhl. Bekennern, Ordensgeistlichen und Jungfrauen, je mehr die Kirche in denselben von der Häresie Einbuße erlitt. Wie diese Helden ihren Platz im Himmel hatten, so sollten sie auch hier auf Erden den ältern Helden des Glaubens im Buche des Lebens beigefügt werden. So wuchsen nicht allein die alten Martyrologien an, sondern man verfertigte für jedes Land, für jeden Orden eigene. Daher entstand der Unterschied zwischen dem allgemeinen Martyrologium (Martyrologium universale), womit man das neue unter Papst Gregor XIII. von Baronius 6 revidirte römische Martyrologium versteht, und zwischen den besondern Martyrologien der verschiedenen Länder, Provinzen und Orden (Martyrologia particularia), von welchen letzteren wir hier noch Einiges anführen wollen.

64. Die vorzüglichsten der Particular-Martyrologien sind, nach besonderen Ländern geordnet, folgende:
1) Das Martyrologium Africanum von Stephan Anton Morcelli, der aus der afrikanischen Geschichte jenes Martyrologium verfertigte, worin auf jeden Tag des Monats hhl. Martyrer aus Afrika vorkommen;
2) das belgische Martyrologium unter dem Titel: Natales et Indiculus Sanctorum Belgii von Molanus, 7 ein treffliches Werk;
3) ein Martyrologium deutscher Heiligen von Walasser vom Jahre 1562, und ein anderes von Canisius 8 vom J. 1573, beide in Augsburg erschienen. Ein älteres haben wir von Friedrich Beck, gedruckt zu Augsburg im J. 1687, besonders merkwürdig wegen des beigefügten Commentars;
4) Martyrologium Gallicanum von Andreas Sauffay, mit vielem Scharfsinn bearbeitet und im Jahre 1638 in zwei Foliobänden erschienen;
5) Martyrologium Lusitanum zu Coimbra gedruckt;
6) Martyrologium Anglicanum von Johann Wilson, gedruckt im Jahre 1608. Uebrigens hatte (nach Concil. Lemovicens. Tom. VI. Conc. Harduini, collect. 865) England schon im 11. Jahrhundert ein besonderes Martyrologium;
7) ein Martyrologium von Sicilien unter dem Titel: »Idea operis de Vitis Sanctorum Siculorum« von Octav. Cajetani, im Jahre 1617. Größeren Werth hat der Commentarius in vetus marmoreum S. Neapolitanae Ecclesiae Calendarium von Alex. Symmachus Mazochius, 3 Bände, gedruckt zu Neapel.
8) Endlich sind hier noch einige kleinere Martyrologien zu nennen, nämlich a) Florarium Sanctorum sive Promptuarium, dessen Verfasser nach der Meinung des Bollandus Ant. Gentius oder Joh. Gilemanus, die wir schon früher genannt haben, seyn soll; b) Viola Sanctorum und Panis quotidianus, zu Hagenau im Elsaß in den Jahren 1508 und 1509 erschienen; c) Topographia Sanctorum von Franc. Maurolycius, Abt zu Messina, Venedig 1586.

65. Die Particular-Martyrologien der Orden kann man nach den Hauptzweigen der religiösen Orden eintheilen, und zwar:
1) das Martyrologium Benedictinum von Arnold Wion, in dem Buche »Lignum vitae« 1595 enthalten; 9
2) das Martyrologium Praemonstratense, verfaßt von Joh. Chrys. van der Sterrre;
3) Martyrologium Canonicorum regularium von Const. Chinius im J. 1621;
4) Calendarium Ord. Cisterciensis vom Jahre 1617;
5) Martyrologium Praedicatorum im Jahre 1616;
6) Martyrologium Franciscanum von Artur du Mounstier, Recollect zu Rouen. 2. Aufl. Paris 1653.

66. Alle diese Martyrologien für die Orden hatten, weil sie nur von Privatpersonen herrührten, auch nur Privatansehen. Mit der Verbesserung des römischen Martyrologiums trat auch eine neue Epoche für die Ordens-Martyrologien ein. Papst Gregor XIII. hatte erlaubt, daß jene Heiligen, die an besondern Orten oder in Privat-Kirchen verehrt wurden, in ein von dem römischen Martyrologium abgesondertes Verzeichniß eingetragen werden konnten. Sonach dienten die Ordens-Martyrologien als Supplement des römischen, in welches jedoch nicht jeder im Rufe der Heiligkeit Verstorbene, sondern nur Jene, deren Verehrung vom Oberhaupte der Kirche oder von der heil. Congregation der Riten durch ein feierliches Decret genehmigt war, eingetragen und aufgezeichnet wurden. Dem römischen Martyrologium des Papstes Benedict XIV. (und auch dem auspice et patrono Gregorio XVI. zu Regensburg im J. 1846 erschienenen, welches wir in unserem »Heiligen-Lexikon« immer benützen) sind daher beigedruckt:
1) Martyrologium Ord. S. Basilii; 10
2) Mart. pro Canonicis regularibus:
3) Mart. Ordinis S. Benedicti, dem sich das für die Camaldulenser, Vallumbrosaner, Cistercienser und Silvestriner anschließt;
4) Mart. Ordinis SS. Trinitatis;
5) Mart. Ord. Praedic. S. Dominici;
6) Mart. Trium Ordinum S. Francisci;
7) Mart. Ord. Fratr. Minor. Convent.;
8) Mart. Carmelitarum calceatorum et discalceatorum;
9) Mart. Ordinis S. Augustini;
10) Mart. Ord. Servorum B. M. V.;
11) Mart. Capucinorum;
12) Mart. Ordinis S. Hieronymi.

67. Wie wir gehört haben, sind die Martyrologien aus den Diptychen hervorgegangen und nahmen auch, als diese außer Uebung kamen, ihre Stelle ein. Daher wird von ihnen schon frühzeitig in den Officien Gebrauch gemacht. In der größern Regel Chrodegangs schon wird die Vorlesung des Martyrologiums angedeutet, indem wir daselbst lesen: »Nach der Lectio (Lesung, in der Prim nämlich) sollen der Monatstag und die Namen der Heiligen gelesen werden, deren Feste auf den kommenden Tag fallen, und darauf soll der Versikel 'Pretiosa in conspectu Domini …' folgen.« Ebenso wird in dem Concil zu Aachen vom J. 817 im 69. Cap. verordnet, »daß zum Capitel zuerst das Martyrologium gelesen und dann der Vers gesagt werde.« Diese Verordnung scheint allgemeine Aufnahme gefunden zu haben, denn der Verfasser des Werkes: Ordo qualiter agendum sit monachis in monasterio constitutis, das man dem hl. Benedict von Aniani (siehe S. Benedictus3) zuschreibt, bezeugt, daß wenigstens in den Klöstern bei der Prim das Martyrologium allenthalben vorgelesen wurde. Aus den Klöstern ging dieser Gebrauch auf die andern Kirchen über und seit unfürdenklichen Zeiten wird bis auf den heutigen Tag im Officium divinum bei der Prim nach der Oration »Domine Deus omnipotens …« das Martyrologium gelesen, jedoch nur wenn das Officium im Chor gebetet wird.

68. Wichtig ist noch die Frage, welches Ansehen die Martyrologien, und insbesondere das römische, in der Kirche haben. Anfänglich besaßen sie an sich kein besonderes Ansehen, da sie meist von Privaten gesammelt und verfertigt wurden. Die Kirche nahm sie eben auf, wie jedes andere geschichtliche Buch, ohne ihnen dadurch ein höheres, noch viel weniger ein unfehlbares Ansehen zuzugestehen. Dieß beweist schon der öftere Wechsel derselben, die unternommenen Abänderungen, Zusätze und Ergänzungen, ja selbst ihre Verschiedenheit. Später ließ zuvor die Kirche die Martyrologien im Chore vorlesen, aber ohne eines aus den Vielen eigens dazu vorzuschreiben. Die Auswahl derselben überließ sie den Bischöfen und den Vorstehern der Klöster; denn nie bis auf Gregor XIII. hat die Kirche durch ein feierliches Decret ein Martyrologium genehmigt, und selbst nachher, als die Päpste Gregor XIII., Urban VIII. und Benedict XIV. eine strenge Verbesserung anbefohlen und das Verbesserte durch eine Bulle bestätigt haben, weigerten sich dieselben doch, diesen verbesserten Martyrologien ein unfehlbares Ansehen zuzueignen. Papst Benedict XIV. spricht sich in seinem berühmten Werke de Canonizatione (Lib. IV. p. II. c. 17. § 9) gleichfalls darüber aus und sagt geradezu, der apostolische Stuhl sei weit entfernt, Alles, was in dem Martyrologium Romanum enthalten sei, für sichere und unumstößliche Wahrheit auszugeben. 11 Wenn indessen von einer Unfehlbarkeit des Martyrologium Romanum keine Rede seyn kann, so gebietet es schon die Pietät gegen die römische Kirche, dieser Mutter aller Kirchen, die so viel Fleiß auf die Verbesserung des Martyrologiums verwendet hat, nicht vorschnell über die historischen Daten und Angaben desselben abzusprechen, und rein von dieser Pietät geleitet, haben wir bei Abfassung unsers Lexikons dann, wenn die Bollandisten ziemlich scharf über manche solcher Daten jenes einmal kirchlichen Buches sich ausließen, uns einfach damit begnügt, blos die Verschiedenheit der Meinungen anzugeben. 12

69. Uebrigens richtet sich der geschichtliche Werth eines Martyrologiums nach dem Ansehen des Verfassers und den Quellen, woraus er sein Material geschöpft hat. Unstreitig behauptet das Martyrologium des hl. Hieronymus die erste Stelle, weil es nichts anderes ist als, wie wir gehört, das vermehrte uralte römische Martyrologium. Nach diesem käme das sogenannte kurze oder alte Martyrologium Romanum, von Rosweid herausgegeben, das zugleich als Quelle der Uebrigen betrachtet werden könnte, wenn die Behauptung des Bollandisten Sollier, als stamme es erst aus dem 8. Jahrhundert, auf Unrichtigkeiten beruhte. In kirchlicher Hinsicht aber gehört die erste und vorzüglichste Stelle dem der römischen Kirche angehörigen und in derselben noch jetzt geltenden allgemeinen Martyrologium, das, wie wir unter Nr. 59 und 60 gezeigt, kein anderes ist, als das uralte, aus den Zeiten des Papstes Clemens I. herstammende, vom hl. Hieronymus mit Zusätzen aus Eusebius vermehrte, in der Folge abermals erweiterte Martyrologium, auf welches seiner Zeit höchst wahrscheinlich auch das Martyrologium des Usuard (Nr. 62) einen bedeutenden Einfluß übte. Gregor XIII. (1572 bis 1590) war unsers Wissens der erste Papst, der das römische Martyrologium einer genauern Prüfung unterwarf und es allgemein in der Kirche zum Gebrauche vorschrieb. Später unterzogen die Päpste Urban VIII. (1623-1644) und Clemens X. (1669 bis 1676) das römische Martyrologium einer abermaligen Durchsicht und Prüfung, worauf dann dasselbe von dem gelehrten Papste Benedict XIV. (1740-1758) vermehrt und verbessert herausgegeben wurde. Daher führt das jetzige römische Martyrologium folgenden Titel: Martyrologii Romani, Gregorii XIII. jussu editi, Urbani VIII et Clementis X. auctoritate recogniti Nova editio, a SS. Domino nostro Benedicto. XIV. Pont. Max. aucta et castigata etc. - Benedict XIV. schickt dieser Ausgabe ein längeres Schreiben an König Johann V. von Portugal voraus, in welchem er sich nicht blos über das Mangelhafte der frühern Editionen ausspricht, sondern auch die Verbesserungen, die er vorgenommen, angibt. Auf dieses Schreiben folgt eine Abhandlung über das römische Martyrologium von Cäsar Baronius, welcher unter Papst Gregor XIII. die Revision desselben zu besorgen hatte.

70. Es wäre hier auch noch der Ort, von den griechischen Menologien und Menäen das Geeignete zu erwähnen; 13 allein über sie weiß man sehr wenig zu berichten, und zudem sind sie, besonders die neuern, sehr behutsam aufzunehmen, da sie zweifelsohne schismatische Heilige enthalten. Leider konnten wir kein Mnnaion erhalten, welches die unirten Griechen zu ihrem kirchlichen Gebrauche haben. - Deßgleichen wäre noch etwas über die sogenannten Legenden zu sagen; allein da sie hier zunächst von untergeordnetem Werthe sind, so soll über dieselben im Allgemeinen nur kurz Folgendes bemerkt werden: Unter Legenda (d.i. Vorzulesendes) verstand man ursprünglich, wie schon oben bemerkt, eine Zusammenstellung von kurzen Lebensbeschreibungen einzelner Heiligen (besonders der Nicht-Martyrer), wie sie öffentlich bei gottesdienstlichen Versammlungen im Laufe des Jahres vorgelesen wurden. Später wurden auch größere Lebensbeschreibungen von Heiligen »Legenden« genannt, wenn sie gleich nicht zum kirchlichen Gebrauche bestimmt waren. Sie beruhten, wie jede andere Biographie, auf streng historischer Glaubwürdigkeit und hatten besonders die christliche Erbauung etc. zum Zwecke. Nach und nach wurden aber solche Lebensbeschreibungen immer mehr ausgeschmückt, namentlich wenn sich die Poesie derselben bemächtigte, und so kam es denn, daß im Laufe der Zeit die »Legende« ziemlich gleichbedeutend mit »Sage«, ja selbst mit »Mährchen« wurde, und sich von diesen nur dadurch unterschied, daß diese mehr mit profanen, die »Legende« aber mehr mit heiligen Gegenständen sich beschäftigte und z. B. einzelne charakteristische Züge aus dem Leben eines Heiligen besonders hervorhob, wobei denn auch öfter mancher Schwank mit unterlief. Heutzutage tritt die ernstere Bedeutung des Wortes immer mehr in den Vordergrund, die sie bei den Katholiken wohl niemals verloren hat, und so versteht man denn unter »Legende« ein Buch, in welchem eine oder mehrere Lebensbeschreibungen von Heiligen in freier Bearbeitung enthalten sind, entweder nach Monatstagen oder nach anderen Systemen geordnet. Manchmal sind Nutzanwendungen oder Lehrstücke am Ende beigefügt, worin eine oder die andere Tugend, durch die sich der Heilige besonders auszeichnete, zur Nachahmung aufgestellt und empfohlen wird. Die bekanntesten und bedeutendsten Legenden sind aus älterer Zeit die von Petrus Ribadeneira, Dionysius von Lützenburg, Martin von Kochem etc., aus neuer und neuester Zeit die von Schmitt, Weinzierl, Pfister, Matthäus Vogel, Simon Buchfelner, Anton Mätzler, Michael Sinizel, Alban Stolz, Georg Ott etc. etc. Sie haben für die christliche Erbauung sehr viel Gutes und sind aus diesem Grunde wohl zu empfehlen. Von diesen Legenden unterscheidet sich unser »Heiligen-Lexikon« besonders dadurch, daß dieses nicht einzelne, sondern alle Heilige, Selige etc. behandelt, und zwar nicht blos zum Zwecke der geistlichen Erbauung - obwohl auch diese nicht ausgeschlossen ist, wie ja das Leben eines Heiligen schon an und für sich erbaut und zur Nachahmung aufmuntert -, sondern auch noch in mehreren anderen Beziehungen, wie wir sie auf dem Titel und im Prospecte angegeben haben.

Von der Heiligsprechung (Canonizatio)

1 Diptyxos heißt eigentlich »doppelt gefaltet, doppelt zusammengelegt«; davon Diptycha = eine Schreibtafel aus zwei Blättern, auf deren inneren mit Wachs überzogenen Seiten die Namen der Kaiser etc., und dann in der Kirche die Namen der Martyrer, Bischöfe etc. geschrieben waren.

2 Einige schreiben »Märtyrer« oder »Märterer«; wir haben die Schreibart, »Martyrer«, die wir bei vielen guten Schriftstellern fanden, vorgezogen. Manchmal gebrauchten wir auch den Ausdruck »Martyr«, namentlich bei »Martyrtod« statt »Martyrertod« oder »Martertod«, dann bei »Martyrthum« statt »Marterthum«, für welch letzteres Wort wir auch hie und da »Martyrium« setzten, das bei christlichen Schriftstellern nebstdem auch noch den Ort bezeichnet, wo ein Heiliger gemartert wurde etc. (Vgl. Aschbach, Kirchen-Lexikon.)

3 Nos autem paene omnium Martyrum distinctis per dies singulos passionibus collecta in uno codice nomina habemus, atque sarum solemnia agimus. Non tamen in eodem volumine qualiter quis sit passus indicatur, sed tantummodo nomen, locus et dies passionis ponitur. Unde fit, ut multi ex diversis terris atque provinciis per dies ut praedixi, singulos cognoscantur martyres coronati. Sed haec habere vos beatissimos credimus …

4 Claudius Chastelain, der in unserm Werke auch öfter erwähnt wird, war geboren um das J. 1639 in Paris, wo er später Canonicus wurde, und starb im Jahre 1712 in einem Alter von 73 Jahren. Er war sehr befreundet mit dem Bollandisten Papebroch, und hat sich namentlich um die Bearbeitung des Lebens der französischen Heiligen viele Verdienste erworben.

5 Der Titel dieses großartigen Werkes ist: Martyrologium Usuardi monachi, ad excusa exemptaria quatuordecim, ad codices Mss. integros decem et septem, ad alios ferme quinquaginta collatum, ab additamentis expurgatum, castigatum et quotidianis oservationibus illustratum. Ueberhaupt hat P. Sollier Licht in die Martyrologien, die er in der Vorrede abhandelt, gebracht und durch seine gründliche Arbeit seinen Nachfolgern in der Fortsetzung der Acta Sanctorum bedeutend vorgearbeitet, was diese im Laufe des Werkes gar oft mit Dank anerkannten. - Jakob Bonillart folgte ihm im Jahre 1718 mit seiner Ausgabe auf Grund eines Manuscripts zu St-Germain-des-Prés.

6 Cäsar Baronius, der berühmte Verfasser der kirchengeschichtlichen Annalen, wurde am 31. Oct. 1538 geboren zu Sora in Neapel, trat später in den Orden des hl. Philippus Neri, ward im Jahre 1596 Cardinal und starb endlich am 30. Juni 1607 in einem Alter von 69 Jahren.

7 Wie oben Nr. 25 S. 16 bemerkt ist, hat dieser berühmte Gelehrte auch an einer Acten-Sammlung sich betheiligt, wie vor ihm Alois Lipoman (zuerst Bischof von Modon, dann von Verona und zuletzt von Bergamo, wo er i. J. 1559 starb).

8 Dieser Heinrich Canisins ist wahrscheinlich der Neffe des berühmten Jesuiten Peter Canisius.html. Er war zu Nimwegen geboren, studirte an der Universität Löwen, wurde im J. 1590 als Professor des kanonischen Rechtes nach Ingolstadt berufen und zeichnete sich durch geschichtliche Sammlungen aus.

9 Eine sehr gute Ausgabe des Benedictiner Martyrologiums mit einiger Erweiterung der Notizen über das Leben der Ordensheiligen hat P. Petrus Lechner, Prior des Benedictinerstifts Scheyern in Oberbayern (Augsburg, bei Kremer 1855) besorgt, welches wir auch öfter benützt haben.

10 Voraus gehen die Namen der Heiligen, die besonders im Kirchenstaat verehrt werden.

11 Es ist interessant, des gelehrten Papstes eigene Worte hieher zu setzen. Er schreibt l. c.: Asserismus Apostolicam Sedem non judicare, inconcussae esse et certissimae veritatis, quaecumque in Martyrologium romanum inserta sunt; uti animadvertitur in citata Dissertat. Christiani Lupi nec non animadvers. super regul. et usum critic. editis a P. Honorato de S. Maria Tom. II. lib. 1. Dissert. 2. § 3 in fine. Quod et optime colligitur ex mutationibus et correctionibus a Sancta ipsa Sede demadatis. Nec vero urgent apostolicae literae Gregorii XIII. Martyrologio romano praefixae, in quibus dicitur, emendatum fuisse Martyrologium romanum, idque esse legendum in Choro, nec aliud ulla in re minutum, auctum aut mutatum esse edendum. Ex hoc etiam recte non infertur, omnes et singulos errores fuisse a Martyrologio sublatos, nec viris in ecclesiastica historia peritis prohibitum dici potest confugere ad S. Sedem, si novae correctionis fundamenta suppetant; quod ea ipsa colligitur sanctae Sedis disciplina, quae etiam post litteras apostolicas supra memoratas Gregorii XIII. novas Martyrologii correctiones demandavit et admisit. In ähnlicher Weise spricht sich Papebroch über die Autorität des Martyrologium Romanum in Tom. IV. Junii, pag. 177. 178 aus; dann auch der Bollandist Wilhelm Cuperus Tom. I. Aug. pag. 428.

12 Gewiß ist, daß alle im römischen Martyrologium enthaltenen Heilige und Selige etc. als solche verehrt werden dürfen; aber eben so gewiß ist auch, daß nicht alle Heilige etc., welche verehrt werden dürfen und wirklich verehrt werden, in demselben enthalten sind. Im neuesten Mart. Rom. finden sich - und zwar in dem allgemeinen die Namen von circa 4600, in den besonderen aber die von circa 1000 Heiligen etc., während in unserem Heiligen-Lexikon die Namen von circa 20,000 Heiligen vorkommen werden, wobei freilich auch die »Ehrwürdigen,« »Frommen« etc., deren Andenken von der Kirche nicht öffentlich gefeiert, sondern nur sonst irgendwo in der Kirche geehrt wird, ebenfalls eingeschlossen sind, ganz abgesehen von den vielen Heiligen, die oft in großer Anzahl gemartert wurden, deren Namen aber nicht bekannt sind.

13 Die Menologien der Griechen entsprechen unsern Martyrologien und heißen eigentlich Monatsregister (von men = der Monat), weil die Heiligen darin nach Monaten und Tagen geordnet sind. Verschieden davon sind die griechischen (auch russischen) Menäen, die zwar das nämliche Etymon haben und auch Kirchenbücher sind, aus zwölf Folio- (Quart-) Bänden, den zwölf Monaten analog, bestehend, die aber mit den Legenden der Heiligen auch die Officia Sanctorum und Hymnen in sich befaßen. Das berühmteste griechische Menologium ist das auf Befehl des Kaisers Basilius Macedo im 9. Jahrhundert veranstaltete und im Jahre 1727 von Cardinal Hannibal Urbini herausgegebene, von welchem auch in unserm Heiligen-Lexikon einige Male Erwähnung geschieht.





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zuletzt aktualisiert am 20.10.2018
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