Ökumenisches Heiligenlexikon

Mauritius

französischer Name: Maurice
eingedeutscht: Moritz
Beiname: Primicerius, der Vorsteher

1 Gedenktag katholisch: 22. September
nicht gebotener Gedenktag im deutschen Sprachgebiet
Hochfest im Bistum Sitten und im Kanton Appenzell-Innerrhoden
gebotener Gedenktag in den Bistümern Chur uns Lausanne-Genf-Fribourg sowie im übrigen Bistum St. Gallen
nicht gebotener Gedenktag im Erzbistum Mailand, dem Ambrosianischen      Die Ambrosianische Liturgie entstand im 8. Jahrhundert unter orientalischem Einfluss, sie wird auf Ambrosius von Mailand zurückgeführt, von dem wohl die meisten Texte auch stammen. Sie wird v. a. in der Kirchenprovinz Mailand und im Bistum Lugano benutzt. Karl Borromäus förderte diese Sonderform, im Mittelalter wurde aus ihr auch die Gleichwertigkeit des Mailänder Erzbistums gegenüber Rom abgeleitet. Teil des Bistums Lugano und im mozarabischen      Der mozarabische Ritus, auch „westgotisch” oder „altspanisch” genannt, ist eine Liturgie in der römisch-katholischen Kirche, die sich im 4./5. Jahrhundert auf der Iberischen Halbinsel entwickelt hat und heute noch an einigen Orten in Spanien praktiziert wird. Der Name entstand nach dem Einfall der Mauren im Jahr 711, als die unter maurischer Herrschaft lebenden Christen – die „Mozaraber” – weiter ihren Glauben ausüben durften und damit auch diese Liturgie feierten. Ritus
Gedächtnis IV. Klasse      Im alten Messbuch entspricht die IV. Klasse einem nichtgebotenen Gedenktag. Grundsätzlich werden offiziell alle Klassen als „Feste” bezeichnet, da der Rang ja nicht durch das Wort „Fest”, sondern durch die Klasse gekennzeichnet wird.
Trifft ein Fest IV. Klasse auf den selben Tag wie ein Fest III. Klasse, dann kann das Fest IV. Klasse nie gefeiert, sondern immer nur kommemoriert werden. Um ein solches „nichtfeierbares” Fest IV. Klasse zu kennzeichnen, bezeichnen wir es nicht als „Gedenktag”, sondern als „Gedächtnis” IV. Klasse.

Übertragung der Gebeine nach Turin: 15. Januar
Übertragung von Reliquien in die Jesuitenkirche São Roque nach Lissabon: 25. Januar
in Magdeburg: Ankunft der Reliquien: 25. Februar
Weihe der Kirche in Amiens: 16. April
Erhebung der Gebeine: 12. Mai
Übertragung der Gebeine in Minorisa, heute Manresa in Spanien: 31. August
Übertragung der Gebeine: 4. September
in Magdeburg: Ankunft seiner Kopfreliquie: 28. September
in Genf: Auffindung der Gebeine: 26. Oktober
in Angers: Übertragung der Armreliquie: 2. Dezember

1 Gedenktag evangelisch: 22. September

1 Gedenktag orthodox: 22. September, 27. Dezember

Name bedeutet: der Maure (Mohr) (latein.) oder abgeleitet von Moeris - dem heutigen Qarun-See bei Fayyum(griech. - ägyptisch)

Märtyrer
* in der Thebais - der Gegend um Theben, heute Ruinen bei Al-Uqsur in Ägypten
302 (?) bei Agaunum, heute St-Maurice in der Schweiz


El Greco: Das Martyrium des Mauritius und seiner Thebäischen Legion, 1580/81, im Kloster San Lorenzo des Escorial in Madrid
El Greco: Das Martyrium des Mauritius und seiner Thebäischen Legion, 1580/81, im Kloster San Lorenzo des Escorial in Madrid

Mauritius war der Überlieferung nach römischer Offizier, Anführer der 22., der thebäischen Legion, die in der Thebais ausgehoben worden war, nur aus Christen bestand und dann in Agaunum stationiert war. Sie hatten sich geweigert, den alten Göttern zu opfern und sich an der Verfolgung der Christen zu beteiligen. Daraufhin ließ Kaiser Maximianus, der Mitregent von Kaiser Diokletian, der zu jener Zeit in Octodurum - dem heutigen Martigny - weilte, jeden zehnten Mann zur Abschreckung umbringen, was aber ohne Erfolg blieb. Er wiederholte das so lange, bis die ganze Legion ermordet war. Mit Mauritius gehörten zu den getöteten Führern Innocentius, Exuperius, Candidus und Victor.

Die Geschichte des Mauritius und seiner Gefährten geht zurück auf die um 400 verfasste Leidensgeschichte und die um 445 von Eucherius von Lyon verfasste Passio Acaunensium martyrum, die Leidensgeschichte der Märtyrer von Agaunum, worin er sich auf eine mündliche Zeugenkette berief. Sie diente in der Zeit, in der das Christentums zur Staatsreligion geworden war vor allem zur Legitimation, um Soldaten in die christliche Gemeinschaft aufzunehmen indem sie an Mauritius und seinen vielen Gefährten zeigt, dass auch Soldaten tugendhafte Menschen sind und sich Soldat- und Christsein nicht ausschliessen müssen.

Gebeine der Märtyrer wurden schon um 380 aufgefunden und Bischof Theodor von Octodorum gezeigt, der über den Grabstätten im heutigen St-Maurice eine Kirche errichten ließ, die zum Wallfahrtsort wurde; diese Gedenkstätte ist archäologisch nachgewiesen. Da sie verkehrsgünstig am Fuß des Großen St. Bernhard liegt, wurde die Verehrung durch Reisende schnell bis nach Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland und England verbreitet.

Relief, um 1645, am Portal der Kirche St. Leodegar im Hof in Luzern
Relief, um 1645, am Portal der Kirche St. Leodegar im Hof in Luzern

Ab 515 wuchs aus der Mauritius geweihten Kirche das Kloster St-Maurice d'Agaune, gegründet durch König Sigismund von Burgund; das Kloster ist damit das älteste ununterbrochen bewohnte des Abendlandes, nunmehr seit 1500 Jahren. Seit dem 11. Jahrhundert befolgen dessen Mönche die Augustinerregel, die Äbte trugen bis 1840 die Titularwürde des Bischofs von Betlehem, der Kirchenschatz ist der bedeutendste der Schweiz. An der Stelle des angeblichen Martyriums von Mauritius im Ortsteil Vérolliez wurde eine Kapelle erbaut.

Nach einer anderen Leidensgeschichte eines unbekannten Verfassers - wohl aus dem 5. Jahrhundert - weigerte sich die Thebäische Legion bei einem Feldzug Maximians gegen aufständische Sklaven in Gallien 285/286, an den Opferhandlungen vor der Schlacht teilzunehmen. Eucherius' Überlieferung wirft Probleme auf, weil die Ränge der militärischen Führer zu einer römischen Reiterei, nicht aber zu einer Legion passen. Die Umstände der Entdeckung fügen sich aber gut in Formen der Heiligenverehrung ein, durch die Bischöfe damals nichtchristliche Kulte ersetzen wollten.

Kloster in St-Maurice heute
Kloster in St-Maurice heute

Die Legenden um Mauritius und die Thebäische Legion wurden schon bald ergänzt durch weitere Geschichten, zunächst die von Ursus und Victor, die demnach zunächst entkamen und später in Solothurn gemartert wurden. Später kam auch die Legende von Verena und die von Felix und Regula hinzu, schließlich sogar die von Victor von Xanten oder Alexander von Bergamo.

Mauritius-Schrein, 12./13. Jahrhundert, heute im Museum im Kloster in St-Maurice
Mauritius-Schrein, 12./13. Jahrhundert, heute im Museum im Kloster in St-Maurice

Die zahlreichen Pilger, die nach St-Maurice kamen, verbreiteten die Verehrung im 5./6. Jahrhundert in der Schweiz. Gregor von Tours berichtete ebenso wie das Martyrologium des Hieronymus. Schon die Merowinger verehrten Mauritius, bei den Karolingern war er der Patron des Militärs. St-Maurice wurde zum zentralen Heiligtum des Burgunderreichs, 888 wurde er Patron des Königreiches Burgund. Mehr als 480 Kirchen und mehr als 60 Gemeinden in Frankreich tragen heute seinen Namen, besonders häufig in Burgund, im Elsass und in Lothringen. Weltweit sind ihm 850 Kirchen geweiht, darunter neben denen in Frankreich 138 in Deutschland, je 75 in der Schweiz und in Italien.

Bischof Ulrich von Augsburg pilgerte der Überlieferung zufolge selbst nach St-Maurice, um dort Reliquien abzuholen, die seit dem 11. Jahrhundert in der Kirche St. Moritz in Augsburg liegen. Der deutsche Kaiser Otto I. erhielt anlässlich seiner Heirat 951 mit Adelheid, der Tochter des Königs von Burgund, von diesem zum Weihnachtsfest 960 Reliquien von Mauritius und einigen seiner Gefährten für seinen neuen Dom in Magdeburg - der 955 errichtete erste Dom war wie das schon 937 dort errichtete Kloster Mauritius geweiht und stand an der auf dem heutigen Domplatz markierten Stelle. Dieser Dom mit den Reliquien galt damals als das ehrwürdigste Heiligtum auf deutschem Boden. 1220 kam durch Erzbischof Albrecht II. auch Mauritius' Hirnschale nach Magdeburg in den neuen Dom.

A. Schweri / Louis Halter: Glasfenster, 1925, in der neuen Mauritiuskirche in St-Moritz
A. Schweri / Louis Halter: Glasfenster, 1925, in der neuen Mauritiuskirche in St-Moritz

Kaiser Otto I. führte seinen Sieg gegen Ungarn von 955 auf Mauritius' Hilfe zurück und ließ 962 sein Fest vom Papst bestätigen. Zur Zeit der Ottonen und Stauferkaiser blühte die Verehrung von Mauritius in Deutschland, Mauritius wurde zum Reichsheiligen und zum vom Hochadel bevorzugten Kriegerheiligen, dessen Heilige Lanze in wichtigen Kriegszügen des Reiches vorangetragen wurde. Vom 12. Jahrhundert an wurde der Kaiser im Petersdom in Rom am Mauritius-Altar gesalbt. Eine große Zahl von Mauritius- und Moritzkirchen entstand, eine noch größere Zahl von Wappen von Adelsgeschlechtern, Bistümern, Klöstern, Städten und Dörfern zeigten Mauritius.

Neben unzähligen anderen liegen - angebliche - Reliquien von Mauritius in Auxerre, der Schädel in der ihm geweihten Kathedrale in Vienne, weitere Gebeine im Dom in Köln, im heutigen Dom in Magdeburg, in der Willibrord-Basilika in Echternach sowie in Centula - dem heutigen St-Riquier. Auch in der Krypta der Kirche des Klosters Saint-Victor in Marseille wird ein Mermorsarkophag aus dem 4. Jahhrhundert gezeigt, der Gebeine von Gefährten des Mauritius enthalten soll.

Zunächst vereinzelt - so in der Deutschen Kaiserchronik aus dem 12. Jahrhundert -, vom späten 14. Jahrhundert an immer häufiger, wird Mauritius als Schwarzer dargestellt; daher gilt er auch als Patron der Handwerker, die mit Farben zu tun haben. Im 15. Jahrhundert wurde Mauritius auch Patron von Ritterorden, so dem Orden vom Goldenen Vlies.

Im 12. Jahrhundert erblühte unter Erzbischof Wichmann von Seeburg der Mauritiuskult in Magdeburg, im ab 1209 neu errichteten dortigen Dom findet sich eine Vielzahl von Mauritiusdarstellungen. Handelsbeziehungen brachten die Verehrung über die Ostsee ins Baltikum, wo auch in Riga und Tallinn Bilder von ihm zu finden sind. Selbst an der Sophienkathedrale in Nischni Nowgorod in Russland sind zwei Bronzetüren mit einem Mauritiusrelief zu finden, die eine Magdeburger Gießhütte 1154 für die Kathedrale in Płock in Polen angefertigt hatte. Nachdem Jüterbog ab 1157 zum Erzstift Magdeburg gehörte, breitete sich auch hier die Mauritius-Verehrung aus, um 1570 wurde er ins Stadtwappen eingefügt.

Stadtwappen von Coburg
Stadtwappen von Coburg

Das Wappen der Stadt Coburg zeigt seit um 570 den Mohrenkopf Mauritius', weil seine Reliquien bei der Überführung nach Magdeburg hier Station machten und Teile in der Morizkirche verblieben; im Dritten Reich musste die Wappentradition Coburgs den NS-Machthabern weichen, die der Stadt als neues, schwarz-gelbes Stadtwappen ein Schwert mit Hakenkreuz verordneten; nach der Befreiung 1945 gehörte es zu den ersten Amtshandlungen des kommissarischen Oberbürgermeisters, den Mohrenkopf als Stadtwappen wieder einzuführen.

Erzbischof Anno von Köln brachte 1069 eine Reliquie von Mauritius zusammen mit einer solchen von Innocentius aus St-Maurice in die von ihm gegründete Abtei St. Michael nach Siegburg; nach deren Auflösung 2011 kam die Reliquie in die Schatzkammer der nahen Kirche St. Servatius in Siegburg.

J.A. Breitenauer: Mauritius-Statue, um 1760, am Hochaltar der Moritzkirche, der ältesten Kirche in Ingostadt
J.A. Breitenauer: Mauritius-Statue, um 1760, am Hochaltar der Moritzkirche, der ältesten Kirche in Ingostadt

Im Ortsteil Veroliez von St-Maurice birgt die Kapelle den Stein, auf dem Mauritius angeblich enthauptet wurde. In St. Moritz blieb von der der im 19. Jahrhundert abgebrochenen, Mauritius geweihten Kirche der im 13. Jahrhundert gebaute schiefe Turm erhalten und ist das Wahrzeichen des Ortes; unweit davon wurde inzwischen die neue katholische Mauritiuskirche errichtet. In Wiesbaden wurde um 785 eine Mauritius geweihte Kirche an der Stelle des heutigen Mauritius-Platzes erbaut, der - nach der Reformation evangelische - Nachfolgebau wurde 1850 bei einem Brand zerstört und dann abgetragen; heute ist die 1845 bis 1849 gebaute Bonifatius-Kirche die katholische Hauptkirche der Stadt und Mauritius die 1967/1968 errichtete katholische Kirche in einem Neubauviertel geweiht.

Kanonisation: Die Verehrung von Mauritius wurde auf Veranlassung von Kaiser Otto I. im Jahre 962 von Papst Johannes XII. bestätigt.
Attribute: dunkelhäutiger Ritter

Patron von Burgund und der Kantone Wallis und Appenzell-Innerrhoden, von Coburg, Ingolstadt und Wiesbaden; der Soldaten, Waffen- und Messerschmiede, Kaufleute, Färber, Hutmacher, Tuchweber, Wäscher und Glasmaler; der Pferde und Weinstöcke; in Kämpfen, bei Pferdekrankheiten; gegen Besessenheit, Gicht und Ohrenleiden; zweiter Patron des Bistums Magdeburg
Bauernregeln: Ist das Wetter an St. Mauritius klar, / toben Winde im kommenden Jahr.
Ist St. Moritz hell und klar, / stürmt der Winter, das ist wahr.
Gewitter um Mauritius / bringet Schaden und Verdruss.
Zeigt sich klar Mauritius, / viele Stürm' er bringen muss.

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Die Schilderung des Eucherius von Lyon über Die Thebäische Legion ist zu lesen in der Bibliothek der Kirchenväter der Université Fribourg auf Deutsch.

Alle Orte der Mauritius-Verehrung weltweit gibt es auf der Internetpräsenz der Abtei St-Maurice, meist mit Fotos und Erläuterungen.

Die Transkription der lateinischen Leidensgeschichte von Mauritius und seinen Gefährten hat Beat Näf, Professor für Alte Geschichte an der Universität Zürich, veröffentlicht.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Der Dom in Magdeburg ist täglich von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. (2023)
Die Willibrord-Basilika in Echternach ist täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. (2022)
Die evangelische Moritzkirche in Coburg ist montags bis freitags ab 8 Uhr, samstags und sonntags ab 10 Uhr jeweils bis zum Abend geöffnet. (2021)



Web 3.0 - Leserkommentare:

Zum Begriff Mohr:

Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen

Die geliebten Mohrenköpfe hat man ja bereits abgeschlagen, und der Sarotti-Mohr wurde in einen blassen Magier umgewandelt. Die nächsten Opfer werden gewiss nicht lange auf ihre Eliminierung warten müssen, allen voran die zehn kleinen Negerlein – und kein Mädchen in einem Berliner Autobus wird angesichts eines dunkelhäutigen Erwachsenen mehr erfreut ausrufen können: Guck mal, ein ganz großes Negerlein. Die Geschichte von den schwarzen Buben mit dem kohlpechrabenschwarzen Mohr will die political correctness selbstverständlich aus dem Struwwelpeter verbannen – und damit sicherlich eine der wenigen eindeutig antirassistischen Geschichten der Kinderliteratur. Jim Knopf muss gewiss ebenfalls daran glauben (oder sich umfärben lassen), und der bei milden Gaben so freundliche Nickneger am Rand der Weihnachtskrippen ist wohl schon verjagt worden. Ein ähnliches Schicksal könnte Caspar blühen, dem schwarzen Weisen aus dem Morgenland – zumal der seine Hautfarbe erst recht spät bekommen hat als Würdigung für den schwarzen Kontinent, der auch nicht mehr so heißen darf.

Konsequenterweise sind auch andere Werke zu bereinigen. So haben z. B. die übel diskriminierten Osmin und Monostatos aus Mozarts Entführung aus dem Serail und der Zauberflöte zu verschwinden, sicherlich auch Shakespeares und Verdis Othello, der Mohr von Venedig. (Dann hätte man auch bei der Interpretation der Hauptrollen durch Placido Domingo und Grace Bumbry viel Schminke sparen können.)

Bleiben wir noch kurz bei den wieder einmal auszutreibenden Mohren: Das griechische Wort maurós, dunkel, stammt wohl aus einer nordafrikanischen Berber-Sprache und war eine Selbstbezeichnung der dort lebenden Menschen. Mit der Koinä, der griechischen Verkehrssprache, verbreitet es sich im gesamten Mittelmeerraum und kommt so auch nach Spanien, wo es zur Bezeichnung der aus Nordwestafrika stammenden – und dann brutal zurückgetriebenen – Moros, der Mauren dient. In Südfrankreich erscheint das Wort beispielsweise im Namen des dunklen Gebirgszugs an der Côte des Maures. Und in französischer Aussprache und deutscher Schreibweise wanderte der Mohr dann in unsere Breiten ein, wo er offenbar, zumindest von Kindern, recht freundlich aufgenommen wurde, was eben die Mohrenköpfe und der Sarotti-Mohr belegen.

Die so dringlich geforderte Eliminierung der Bezeichnung wird einige Mühe machen und einige Zeit in Anspruch nehmen. Schließlich müssen da Staaten wie Mauretanien und Mauritius umbenannt und die berühmte Briefmarke wohl überdruckt werden. Namen von Straßen und U-Bahnstationen – auch noch mit dunklem rot-braunem Stein ausgekleidet! – sind nicht länger tragbar. Für die maurische Kunst und Kultur ist eine neue Bezeichnung vonnöten. Der möglicherweise aus dem Sudan stammende und oft – wie bei der großartigen Skulptur im Magdeburger Dom – als Schwarzer dargestellte heilige Mauritius kann zwar vielleicht seine Hautfarbe behalten, muss aber umgetauft werden und einen weniger verräterischen Namen bekommen – und das gilt selbstverständlich auch für alle lebenden und toten Maurizios, Maurices und Moritze der Welt, einschließlich sächsischer Könige und ihrer Moritzburg nahe Radebeul bei Dresden.

Moritzburg nahe Radebeul
Moritzburg nahe Radebeul

Auch Städte wie Coburg sollten über ihre Wappen nachdenken, ebenso Brauerein, Gasthäuser, Apotheken. Den Familiennamen Mohr könnte man vielleicht durch Maurer ersetzen – die ausnahmsweise nichts mit den Mauren oder Mohren zu tun haben. (In diesem Zug wären vielleicht auch andere, auf der Unterscheidung von körperlichen Merkmalen basierende, also im Wortsinn diskriminierende, Familiennamen auszurotten: Schwarz, Roth, Grau, Weiß; Kurz und Lang; Stumpf und Spitz u. v. a. m.)

Vor den politisch Korrekten liegt also noch viel Arbeit, zu der konsequenterweise auch die Abschaffung der dis­kriminierenden Bezeichnung Weißer gehörte. Mir selbst läge vor allem daran, die einzige tatsächlich in übler Weise diskriminierende, von der political correctness aber sanktionierte, Bezeichnung zu ächten: Coulered, Farbiger. Damit wird die Menschheit kurzerhand in zwei Lager aufgeteilt: Hier die (guten) Weißen, dort die (schlechten) Anderen. Aber kein Mensch ist weiß – allenfalls ein blasses Bleichgesicht – und kein Mensch ist farbig, quasi buntscheckig oder schwarz-weiß gescheckt wie Wolfram von Eschenbachs Feirefitz und Josweiz: Das sind Kinder der Poesie.

PS: Das Zitat in der Überschrift findet sich übrigens nicht bei Shakespeare, wie man vermuten könnte, sondern in Schillers Fiesko – wo der Mohr allerdings nicht seine Schuldigkeit, sondern seine Arbeit getan hat.

Michael Kraus aus Berlin über E-Mail, 19. November 2013





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 12.05.2024

Quellen:
• Vera Schauber, Hanns Michael Schindler: Heilige und Patrone im Jahreslauf. Pattloch, München 2001
• P. Ezechiel Britschgi: Name verpflichtet. Christiana, Stein am Rhein, 1985
• Hiltgard L. Keller: Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Reclam, Ditzingen 1984
• http://www.coburg-tourist.de/index_d.html
• http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/10907537/61939/
• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10198.php
• http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D10228.php
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 6., Herder, Freiburg im Breisgau 1997
• http://www.abbaye1500.ch/index.php/le-jubile/lieux-dedies
• http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Wie-das-Papst-Blut-nach-Augsburg-kam-id31842332.html
• http://f15919.nexusboard.de/t948f94-Der-Hl-Mauritius-im-Dom-schreibt-Geschichte.html
• http://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/unser-bayern/detailansicht-unser-bayern/artikel/mohr-im-wappen.html
• https://www.kath.ch/newsd/burgunderkoenig-sigismund-erfand-den-heiligenkult-um-die-thebaeer

korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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