Tassilo III. der Verlierer
,
ein präsumtiver Seliger
Leben und Wirken des Bayernherzogs Tassilo III. wird seit jeher aus der Sicht des Konflikts mit
Karl I. „dem Großen” gesehen. Die moderne Forschung hat einige
zeitgenössische Berichte in Zweifel gezogen und Teile des Quellenmaterials neu interpretiert.
Es waren in erster Linie die Karl I. nahestehenden Reichsannalen (Annales regni Francorum
), die von Tassilo
das Bild des abtrünnigen Vasallen entwarfen, der gegenüber Karls Vater – Pippin III. – die Heerfolgepflicht verletzt hatte
und sich deshalb 25 Jahre später in der Ingelheimer
Kaiserpfalz dafür verantworten musste.
Die vorangeführten Fakten liefern den Grund für eine etwas ausführlichere Biografie des letzten Baiernherzogs aus dem Haus der Agilolfinger.
Bayern hatte sich staatlich, rechtlich und sozial unter der in diesem Bereich alles dominierenden Führung der Agilolfinger
gebildet und entwickelt. Die Agilolfinger, das älteste bayrische Herrschergeschlecht, dessen Herkunft bislang nicht eindeutig
geklärt werden konnte, trat zur Mitte des sechsten Jahrhunderts in der Person des Herzogs Garibald erstmals in Erscheinung.
Die großen Verdienste dieses Geschlechts sind in der Besiedlung und Christianisierung Bayerns zu sehen. Unter ihrer Führung
wuchsen die ethnisch verschiedenen Teile des bayrischen Stammes zu einer Volkseinheit mit starkem Eigenleben zusammen.
Erst mit den Feldzügen des fränkischen Hausmeiers aus dem Geschlecht der Karolinger, Karl Martell, geriet das Land in
die Abhängigkeit der Franken, die nach der Niederlage der bayrischen Armee im Jahr 743 noch beträchtlich wuchs.
Nach Karl Martells Tod am 22. Oktober 741 erhoben sich die Herzöge von
Aquitanien,
Schwaben und Bayern gegen Karls Söhne
Karlmann und Pippin. Papst Zacharias
stand zunächst auf der Seite des romorientierten
Bayernherzogs Odilo, dem Kopf der antifränkischen Liga, der Bayern vom
Reich zu trennen suchte und auch die bayrische Landeskirche von der Reichskirche trennen und direkt Rom unterstellen wollte.
Da der Papst die fränkische Sache für verloren hielt, unterstütze er kräftig den bayrischen Separatismus gegen die
beiden Hausmeier.
Doch Karlmann und Pippin besiegten 743 die Aquitanier, verheerten Alemannien bis zur Donau und lagen dann fünfzehn Tage
den Bayern am Lech gegenüber. Vor der Schlacht gebot der päpstliche
Legat im Namen des hl. Petrus Pippin den Abzug und den Verzicht auf die Oberhoheit.
Die Bemühungen des Legaten zeitigten keinen Erfolg, es kam zur Schlacht, bei der die Bayern bis zum
Inn zurückgeworfen wurden. Odilo gelang die Flucht und der Papst
schwenkte nun rasch ins Lager des Siegers. Um sein Herzogtum behalten zu können, musste Odilo die Oberhoheit der Franken
anerkennen.
Nur wenige Jahre zuvor stand der Bayernherzog in einem ganz anderen Verhältnis zu den Karolingern.
Vieles spricht dafür, dass Odilo zunächst ein alemannischen
Teil-Herzogtum innehatte, bevor er 736 das Herzogtum Bayern erhielt. Trotz einer schwierigen Situation in den ersten
Herzogsjahren gelang es ihm, schon 739 im Verein mit Bonifatius die
kanonischen Bischofssitze Regensburg,
Passau,
Freising und
Salzburg einzurichten und damit eine
Kirchenorganisation zu schaffen, die bis heute gültig ist. Ob diese Bischofsorganisation der Hauptgrund für die Opposition
in Bayern wurde, die Odilo veranlasste, an den Hof Karl Martells und dessen zweiter Gemahlin Swanahild, einer Verwandten
Odilos, zu fliehen, ist nicht mehr feststellbar.
Am karolingischen Hof lernte er Karl Martells Tochter Hiltrud aus dessen erster Ehe mit Chlotrud kennen und lieben.
Bezüglich des Datums der Eheschließung und der Geburt des gemeinsamen Sohnes Tassilo kursieren die unterschiedlichsten
Angaben. Anzunehmen ist, dass beide Ereignisse um das Jahr 740 stattfanden.
Das Papsttum, das einst Odilo verlassen
und verraten hatte, ließ auch dessen Sohn Tassilo im Stich, als sich Karl
I. „der Große” gegen ihn wandte.
Dabei war Tassilo III., der letzte Agilolfinger, dessen Herrschaft von Anbeginn unter
der Hoheit seines Onkels Pippin stand, klerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat.
Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.ergeben
wie nur wenige Fürsten, vor allem der ewigen Liebe und des furchtbaren Grauens halber,
um dem Pfuhle des Teufels zu entgehen und den Himmelssaal zu verdienen
. Er schützte die
Priester durch ein hohes, die Bischöfe durch ein enormes Wergeld. Er begünstigte die Mission
der Angelsachsen und des Bonifatius,
des Apostels der Deutschen
. Er ließ die sterblichen Reste heiligmäßiger Männer in sein
Land bringen, wie die des Valentin von Rätien
nach Passau und des
Corbinianus nach
Freising.
Er ließ Kirchen mit Mönchsbehausungen errichten und beschenkte sie verschwenderischer als
irgend einer seiner Vorgänger. Er dehnte die bayrische Herrschaft immer weiter nach Süden
und Osten aus, wobei nicht zuletzt die Klostergründungen eine wichtige Vorarbeit leisteten.
Tassilo wurde nach dem am 18. Jänner 748 erfolgten Tod seines Vaters mit der Zustimmung
Pippins im Kindesalter und unter der Vormundschaft seiner Mutter Herzog von Bayern.
Aber noch im selben Jahr bemächtigte sich Grifo, der 726 geborene Sohn Karl Martells aus
dessen zweiter Ehe, der wegen seiner angilofingischen Abstammung einen Thronanspruch
geltend machte, im Verlauf der Erbstreitigkeiten mit seinem Halbbruder Pippin, des Herzogtums.
Pippin marschierte in Bayern ein, vertrieb Grifo und setzte Tassilo wieder ein.
Schon 747 hatte Karlmann seine Länder
an Pippin übergeben und sich in die Klöster Monte
Soracte und Monte
Cassino zurückgezogen. In diesem Zusammenhang waren Gerüchte aufgekommen, dass dieser
Rückzug nicht ganz freiwillig war. Pippin ließ explizit in zeitgenössischen Quellen erwähnen,
dass es allein der Entschluss seines Bruders gewesen sei. Er übernahm dann jedoch unter
Umgehung möglicher Erbrechte von Karlmanns Kindern die Regentschaft des ganzen Frankenreichs,
die allerdings nicht unangefochten blieb.
Pippin war nun bestrebt, nach dem Amt des Hausmeiers auch den Königstitel zu erlangen.
Die faktische Macht lag schon lange bei den karolingischen Hausmeiern. Die merowingischen
Könige waren nur noch dem Namen nach die Herrscher. Zur Legitimation dieser Titelübernahme
bediente sich Pippin nach Darstellung der fränkischen Reichsannalen des Papstes Zacharias.
Pippin schickte dazu seinen wichtigsten Ratgeber, Fulrad
von St-Denis, und Bischof Burkard
von Würzburg, nach Rom
zum Papst mit der Frage: Wegen der Könige in Francia, die keine Macht als Könige hätten,
ob das gut sei oder nicht
. Wunschgemäß antwortete der Papst: Es ist besser, den als
König zu bezeichnen, der die Macht hat
, und im November 751 ließ sich Pippin durch eine
Versammlung der Franken zu Soissons
nach der Absetzung Childerichs III., der nebst seinem Sohn Theoderich in das Kloster Prüm
verwiesen wurde, zum König - Rex Francorum
- ausrufen und beendete damit die Reihe
der Könige aus dem Geschlecht der Merowinger.
Als Tassilos Mutter Hiltrud im Jahr 754 gestorben war, wurde ihr Bruder Pippin der direkte Vormund des jungen Herzogs.
Im 757 endete die Vormundschaft und im gleichen Jahr wurde Tassilo III. verpflichtet, König Pippin III. und seinen Söhnen
Karl und Karlmann auf dem Reichstag von Compiègne
den Treueid zu leisten. Tassilos Selbstständigkeit wurde durch diesen Eid aber nicht beeinträchtigt.
Später wurde
Tassilos Treueid als Vasallitätseid uminterpretiert und somit das 763 erfolgte Verlassen des Pippinschen Heers, das 25 Jahre
unbeanstandet geblieben war, 788 als Treue-Pflichtverletzung bzw. Fahnenflucht (althochdeutsch harisliz) gewertet.
Tassilo III. nahm auf das Kirchenleben in seinem Herzogtum starken Einfluss. Die SynodeSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten.
In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet.
von Aschheim im Jahr 756 (?) war die erste
Kirchensynode im bayrischen Stammesherzogtum. Sie fand unter der Patronanz von Tassilo III. statt. Neben allgemeinen Fragen
der Seelsorge, etwa den Schutz von Frauen und das Verbot von Inzestehen, ging es in dieser Synode vor allem um die von den
Franken geforderte Ausrichtung der bayrischen Christen auf
Rom, die in einem Machtstreit zwischen der von
Bonifatius eingeleiteten Vorherrschaft bischöflicher Strukturen über
davor selbstbestimmte und dem Stammesherzog ergebene Pfarreien und Klöster mündete. Ein Streitpunkt dabei war, wer das Recht
auf die Einhebung des Kirchenzehents beanspruchen konnte.
Ihr folgten 769/70 eine weitere Synode in Dingolfing
und 771 eine in Neuching.
Die Verbindung zwischen den Langobarden und Bayern waren aus politischen und wirtschaftlichen
Gründen immer stark gewesen. Tassilo III. hielt sich in den 760er Jahren mehrfach in Italien auf.
Wohl aus politischen Gründen heiratete er 763 Luitperga, eine der Töchter des Langobardenkönigs
Desiderius, um das bayrisch-langobardische Bündnis zu festigen. Mit ihr hatte er zwei Söhne,
Theodo III. und Theodebert, sowie die beiden Töchter Gotani und Rotrud.
Liutperga wurde für den Untergang ihres Mannes mitverantwortlich gemacht, da sie Tassilo III.
gegen die Franken aufgehetzt haben soll. Deswegen wurde sie von zeitgenössischen Chronisten als
böses, gottverhasstes Weib
bezeichnet (Einhard
in Vita Caroli Magni
und Annales
regni Francorum
).
Für die Ausdehnung der bayrischen Herrschaft nach Süden und Osten waren nicht nur die
Klostergründungen von großer Bedeutung, sondern auch ein Krieg.
Im Jahr 772 wurden der Herzog, die Bischöfe und der Adel Bayerns durch einen gewissen
Clemens peregrinus
zu einem Kreuzzug
gege
die Heiden Karantaniens aufgerufen, ein Land, das vor allem das heutige österreichische
Bundesland Kärnten
sowie Teile der Ober- und Mittel-Steiermark
umfasste. Der Brief dieses Clemens war sehr phrasenreich, so heißt es darin u. a.: Gott
verleihe den Baiern den Sieg gegen ihre Feinde, wie einst Gideon; Gott möge Tassilo Mut
geben, wie Samson; Gott sei mit ihnen wie mit David,
der Goliath besiegte.
Tassilo führte den Kreuzzug
nach Kärnten, brachte die Karantanen um ihre politische
Selbstständigkeit und eröffnete damit dort den Beginn der Deutschen Herrschaft bis in die
neueste Zeit hinein
(Prälat Lothar Waldmüller).
Dieser Sieg Tassilos III. über die Slawen hat für mehr als ein Jahrtausend die Herrschaft
der Deutschen über die Slawen bestimmt und zugleich Deutschland und christliche Mission in die
gleiche Front gebracht
(Historiker Ernst Klebel).
Nach Pippins III. Tod am 24. September 768 folgten ihm seine Söhne Karl
und Karlmann. Beide Brüder waren bereits 754 in Saint-Denis in Paris
von Papst Stephan II. gesalbt und zu Patriziern der Römer
ernannt worden. Bei ihrer feierlichen Thronbesteigung am 9. Oktober 768 wurden sie aber noch
einmal von den Bischöfen zu Königen gesalbt, Karl in Noyon,
Karlmann in Soissons.
Früh gab es Differenzen zwischen den Reichserben, spätestens seit 769 als Karlmann sich
nicht an der Niederwerfung des beiden zur Hälfte zugefallenen Aquitanien
beteiligte.
In Rom versetzten
die zunehmenden Zwistigkeiten der beiden Frankenfürsten den durch frankenfreundliche Kurialen,
vor allem durch den mächtigen Christophorus, auf den Thron gelangten Papst Stephan III. in Unruhe.
Diese steigerte sich noch beträchtlich, als er von einem Heiratsplan zwischen dem langobardischen
und dem fränkischen Königshaus erfuhr. Denn die Franken - bis zu Pippins Kriegen für den Papst
seit langem mit den Langobarden befreundet - sollten nach den Vorstellungen des Kirchenoberhauptes
wieder Feinde ihrer Nachbarn in Italien werden. Dazu kam noch, dass schon Tassilo III. mit
einer Langobardin verheiratet war und der langobardische König für seinen Sohn Adelchis
die Hand von Karls Schwester Gisela erbat.
Karl war zuvor schon in jungen Jahren verheiratet worden. Seine Gemahlin hieß Himiltrude
und war eine fränkische Edeldame
; sie gebar ihm einen Sohn und eine Tochter, die Pippin
der Bucklige und Rothaid genannt wurden.
Die Idee für die neue Eheschließung stammte von Karls Mutter Bertrada, die nach dem Tod
ihres Gatten eine einzigartige Stellung in der fränkischen Welt einnahm. Wenn sich Karl zu
einer königlichen Ehe entschloss, konnte er sich aus Gründen der Staatsräson von Himiltrude
scheiden lassen. Die Ehe, die Bertrada arrangieren wollte, bot so offensichtliche Vorteile,
dass niemand die Möglichkeit hatte, zu widersprechen – am allerwenigsten Himiltrude. Es war
eine dynastische Ehe von der Art, wie sie in späteren Jahrhunderten die Habsburger befähigte,
ungeheure Macht zu erwerben, ohne dafür zu kämpfen.
Die Hochzeit mit einer Tochter des Langobardenkönigs Desiderius fand 770 statt. Die neue
Königin blieb namenlos, in der einzigen Quelle, in der sie Desiderata genannt wird – das wäre
das moderne Désirée -, ist das Wort höchstwahrscheinlich nicht als Name gemeint.
Über das Schicksal der langobardischen Prinzessin wird in den Quellen lediglich berichtet, dass
sie ein Jahr lang Königin des Frankenlandes war und dann fortgejagt wurde.
771 heiratete Karl die aus dem schwäbischen Geschlecht der Udalriche stammende
Hildegard,
die mit der heiligen Lioba
befreundet war.
Die Verstoßung der Langobardenprinzessin hatte die Umkehr der gesamten Friedenspolitik zur Folge.
Karl hatte die Freundschaft seiner beiden Bundesgenossen Tassilo III.
und Desiderius verspielt und das ganze Jahr 771 gab es Gerüchte hinsichtlich eines Krieges zwischen den königlichen
Brüdern Karl und Karlmann, die mit dem plötzlichen Tod des jüngeren Bruders am 4. Dezember 771 endeten.
Der einzige, der sich über die Verstoßung der Tochter des Desiderius hätte freuen können, war der Papst. Der jedoch
hatte mit den Nachwirkungen einer Verschwörung zu kämpfen, in der er Desiderius und Karlmann hatte gegeneinander ausspielen
wollen.
Tassilo war über einen Zeitraum von fast drei Jahrzehnte bemüht, für die Gründung von Klöstern Sorge zu tragen. 753 kam
es zur Gründung des Klosters Wessobrunn, um die
sich eine besondere Legende rankt. 760 wurde das Kloster
Mattsee bei Salzburg gegründet. 768 gründete der
Salzburger KlerikerEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat.
Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.
Boso im Auftrag Tassilos III. das Kloster in
Gars am Inn.
Aus dem Jahr 769 ist eine in Bozen
ausgestellte Urkunde erhalten geblieben, in der Tassilo als Stifter für den Abt Atto von
Scharnitz genannt wird. Der Herzog übergab das
Gebiet von Innichen - italienisch heute San Candido - im Pustertal, wo dieser ein
Kloster errichten sollte, um das ungläubige
Geschlecht der Slawen auf den Pfad der Wahrheit zu führen
.
Zu den Gründungen, die auf Tassilo III. zurückgehen zählen auch die Klöster
Münchsmünster 1,
Pfaffenmünster im heutigen Münster - einem
Ortsteil von Steinach - bei Straubing und
Niedermünster in Regensburg.
Außerordentlich großzügig wurde das 777 gegründete
Kloster Kremsmünster im oberösterreichischen
Traungau bedacht, das ebenfalls als Vorposten und Stützpunkt der Slawenmission und als Sicherung seines Regiments über die
Heiden gedacht war.
Mit der Stiftung dieses Klosters steht eine
bekannte Sage – die Gunthersage – in Verbindung.
Nach Bernardus Noricus, dem Kremsmünsterer Geschichtsschreiber des frühen 14. Jahrhunderts, nahm Tassilo III. seinen
Sohn Gunther mit auf die Jagd. Bei der Verfolgung eines Ebers verirrte
sich der Prinz. Im Wald fand er schließlich eine Quelle. Im Kampf mit dem Eber war ihm beim Zustoßen der Schaft des Speeres
gebrochen. Das wütende Tier verletzte Gunther, der einsam verbluten musste. Von Hunden geführt, fanden die Jäger den toten
Prinzen. Erschüttert stand Tassilo vor der Leiche seines Sohnes und gelobte, hier ein Kloster zu stiften.
Die Kirche wurde über dem Grab des bei der Quelle Gundraeich
verstorbenen Herzogssohn errichtet, wobei die
Erscheinung eines brennende Kerzen im Geweih tragenden Hirsches Grab- und Bauplatz bestimmten.
Der Abt Friedrich von Aich ließ 1304 ein Hochgrab mit der damals geschaffenen Liegefigur Gunthers aufstellen, in dem
die 1232 aus dem alten Grab erhobenen Gebeine zusammen mit denen des Seligen
Wisinto neu beigesetzt wurden.
1712 wurden die Gebeine des sagenhaften Herzogsohnes und des seligen Wisinto in die neue Gruft vor dem Hochaltar übertragen. Seit 1948 befindet sich das Gunthergrab, ein Kenotaph aus weißem Nagelfluh, im südlichen Läuthaus der Stiftskirche.
Die Weihe des Münsters an der Krems zu Ehren
des Weltheilands fand am 9. November 777 statt, zu einer Zeit, die für
Tassilo III. nicht mehr so günstig war.
Noch 772 hatte Tassilo seinen Sohn Theodo von Papst Hadrian I. in
Rom taufen und salben lassen, denn sein
Herzogtum besaß gleichsam königliche Gewalt, wenn auch das nomen regium fehlte.
Im Frühjahr 772 besetzte Desiderius die Städte
Faënza,
Ferrara und
Commacchio und plünderte das Umland
Ravennas. Weiters drängte er den Papst, die
Söhne Karlmanns zu fränkischen Königen zu salben, um den Papst in Opposition zu
Karl dem Großen zu stellen. Der Papst weigerte sich und entfernte seine
pro-langobardischen Ratgeber. Desiderius besetzte daraufhin mehrere Städte in Mittelitalien, brandschatzte im römischen
Dukat und wandte sich gegen Rom. Er konnte
angeblich nur unter Androhung des Kirchenbanns von einem Angriff auf Rom abgehalten werden. Auf einen Hilferuf Hadrians hin
marschierten die Franken im Sommer 773 in Italien ein.
Desiderius musste kapitulieren und das lombardische Königtum
ging auf Karl über, der so Tassilos unmittelbarer Nachbar geworden war.
Wenn auch nicht mehr alles so glänzend dastand, so war doch bei der Einweihung der halbe bayrische Episkopat anwesend, darunter Virgil von Salzburg, vermutlich der Konsekrator, Walderich von Passau und Sintpert von Regensburg. Fünf Äbte fungierten als Zeugen, darunter die von Mondsee und Niederaltaich. Arn, der spätere Bischof von Salzburg, wirkte beim Grenzumritt mit. Abt wurde der HofKaplanEin Kaplan (von lateinisch capellanus, „der einer Hofkapelle zugeordnete Kleriker”) ist im deutschen Sprachraum ein römisch-katholischer Priester in den ersten Jahren nach seiner Weihe, der in der Regel noch einem erfahrenen Pfarrer unterstellt ist. In manchen Bistümern wird er Vikar genannt - dies ist die Bezeichnung des kanonischen Kirchenrechts von 1983 - in anderen Kooperator. des Herzogs – Fater -, der wie Arn aus dem Adelsgeschlecht der Preysing stammte.
Offensichtlich im gleichen Jahr stifteten Tassilo III. und seine Frau dem
Stift Kremsmünster ihren Hochzeitskelch
,
der am Fuß die Inschrift trägt: TASSILO DVX FORTIS + LIVTPIRC VIRGA REGALIS
, Tassilo, tapferer Herzog + Liutpirg,
königlicher Spross
.
Historiker sehen in diesem Kelch, der zu den bedeutendsten Kunstwerken der Welt gehört, ein wichtiges Dokument. Dieser
Kelch, eine prächtige und kunstvolle Goldschmiedearbeit aus dem Jahr 768, bezeugt nämlich das politische Bündnis des
bayrischen Fürsten mit den Langobarden.
Von Bedeutung ist auch noch die 782 erfolgte Gründung des Klosters Frauenchiemsee, auch Frauenwörth genannt, das 788 zum karolingischen Reichskloster wurde.
Obwohl Tassilo III. in der Auseinandersetzung Karls I.
mit Desiderius neutral geblieben war, spitzte sich der Konflikt mit den Karolingern weiter zu.
781 einigte sich Karl anlässlich seines Rombesuches
mit Hadrian I. zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen Tassilo.
Noch im selben Jahr erschienen zwei Gesandte des Königs sowie zwei vom Papst beauftragte
Bischöfe beim Herzog und drängten ihn zur Erneuerung des einst Pippin geleisteten Lehenseides
.
Tassilo lenkte zunächst ein, widersetzte sich aber dann erneut und bat 787 den Papst um
Vermittlung. Bischof Arn von Salzburg, der 785
von Tassilo III. eingesetzt worden war, verwendete sich in Rom für den Bayernherzog.
Hadrian I. lehnte nicht nur strikt ab, sondern drohte Tassilo und seinen Mitschuldigen
mit dem Anathema, dem Kirchenbann, falls er nicht Karl in allem gehorche. Er erklärte, ein eventueller
fränkischer Angriffskrieg gegen ihn sei ein gerechter Krieg
. Wenn der Herzog durch meine
Worte nicht bewogen wird, zu seiner Pflicht zu stehen, werden Karl und sein Heer von jeglicher
Sünde freigesprochen und die Verantwortung für Brandschatzung und jeglicher Schadenshandlung, die
zum Nachteil Tassilos und seiner Komplizen geschieht, enthoben.
Karl dagegen versprach er für alles mögliche Unheil, das er über Bayern bringe, von vornherein
die Absolution. Und als dieser 787 mit drei Heeren konzentrisch auf Bayern vorrückte, fand er keinen
ernsthaften Widerstand. Die bayrischen Großen, namentlich die Bischöfe
(Max Heuwieser,
Passauer Heimat- bzw.
Geschichtsforscher), hielten es selbstverständlich mit dem Stärkeren. Tassilo musste sich kampflos
ergeben, seinen Treueid erneuern und bekam sein Herzogtum als Lehen zurück.
Schon im folgenden Jahr aber wurde Tassilo zum Reichstag nach
Ingelheim zitiert, wo ihn Karl sofort verhaften
und entwaffnen ließ. Dann wurden in Bayern Tassilos Frau, seine Kinder und das Gesinde festgenommen und nach Ingelheim
gebracht. Erst danach beschuldigten ihn auf der Reichsversammlung Anhänger einer vom bayrischen Episkopat angeführten
tassilofeindlichen Partei
(Klaus Spigade) - Leute, nebenbei bemerkt, die in seinem Gefolge zum Reichtag gekommen waren
- eines angeblichen Bündnisses mit den Awaren,
und machten ihm förmlich den Prozess. Allerdings nicht wegen Hochverrats, was sich offenbar nicht beweisen ließ, sondern
wegen seiner – 25 Jahre zurückliegenden – in
Aquitanien begangenen Fahnenflucht
.
Die Versammlung verurteilte den Herzog einmütig zum Tod. Karl wandelte - angeblich von Mitleid gerührt
, so der
offizielle Annalist - aus Liebe zu Gott und weil derselbe sein Blutsverwandter war
, das Todesurteil in Klosterhaft
um, was einer lebenslangen Gefängnisstrafe gleichkam. Dabei erschien Karl den Zeitgenossen auch noch als gütiger,
gottesfürchtiger Landesvater. Tatsächlich agierte er nur machtbesessen, bemerkenswert unbarmherzig, es wirkt alles wie
eine geschickt arrangierte Szene – ein von Beginn an abgekartetes Spiel
(Siegfried Epperlein).
Tassilo III. wurde am 6. Juli 788 im Stift
in Sankt Goar zum Mönch geschoren und dann in das Kloster
Jumièges bei Rouen gebracht.
Doch nach einer sechsjährigen Klosterhaft, wahrscheinlich in
Lorsch, holte ihn Karl 794 auf einen Reichs-
und Kirchentag nach Frankfurt, ließ ihn hier in
einer widerlichen Farce um Verzeihung bitten für alles, was er ihm, Karl, und den Franken angetan, und auch für seine
Söhne und Töchter schriftlich auf das Herzogtum Bayern und seinen persönlichen Besitz Verzicht leisten. Den herzoglichen
Schatz hatte er natürlich schon 788 zu seinen Gunsten konfiszieren lassen.
Der Rex piissimus
, dessen Barmherzigkeit die Annales Laureshamenses (Lorscher Annalen für den Zeitraum 703 bis
803) in diesem Zusammenhang ausdrücklich rühmten, wollte also nicht nur Tassilo, sondern die ganze Dynastie vernichten.
Doch verzieh ihm Karl auch jetzt, versicherte ihn seiner Huld und nahm ihn, wie es heißt, wieder auf in seine Liebe,
da er in Zukunft sicher sei durch Gottes Erbarmung
.
Auf das Erbarmen Karls musste Tassilo verzichten. Um dessen Land endgültig kassieren zu können, hatte der König nicht
nur Tassilo, sondern auch seine Gattin hinter Klostermauern stecken lassen, ebenso ihre Söhne und ihre Töchter; Rotrud in
Soissons und Gotani in
Chelles, hier beaufsichtigt durch Karls Schwester.
Tassilos ältesten Sohn Theodo brachte man ins damalige
Kloster St. Maximin nach Trier, das
Klostergefängnis ihres zweiten Sohnes Theopert ist nicht bekannt.
Tassilo III. starb im Kloster Laurisham - dem heutigen Lorsch - am Rhein an einem 11. Dezember, das Jahr ist unbekannt geblieben, doch die meisten Experten glauben, dass der Bayernherzog im Jahr 796 starb.
Die in der zerstörten Basilika von Lorsch
aufgefundenen Grabinschrift fasst die Tragödie des Besiegten zusammen: TASSILO DUX PRIMUM, POST REX, MONACHUS SED AD
IMUM IDIBUS IN TERNIS DISCESSERAT ISTE DECEMBRIS
, Zuerst Herrscher, dann König, zuletzt Mönch. Er ist am 11.
Dezember gestorben
.
Im Stift Kremsmünster wird Tassilo III. wie
ein Heiliger verehrt. Vor dem Stift Mattsee
hat man dem Gründer ein Denkmal gesetzt.
Das Denkmal von Lotte Ranft zeigt Tassilo III. als schlichte Person mit verschränkten Armen, vertikal auf einer
Zeitscheibe sitzend, auf der Stationen aus seinem Leben dargestellt sind.
Darüber hinaus bemühen sich die Stiftsangehörigen um die Seligsprechung Tassilos. Die Begründung sehen die Mattseer in der Art und Weise, wie der letzte Agilolfinger sein Schicksal bewältigte.
Prof. Helmut Bouzek, E-Mail vom 13. Februar 2012
1 ▲ Die Überlieferung der sechs Klostergründungen ist sehr ungewiss, besonders gilt das für die angebliche Gründung von Münchsmünster. J. S., 2020
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