Anselm von Canterbury
auch: von Aosta
Gedenktag katholisch: 21. April
nicht gebotener Gedenktag
Regionalkalender England
gebotener Gedenktag im Trappisten- und Zisterzienserorden
Gedenktag III. Klasse Im alten Messbuch entspricht die III. Klasse einem gebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Die Feste III. Klasse sind außerhalb der geprägten Zeiten (Advent, Weihnachtsoktav, Fastenzeit, Osteroktav) immer zu feiern, wenn sie nicht von einem Fest I. oder II. Klasse verdrängt werden. Innerhalb der geprägten Zeiten können sie in der Regel nur kommemoriert, aber nicht gefeiert werden.
Übertragung der Gebeine: 3. Juli
Gedenktag evangelisch: 21. April
Gedenktag anglikanisch: 21. April
Name bedeutet: von Gott beschützt (althochdt.)
Anselm war Sohn des lombardischen Adligen Gundulf und der Ermenberga, die aus Burgund stammte und wohl mit den Grafen von Savoyen verwandt war; sein angebliches Geburtshaus stand an der Stelle eines heutigen Gebäudes aus dem 16.Jahrhundert. Im Alter von 15 Jahren trat er in ein Kloster seiner Heimat ein. Nach dem Tod der Mutter kam es zu Spannungen mit dem Vater, Anselm lebte nun bei Verwandten in Burgund. Ab 1056 begab er sich auf Studienreisen durch Nordfrankreich und trat - nach einigem Zögern - 1060 in das vom berühmten Lanfranc geleitete Benediktinerkloster in Le Bec-Hellouin in der Normandie ein; dort wurde er 1063 als Nachfolger Lanfrancs Prior und Leiter der Klosterschule. Er machte die Schule und den Konvent zu einer bekannten Stätte der Gelehrsamkeit. Ziel der Bildung sei die sittliche Ertüchtigung des Menschen. Anselm sah die Gefahren einer nur auf Zucht und Strafe bedachten Erziehung, baute sexuelle Vorurteile ab und verwies auf die Bedeutung der Geduld und des liebenden Interesses des Erziehers und die Bedeutung einer personalen Bindung für das Bewusstsein der eigenen Verantwortung und Freiheit.
Während dieser Jahre wuchs Anselms Ansehen aufgrund seiner Studien und seiner Frömmigkeit. Die Mönche forderten ihn
auf, die Meditationen aufzuschreiben, die seinem Unterricht zugrunde lagen. Daraufhin verfasste er 1077 das Selbstgespräch
Monologion
, worin er - über den Einfluss des Augustinus reflektierend - von Gott
als dem höchsten aller Wesen spricht und die Attribute Gottes untersucht. Ermutigt von diesem Erfolg fuhr er fort in
den Bemühungen, seinen Glauben verständlich zu machen, und vollendete 1078 die Gespräche Proslogion
, den zweiten
Teil dessen, was im 18. Jahrhundert als ontologischer Gottesbeweis bekannt werden sollte.
Nachdem Lanfranc zum Erzbischof von
Canterbury ernannt wurde, wurde Anselm 1079
zum Abt von Le Bec gewählt. Spätestens 1093
wurde Anselm - nach hinhaltendem Widerstand des englischen Königs Wilhelm Rufus - als Nachfolger des vier Jahre zuvor
gestorbenen Lanfranc zum Erzbischof von Canterbury
berufen. Auch in England gab es dem deutschen Investiturstreit vergleichbare
Verhältnisse; Anselm war als Erzbischof von Canterbury zugleich Primas der Kirche von England, die Wilhelm der Eroberer
nach den Gebräuchen und Gesetzen, die seine Väter und er selbst in der
Normandie gepflogen hatten
organisiert hatte: Bischöfe, Äbte und die höheren Prälaten wurden vom König bestellt, der Einfluss
Roms war auch zur Zeit von Papst
Gregor VII. weitgehend ausgeschaltet. So kam es zu Auseinandersetzungen
zwischen Anselm, der von Papst Urban II. unterstützt wurde, und König
Wilhelm II, nachdem König Wilhelm Rufus auf der Jagd von Unbekannten ermordet worden war. Anselm wurde 1097 - nachdem
ihn die Mehrheit der englischen Bischöfe nicht unterstützten - gezwungen, England zu verlassen.
Auch während des Exils in Italien führte Anselm ein Leben voller Konflikte mit den weltlichen Machthabern. Er war
der festen Überzeugung, dass die Kirche sich als freie Braut
und nicht als hörige Magd
auf ihre
Vollendung hin ausrichten müsse. Deshalb trieb Anselm auch die Kirchenreform durch die Erneuerung des
KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat.
Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.
voran und ging auf ReformsynodenSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten.
In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet.
mit aller Schärfe, aber wenig Erfolg, gegen die Priesterehe vor, die noch weit verbreitet war. Im Exil schrieb er
sein theologisches Hauptwerk Cur Deus Homo
, Warum Gott Mensch wurde
, eine Studie über die Menschwerdung
und Kreuzigung Christi als Weg der Sühne für die Sünden der Welt.
Im Anschluss an Augustinus vertritt Anselm mit seiner Satisfaktionstheorie darin
die Auffassung, dass die Sünde des Menschen so stark ist, dass nur eine frei geleistete Genugtuung von unendlichem
Wert Gottes Ehre wiederherstellen kann; das vermag der Mensch, der ja Sünder ist, aber nicht von sich aus vollbringen,
das konnte nur Gott selbst vollbringen und hat also der Gott-Mensch Jesus Christus für uns vollbracht.
Als Heinrich I. 1100 die Nachfolge des englischen Thrones antrat, konnte Anselm nach Canterbury zurückkehren. Kontroversen auch mit diesem König endeten für Anselm 1103 aber mit seiner erneuten Verbannung. Erst als sich König Heinrich I. und Papst Paschalis II. verständigten, konnte Anselm 1106 wieder zurückkehren und sich seinem Bistum und seinen Studien widmen.
Anselm war einer der größten mittelalterlichen Theologen mit weit reichendem Einfluss, er gilt als Vater der
=> Scholastik
durch seine Betonung der Kraft der Vernunft, bekannt in seinem Satz: Credo, ut intelligam
- Ich glaube, um zu erkennen
. Sein ontologischer Gottesbeweis ist der denkerische
Versuch, die Existenz Gottes damit aufzuweisen, dass der Mensch in der Lage ist, überhaupt Gott zu denken. Anselm
vertrat die Auffassung, dass auch diejenigen, welche die Existenz Gottes anzweifeln, ein gewisses Verständnis von dem,
was sie anzweifeln, haben müssen. Der Definition nach ist Gott das Wesen, das von nichts Größerem überragt werden kann,
über den hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Da jede Existenz außerhalb des Geistes größer ist als innerhalb
desselben, wäre es ein Widerspruch, an der Existenz Gottes zu zweifeln, da der Zweifler davon ausgehen würde, dass es
etwas größeres gibt als ein Wesen, das von nichts denkbar Größerem überragt werden kann. Folglich ergibt sich per
Definition, dass Gott notwendigerweise existiert. Nachdem also Gott schon durch seine Defintion nicht anders als
das Vollkommene
beschrieben werden kann, muss ein Gott existieren, sonst wäre er ja nicht vollkommen.
Anselms Theologie kreiste um die Fides quaerens intellectum
, den Glauben, der nach Erkenntnis fragt
in
der Tradition von Platon und Augustinus. Er versuchte, die göttliche Wahrheit einigermaßen
zu verstehen
, welche das Herz glaubt und liebt
. Es geht also um vernunftgemäße theologische Erkenntnis auf dem
Hintergrund eines innigen Glaubens. Anselm wollte die Glaubenswahrheiten angesichts vernünftiger Erkenntnis verantworten.
Im ganzen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit hatte Anselms Gottesbeweis
große Bedeutung. Der Hauptpunkt in
der Kritik an Anselms Beweisführung ist die Überlegung, dass man durch die bloße Definierung von etwas nicht auf dessen
Existenz außerhalb des Geistes schließen kann. Anselms Argumentation wurde sowohl von einem seiner Zeitgenossen, dem
Mönch Gaunilo von Marmoutier / Maursmünster,
angefochten, wie auch später von Thomas von Aquin und dem Philosophen
Immanuel Kant. Dennoch haben René Descartes, Baruch Spinoza,
Gottfried Leibniz und einige zeitgenössische Philosophen
ähnliche Argumente vorgebracht. Bei aller Wissenschaftlichkeit war Anselm ein zutiefst frommer Mensch, ein Mystiker,
dessen Gebete ebenso berühmt sind wie seine philosophisch-theologischen Werke.
Der Törichte, der im Psalm 14, 1 spricht es gibt keinen Gott
, war für Anselm nicht der Vertreter eines
kämpferischen Atheismus; der Ungläubige - d. h. für Anselm der Jude oder Muslim, für den die Menschwerdung Gottes
ein Unding ist - ist nicht einfach glaubenslos. Aber jede Form des Atheismus und des Unglaubens fordert den Theologen,
die Rationalität des Glaubens und des Dogmas unwiderlegbar aufzuweisen.
Anselms Grab befindet sich in der Kathedrale von Canterbury. In Rom ist ihm die Kirche der Primatialabtei der Benediktiner, Sant'Anselmo, geweiht.
Kanonisation: Thomas Becket hatte beim KonzilSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. in Tours 1163 Anselms Heiligsprechung durch Papst Alexander III. beantragt; dieser stellte sie in das Belieben des Antragstellers, wodurch sie der Überlieferung zufolge 1163 durch Thomas erfolgte. Dies wurde durch Papst Alexander VI. 1494 oder 1497 anerkannt. 1720 wurde Anselm von Papst Clemens XI. zum Kirchenlehrer ernannt.
Worte des Heiligen
Anselm sucht auch mit Vernunftgründen zu erklären, weshalb die Erlösung des Menschen zugleich Werk der
göttlichen Gerechtigkeit und der göttlichen Güte ist:
Wahrlich, nicht Gott bedurfte es, den Menschen auf solche Weise zu retten, sondern die menschliche Natur
bedurfte es, auf diese Art Gott Sühne zu leisten. Nicht für Gott war es notwendig, derart Schlimmes zu erleiden, sondern
für den Menschen war es notwendig, solchermaßen versöhnt zu werden. Nicht Gott hatte es nötig, sich so zu erniedrigen,
sondern der Mensch hatte es nötig, auf diese Weise der Tiefe des Verderbens entrissen zu werden. Die göttliche Natur hat
es weder nötig, sich zu erniedrigen und sich abzumühen, noch vermochte sie es. All das musste die menschliche Natur
vollbringen, um für das Ziel, für das sie geschaffen war, wiederhergestellt zu werden. Dazu aber war sie selbst und alles
andere, was nicht Gott ist, nicht fähig. Denn der Mensch wird für das Ziel, für das er bestimmt war, nicht wieder instand
gesetzt, es sei denn, er wird aufs Neue auf den Weg gestellt, den sündelosen Engeln ähnlich zu werden. Das aber kann nur
geschehen, wenn zuvor alle Sünden vergeben wurden. Und das wiederum hat zur Voraussetzung, dass erst umfassende Sühne
geleistet wird.
Die Sühne muss so beschaffen sein, dass der Sünder oder jemand an seiner Stelle Gott etwas von sich persönlich schenkt,
was er ihm nicht schon schuldet und was alles überragt, was nicht Gott selbst ist. Denn sündigen bedeutet, Gott die Ehre
nehmen. Das durfte der Mensch buchstäblich ‚um alles in der Welt’ nicht tun. Deshalb erfordert es die ewige Wahrheit und
die evidente Vernunft, dass der Sünder Gott für die genommene Ehre etwas Größeres zurückgibt als alles in der Welt
,
als das, um dessentwillen er Gott nicht hatte entehren dürfen. Weil dazu aber die menschliche Natur, allein auf sich
gestellt, nicht fähig war und sie ohne angemessene Sühne nicht versöhnt werden konnte - sonst hätte Gottes Gerechtigkeit
in seinem Reich die Sünde ungeordnet gelassen -, kam Er in seiner Güte zu Hilfe. Der Sohn Gottes nahm die menschliche
Natur in seine Person auf, so dass die Person des Gottmenschen Glied der Menschheit wurde. Und er besaß nun nicht nur das,
was alles - außer Gott - überragt, sondern er nahm auch alle Schuld auf sich, welche die Sünder zu begleichen haben. Und
da er selbst nichts schuldete, zahlte er für die anderen, die das nicht besaßen, was sie schuldig waren.
Quelle: Anselm vom Canterbury: Meditatio redemptionis humanae. In: Opera omnia, hrsg. von S. Schmitt, Bd. 3. Edinburgh 1946, S. 84-89; zitiert nach: Quellen geistlichen Lebens, Bd. II: Das Mittelalter. Matthias-Grünewald-Verlag Ostfildern 2008, S. 38f
Gebet von Anselm:
Herr, mein Gott, der mich geschaffen und neu geschaffen hat, sag meiner verlangenden Seele, was du über
das hinaus bist, was sie gesehen hat, damit sie dich rein erkennt. … Du bist überall, und doch sehe ich dich nicht.
In dir bewege ich mich, und in dir bin ich (vgl. Apostelgeschichte 17, 28), und doch kann ich nicht zu dir kommen! Du bist
in mir und um mich, und doch, ich fühle dich nicht! Mein Gott, ich bete: Ich möchte dich erkennen, dich lieben und an dir
mich freuen. Wenn ich es in diesem Leben nicht ganz erreichen kann, so lass mich täglich fortschreiten, bis jenes Ganze
kommt; hier möge deine Erkenntnis in mir wachsen und dort vollendet werden. Hier nehme meine Liebe zu dir zu, um dort
vollkommen zu werden. Hier sei meine Freude groß in der Hoffnung, dort in der Wirklichkeit unbegrenzt.
Quelle: Anselm von Canterbury: Proslogion; zitiert nach: Monastisches Lektionar zum 21. April
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon
Online zu lesen gibt es Anselms
Schrift Warum
Gott Mensch geworden (Cur deus homo)
bei der Bibliothek Zeno.org.
Schriften von Anselm gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.
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- zuletzt aktualisiert am 23.09.2023
Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Erhard Gorys: Lexikon der Heiligen. dtv, München 1997
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• https://www.newadvent.org/cathen/01546a.htm - abgerufen am 19.07.2023
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler,
Stuttgart / Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb.
Aufl., Bd. 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993
• Otfried Krafft: Papsturkunde und Heiligsprechung: die päpstlichen Kanonisationen vom Mittelalter bis zur Reformation.
Böhlau, Köln - Weimar - Wien 2005, S. 104
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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