Ökumenisches Heiligenlexikon

Hrabanus Maurus

auch: Rhabanus, Rabanus

1 Gedenktag katholisch: 4. Februar
nicht gebotener Gedenktag im deutschen Sprachgebiet
Fest im Bistum Fulda
Diözesankalender Mainz
Niederlegung der Gebeine: 19. Mai

1 Gedenktag evangelisch: 4. Februar

Name bedeutet: H: der Rabe (althochdt.)
M: der Afrikaner (latein.)

Abt in Fulda, Erzbischof von Mainz
* um 780 in Mainz in Rheinland-Pfalz
4. Februar 856 in Winkel im Rheingau, heute Oestrich-Winkel (?) in Hessen


Hrabanus, Sohn der Adeligen Waluram und Waltrat, kam mit etwa zehn Jahren als Oblate ins Benediktinerkloster - an der Stelle des heutigen Domes - nach Fulda, wurde dort im Geist von Bonifatius und des angelsächsischen Mönchtums erzogen und trat dort in den Orden ein. 801 wurde er zum Diakon geweiht und war dann kurz am Hof von Karl dem Großen und bei Alkuin in der größten und berühmtesten Klosterschule seiner Zeit in Tours. Mit Alkuin verband ihn eine herzliche Freundschaft auch über die Studienzeit hinaus, dieser gab ihm seinen Beinamen Maurus in Erinnerung an Maurus von Subiaco, den Lieblingsschüler des Benedikt von Nursia.

804 kam Hrabanus Maurus wieder nach Fulda als Lehrer an der Klosterschule. Unter ihm wurde Fulda zum geistigen Zentrum des Ostfränkischen Reiches; zu seinen Schülern, die auch von weit her kamen, gehörte Walahfried Strabo von der Reichenau. Hrabanus sah seine Aufgabe darin, das klassische Wissen an seine Gegenwart weiterzugeben. Schon vor seiner Priesterweihe 814 verfasste er 28 Gedichte De laudibus sanctae crucis, Zum Lob des Heiligen Kreuzes. Hinzu kamen Erklärungen zu fast allen Büchern des AltenWir verwenden den Begriff Altes Testament, wissend um seine Problematik, weil er gebräuchlich ist. Die hebräische Bibel, der „Tanach” - Akronym für „Torah” (Gesetz, die fünf Bücher Mose), „Nevi'im” (Propheten) und „Kethuvim” (Schriften) - hat aber natürlich ihre unwiderrufbare Bedeutung und Würde. und Neuen Testaments, viele davon wurden als Geschenk oder auf deren Bitte an Päpste und bedeutende Personen des Frankenreiches geschickt. 822 wurde er Abt des großen Klosters in Fulda - 825 hatte es etwa 600 Mönche, in Filialen rund weitere 200. Mit dem Versuch, vom Papst eine Ausweitung der Rechte des Klosters durch ein gefälschtes Zacharias-Privileg zu erhalten, scheiterte Hrabanus. Er ließ Kirchen und Kapellen bauen und bemühte sich, Reliquien nach Fulda zu bringen. Als Anhänger von Kaiser Lothar I. musste er 842 aus politischen Gründen sein Amt niederlegen und lebte dann im Tochterkloster auf dem Petersberg als Schriftsteller.

Dom in Fulda
Dom in Fulda

Hrabanus verfasste neben seinen Schriften zur Bibel Werke für den Unterricht, so 819 De institutione clericorum, Über den Stand der KlerikerEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien., dazu Leidensgeschichten von Heiligen, Predigten und Hymnen, darunter wohl eine der bekanntesten Hymnen der abendländischen Liturgie, Veni creator spiritus, Komm Heiliger Geist, im katholischen Gotteslob unter 341 lateinisch und 342 deutsch. Hinzu kommen Stellungnahmen zu kirchlichen Problemen oder zur Frage der menschlichen Willensfreiheit und iele Lieder. De rerum naturis, Über die Natur, und die 22-bändige Enzyklopädie De Universo, Über das Weltall zeigen seine umfassende Bildung und Kenntnis der Kirchenlehrer, besonders des Augustinus von Hippo, wobei ihm in allen Fragen die Bibel Leitschnur war.

Nach fünf Jahren Auszeit und seiner Aussöhnung mit König Ludwig dem Deutschen wurde Hrabanus 847 der fünfte Nachfolger des Bonifatius auf dem Erzbischofsstuhl von Mainz; die Bischofskirche stand damals an der Stelle der - heute evangelischen - Kirche St. Johannis. 847, 848 und 852 hielt Hrabanus dort SynodenSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. ab und blieb auch wegen seiner Hilfsbereitschaft während einer großen Hungersnot in guter Erinnerung.

„Graues Haus” in Oestrich-Winkel
Graues Haus in Oestrich-Winkel

Hrabanus Maurus starb der Überlieferung nach in Winkel im Rheingau im bis heute erhaltenen Grauen Haus. Er wurde im damaligen Albanskloster in Mainz bestattet. 1515 wurden seine Gebeine als Teil der 20.000 Reliquien, die der Magdeburger Erzbischof Kardinal Albrecht von Brandenburg angesammelt hat, in den Dom - heute Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde - nach Halle an der Saale übertragen; als Albrecht von Brandenburg aufgrund seiner hohen Verschuldung und der Einführung der Reformation Halle verlassen musste, kamen die Reliquien nach Aschaffenburg, wo sie aber offenbar in der dortigen Reformation verloren gingen.

Hrabanus war einer der ganz großen abendländischen Gelehrten, daher ist sein Ehrenname Praeceptor Germaniae, Lehrer Germaniens.

Worte des Heiligen

Hrabanus empfiehlt gemäß seiner benediktinisch geprägten Spiritualität dem jungen König Lothar II. neben den anderen Kardinaltugenden vor allem die Tugend der Mäßigung:
Die Mäßigung wird so genannt, weil sie den Menschen dazu bringt, in allem das richtige Maß einzuhalten. Sie heißt auch deshalb so, weil sie in der Seele des Menschen das richtige Maß zwischen Wärme und Kälte herstellt; wenn zu viel Kälte herrscht, dann lässt diese blühende Keime verkümmern. Die Mäßigung ist demnach diejenige Tugend der Seele, welche dem ganzen Leben das richtige Maß verleiht. Der Mensch soll sich weder von allzu großem Hass zu Verwünschungen hinreißen lassen, noch vor allzu großer Liebe zum Schmeichler werden.
Alles, was es an Verschiedenheiten gibt, betrachtet die Mäßigung sorgfältig, sucht es zu dämpfen und auszugleichen. Sie wird mit einem anderen Namen auch Unterscheidung genannt, weil sie eben alles unterscheidet, auf dass es nicht das [gesunde] Maß überschreite, auf dass nichts allzu sehr nach rechts oder nach links abweiche, vielmehr sich alles auf dem Königsweg halte und den Schritt zügle, damit er ein angemessener bleibe. Daher stammt auch der Satz der Philosophen [z. B. von Solon], welcher trotz seiner Kürze ebenso wertvoll wie notwendig für das Leben ist: Nichts im Übermaß. Es wird eben nichts gesagt, weil auch das Gute unter dem Übermaß leiden kann. …
In einem Bild sagt Jakob darüber: Mein Herr weiß, dass die Kinder noch Schonung brauchen, auch habe ich für säugende Schafe zu sorgen. Überanstrengt man sie nur einen einzigen Tag, so geht das ganze Vieh ein (1. Mose 33, 13). Unter den säugenden Schafen und Rindern sind die Seelen zu verstehen, welche das Wort Gottes hören und aufnehmen. Wenn sie gezwungen werden, zu rasch Fortschritte zu machen, verlieren sie das, was sie aufgenommen haben. Die Kinder, die Schonung brauchen aber sind die, von denen Paulus sagt: Milch gab ich euch zu trinken statt fester Speise; denn diese konntet ihr noch nicht vertragen. Ihr könnt es aber auch jetzt noch nicht, denn ihr seid immer noch klein (1. Korintherbrief 3, 1 - 3). Leuten dieser Art sollen leichte Vorschriften - denn dies ist unter Milch zu verstehen - gegeben werden, bis sie feste und kräftige Speise, d. h. schwerere Vorschriften, ertragen können.

Quelle: Hrabanus Maurus: De anima, c. 10. In: Patrologie Latina 110, Sp. 1117f

Zitate von Hrabanus Maurus:

Nach 5. Mose 21, 10 - 13 ist es einem Israeliten erlaubt, eine Heidin zur Frau zu nehmen, wenn er ihr zuvor Nägel und Haupthaar schneidet. Hrabanus sieht darin ein Bild dafür, dass auch heidnisches Gedankengut von Christen übernommen werden darf, freilich nicht unkritisch:
Deshalb pflegen auch wir das zu tun, … wenn Bücher der weltlichen Weisheit in unsere Hände gelangen: Wenn wir in ihnen etwas Brauchbares finden, dann wenden wir es auf unsere Lehre an; wo aber etwas Überflüssiges über die Götzen, über die Liebe, über die Sorge um weltlichen Besitz zu lesen ist, da wollen wir ausrasieren, da wollen wir eine kahle Stelle stehen lassen, das wollen wir wie Fingernägel mit einem scharfen Messer abschneiden.

Wer zum Gipfel der Weisheit gelangt, muss notwendig zur Höhe der Liebe gelangen, denn keiner ist vollkommen weise, außer der, der vollkommen liebt. Wenn also jemand … zur Fülle der Weisheit zu gelangen sucht, tut er nichts anderes, als zur Vollkommenheit der Liebe zu gelangen, und so weit er in der Erkenntnis Fortschritte macht, so sehr kommt er auch in der Liebe voran.

Wer nachlässig in der Kontemplation ist, beraubt sich selbst der Anschauung des göttlichen Lichts; wer sich dann auf unbedachte Weise von Sorgen beanspruchen lässt und seinen Gedanken erlaubt, sich vom Strudel der weltlichen Dinge fortreißen zu lassen, der verurteilt sich zur absoluten Unmöglichkeit, in die Geheimnisse des unsichtbaren Gottes einzudringen.

Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter! Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.

Quelle: S. Haarländer: Rabanus Maurus - zum Kennenlernen. Ein Lesbuch. Mainz 2006

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Schriften von Hrabanus und seine Lebensgeschichte gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Der Dom in Fulda ist täglich von 10 Uhr bis 17 Uhr - sonntags erst ab 11.30 Uhr - zur Besichtigung geöffnet. (2021)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 19.10.2023

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• Erhard Gorys: Lexikon der Heiligen. dtv, München 1997
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• http://www.zenit.org/article-17960?l=german nicht mehr erreichbar
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl. Bd. 5. Herder, Freiburg im Breisgau 1996
• https://bistummainz.de/organisation/ehemalige-mainzer-bischoefe/kardinal-lehmann/texte-predigten/a-blog/Rabanus-Maurus-Eine-Saeule-der-Kirche-von-Mainz - abgerufen am 06.02.2024

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.