Gerhoh von Reichersberg
auch: Gerhoch
Gedenktag katholisch: 27. Juni
Name bedeutet: der hohe Speer (althochdt.)
Gerhoh wurde Regularkanoniker im wohl 757 - der Überlieferung zufolge durch Tassilo III. gegründeten - Kloster in Polling, das 1135 dann die Regel der Augustiner-Chorherren annahm. Gerhoh wurde Domherr und Leiter der Domschule in Augsburg. Im Investiturstreit stand Bischof Hermann von Augsburg auf der Seite des Königs gegen den Papst, deshalb floh Gerhoh 1119 aus Augsburg. 1126 bis 1132 lebte er in Regensburg unter Bischof Konrad.
Bischof Konrad ernannte Gerhoh dann zum Pfarrer von Chammünster - woraus die Stadt Cham wuchs. Mit kompromisslosen Positionen zur Kirchenreform und Lebensführung der Priester zog Gerhoh aber die Ablehnung durch den KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien. auf sich. Unterstützt wurde er auch von Erzbischof Konrad I. von Salzburg, der Gerhoh 1132 zum Propst im Stift Reichersberg ernannte. Dieses Kloster war 1084 vom Edlen Wernher von Reichersberg und dessen Gattin Dietburga nach dem frühen Tod ihres einzigen Sohnes Gebhard gestiftet worden, Gerhoh wandelte es um in ein Kloster regulierter Kanoniker.
1137 gründete Gerhoh in Reichersberg zusätzlich das Chorfrauenkloster, das bis ins 15. Jahrhundert bestand, sowie um 1150 das Hospital. Bei einer Reise nach Rom bat er 1142 erfolgreich um den Schutz des Papstes für das Doppelkloster und seine Besitzungen. Bis 1144 wurden auch Streitigkeiten mit dem Bistum Passau beigelegt. Im Streit um die Ernennung von Papst Alexander III. im Jahr 1159 geriet Gerhoh in Konflikt mit Kaiser Friedrich Barbarossa. 1167 erfolgten bewaffnete Angriffe auf seine Propstei, er musste fliehen und für zwei Jahre seinem Kloster fernbleiben.
Worte des Heiligen
Gerhoh verfasste auch eine Schrift Über das Bauwerk Gottes
. Sie beginnt folgendermaßen:
Bei der Vollendung jedes Bauwerks ist ein Dreifaches vonnöten: der Baumeister, der arbeitet, der Baustoff,
aus dem er verfertigt, und die Werkzeuge oder Hilfsmittel, mit denen er arbeitet. Wenn nach dem Baumeister und Schöpfer
dieses Bauwerks, mit dem wir uns befassen wollen, gefragt wird, so ist dies nach Darlegung des Apostels Gott.
Das Baumaterial aber ist der auserwählte Teil der vernunftbegabten Schöpfung, aus der mit Gott als Baumeister ein
Gemeinwesen errichtet wird, das nie untergehen wird. Der verwerfliche Teil der vernünftigen Schöpfung und jede unvernünftige
oder empfindungslose Schöpfung sind gleichsam die Hilfsmittel, deren sich dieser Baumeister bedient. Mag er auch keinerlei
Hilfe bedürfen, um etwas zu schaffen, so hat er doch dies alles in Weisheit geschaffen, wie der Psalmist rühmend
hervorhebt (Psalm 103, 24). Und darum widerspricht derjenige, der im ganzen kunstvollen Bau dieser Welt auch nur das letzte
Würmlein für überflüssig erklärt, der Weisheit des Baumeisters. Seine Weisheit hat nämlich nichts geschaffen und schafft
nichts, was überflüssig, nichts was unangemessen wäre; denn gerade aus dem Geschöpf, das nur für sich betrachtet in den
Augen der Toren als hässlich betrachtet wird, erhält der Aufbau des Ganzen seinen angemessenen Schmuck.
Aber der blinde Geist, der nicht das Ganze betrachtet, empfindet häufig entweder Ekel über den Teil oder er spottet
darüber, weil er nicht sieht, was sich in etwas hineinfügt. Zum Beispiel wenn einer nur die Nase oder das Auge, also nur
Teile des menschlichen Körpers, ohne den ganzen Körper wahrnimmt, könnte er ihnen zu wenig an Schönheit zuschreiben.
Gleichwohl mögen diese Teile von ihrem Ganzen getrennt den Augen und Seelen der Betrachter eher den Eindruck von
Hässlichkeit als von Zierde machen, so stellen sie doch, wenn ihr Ganzes unversehrt ist, einen Schmuck des Gesamten dar.
So muss man zugeben, dass sowohl die Nase eine Zierde darstellt, als auch das Auge zusammen mit der Zierde auch Nutzen
bringt, und dass nicht so sehr Nase und Auge als vielmehr deren Kritiker kritisierenswert erscheint. So zeigt sich also
der, der etwas an den Geschöpfen als überflüssig kritisiert, als blind und selbst als kritisierenswert. Denn ohne
Blindheit würde er das Ganze sehen und nichts an den Werken Gottes tadeln und mit dem Psalmisten sprechen: Treu ist
der Herr in all seinen Worten und heilig in all seinen Werken
(Psalm 144, 13).
Das hier ist das große Gebäude der ganzen Welt und gleichsam die universale Werkstätte; in ihr wird aufgrund des
wunderbaren Wirkens Gottes gleichsam ein Gebäude errichtet; wenn dieses vollendet ist wird der Hammer zerbrochen werden
und die Werkstätte in Bezug auf den Zustand, den sie jetzt zu haben scheint, ganz abgebrochen werden. Die Gemeinwesen
Gottes aber, das in der auserwählten vernünftigen Schöpfung besteht, wird weder jetzt noch einst zerstört werden, sondern
wird jetzt in unwiderruflichem Fortschritt erbaut und einst ohne Fehler bestehen. Aber da hinsichtlich des künftigen und
bleibenden Bestands dieses Gemeinwesens Gewissheit besteht, wollen wir uns mit ihrem zeitlichen Zustand beschäftigen; und
lasst uns, was seinen bisher noch unvollendeten Teil betrifft, mit Gottes Weisung sehen, wie es von Anbeginn der Welt an
erbaut wird.
Quelle: Ven. Gerhohi praepositi Reichenspergensis liber de aedificio dei, seu de studio et cura disciplinae ecclesiasticae. In: Migne Patrologia Latina, t.194, Sp. 1192 - 1194; eigene Übersetzung
Zitat von Gerhoh von Reichersberg:
Gerhoch bittet für die Menschen, die ihm im Laufe seines Lebens erheblich zugesetzt haben:
Wir haben von entsprechenden Menschen viele Herabsetzungen, Schmähungen und Misshandlungen erlitten. Dass diesen
nach abgeleisteter Buße von Gott auch gnädigste Vergebung zuteil werde, darum flehen wir die barmherzige Allmacht und die
allmächtige Barmherzigkeit an durch das friedensstiftende Opfer, das wir trotz unserer Unwürdigkeit nicht nur für die
Freunde, sondern auch für die Feinde darbringen, sooft wir mit seiner Gnade das Geheimnis des Altares feiern.
Quelle: Ven. Gerhohi praepositi Reichenspergensis liber de aedificio dei, seu de studio et cura disciplinae ecclesiasticae. In: Migne Patrologia Latina, t.194, Sp. 1194; eigene Übersetzung
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
Schriften von Gerhoh und seine Lebensgeschichte gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 18.07.2023
Quellen:
•
• http://www.datenmatrix.de/projekte/hdbg/kloster/kloester_detailansicht_basisdaten.php?id=KS0413&templ=relaunch_vorlage_detail_geschichte
- abgerufen am 18.07.2023
• Hans Pörnbacher: Stiftskirche Polling, 3. Aufl. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2019
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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