Heiliger Judenhetzer – der Retter des Abendlandes ?
Die im Ökumenischen Heiligenlexikon publizierte Vita des Johannes von Capestrano und die dazu ergangenen Leserkommentare geben aus meines Sicht Anlass für eine etwas ausführlichere Darstellung der Person des Heiligen und der zu seiner Zeit gegebenen Zustände in Europa.
Die Zeit, in der er lebte, war geprägt durch den Niedergang der universellen Mächte Papst- und Kaisertum, dem Aufstieg der westeuropäischen Nationalstaaten Frankreich und England, dem wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg des Bürgertums und die zunehmende Bedeutung der Naturwissenschaften. Die römisch-katholische Kirche steckte in verrotteten Verhältnissen, in einem schweren geistlichen und weltlichen Verfall, sodass aus ihr selber der Ruf nach Reformen immer lauter wurde. Allerdings kam er nicht aus den Reihen des höheren KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien. oder gar aus den Kreisen um den Papst, deren Macht- und Geldgier die Kritiker ja mobilisierte – und immer wieder scheitern ließ. Zwar wollte das Konzil von Konstanz, wie schon die SynodeSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. in Pisa, auch die causa reformationes behandeln, doch wurde sie, ungeachtet seiner fünf Reformdekrete, völlig vom Problem des Abendländischen Schisma und der Frage der Kirchenverfassung, des Konziliarismus, überschattet.
Der Vater des späteren Wanderpredigers war als Ritter im Heer des Herzogs Ludwig von Anjou nach Italien gekommen, hatte die Front gewechselt und war zum Vasall des Grafen von Celano mit Sitz in dem Bergstädtchen Capestrano geworden. Der Grund für den Heereszug war der Machtkampf der beiden Päpste Urban VI. und Clemens VII., mit denen das Abendländische Schisma begonnen hatte, der sich mit dem der ungarischen und der französischen Anjou um das Königreich Neapel verbunden hatte. Auf der einen Seite standen Clemens VII. und Herzog Ludwig von Anjou, der Bruder des französischen Königs Karl V., den seine Cousine zweiten Grades, die Königin Johanna I. von Neapel, deren Kinder alle jung gestorben waren, adoptiert hatte, während ihm Clemens für ein projektiertes Königreich Adria (regnum Adrie) fast den ganzen Kirchenstaat übertrug. Auf der anderen Seite agierten Urban VI. und Karl von Anjou-Durazzo, der nach dem Tod seines Vaters im Kerker unter dem besonderen Schutz Johannas erzogen worden war, und die ihm mit ihrer Nichte und seiner Cousine Margarethe von Anjou-Durazzo verheiratete. Karl wurde außer von Urban VI. auch vom ungarischen König Ludwig unterstützt, der sich eine Vereinigung von Ungarn und Neapel erhoffte.
1380 wurde Königin Johanna von Urban VI. zur Häretikerin, Schismatikerin und für abgesetzt erklärt. Urban VI. bot
darauf die Krone Karl von Anjou-Durazzo an. Johanna war diesem Papst grenzenlos verhasst - er zitterte vor Ungeduld,
sie von ihrem blutbefleckten Thron zu stoßen
(Gregorovius) -, da er wenigsten ein Drittel ihres Reiches als eigenes
Fürstentum
Salerno-Capua
seinem Neffen zugedacht hatte. Karl von Anjou-Durazzo, der Johanna I. von
Neapel am 22. Mai 1382 erdrosseln ließ, blieb
letztendlich siegreich und herrschte bis zum Jahr 1386 als König von Neapel. Die weiteren Bemühungen Ludwigs von Anjou
zur Eroberung Neapels verzehrten alsbald sein Vermögen, ohne dass sie von Erfolg gekrönt waren. Ludwigs Heer verkam
ohne Sold völlig, er selbst erlag im September 1384 einer Erkrankung in
Bari und vererbte seinen Thronanspruch auf
seinen Sohn Ludwig II.
Der ehemalige, wahrscheinlich aus Deutschland stammende Krieger und spätere Vasall das Grafen von Celano fand in den Abruzzen eine in Capestrano geborene junge Frau – möglicherweise aus der Familie der Amici -, die er ehelichte und die ihn zum Vater des später gefeierten Bußpredigers und Organisator von Massenveranstaltungen machte. Er dürfte schon in den Kindertagen seines Sohnes – etwa im Jahr 1392 - gestorben sein und seine Witwe musste für ihre Kinder und besonders für die Ausbildung ihres Sohnes Johannes sorgen.
Nach dem Erwerb entsprechender Grundkenntnisse immatrikulierte sich Johannes um das Jahr 1400 in der damals päpstlichen Universitätsstadt Perugia zum Jurastudium, wobei er auch Kanonisches Recht hörte. Seine Studien konnte der junge Mann um das Jahr 1409 abschließen und mit einer Gerichtslaufbahn in Neapel beginnen, wo auch politische Prozesse abgehandelt wurden. Ab etwa 1412 war er Richter in Perugia. Im gleichen Jahr verpfändete der Gegenpapst Johannes XXIII. die Stadt an König Ladislaus von Neapel, dem Sohn von Karl III. von Anjou-Durazzo, der Capestrano zum Statthalter bestellte. Der 26-jährige Statthalter heiratete die Tochter eines Grafen und führte ein vollkommen säkulares Leben und verabsäumte es nicht, auf die Pflege seines Äußeren großen Wert zu legen und sich elegant zu kleiden.
Nach dem Tod von König Ladislaus am 6. August 1414 kam es – wie in anderen italienischen Städten auch - zum Bürgerkrieg. Auch Johannes wurde darin verwickelt und im Jahr 1416, auf dem Weg nach Rimini, mit dessen Statthalter er Friedensgespräche vorbereiten sollte, von politischen Gegnern gefangen genommen und im Turm in Brufa inhaftiert. Seine Versuche, der unmenschlichen Haft zu entfliehen, misslangen. Aufgrund der dabei erlittenen Verletzungen vegetierte er – nun in einem neuen Verlies – unter verschärften Haftbedingungen dahin. In seinem Fieberwahn glaubte er, die Erscheinung von Franziskus von Assisi erlebt zu haben, was ihn nach seiner Haftentlassung bewog, dem Franziskanerorden beizutreten.
Gegen die Bezahlung eines Lösegeldes in der Höhe von 400 Dukaten wurde Johannes aus der Haft entlassen. Er kehrte nach Perugia zurück, trennte sich von seiner Ehefrau, mit der er – wenig glaubwürdig – die Ehe nicht vollzogen haben wollte, und verkaufte all’ seinen Besitz. Den Erlös teilt er unter den Armen auf und ritt in armseliger Kleidung – verkehrt auf einem Esel sitzend – durch die Straßen der Stadt. Am 4. Oktober 1416 trat er in das außerhalb von Perugia gelegene Franziskaner-Observanten-Kloster ein und legte im darauf folgenden Jahr die feierliche Profess ab. Während seines Aufenthaltes im Kloster hatte er den später heiliggesprochenen Bernhardin von Siena als Lehrer und Novizenmeister.
Bis zu diesem Zeitpunkt dauerte der Höhepunkt der kirchlichen Zerrissenheit, das Abendländische Schisma, das bald nach dem Tod Gregors XI. am 27. März 1378 begonnen hatte, als am 7. April des gleichen Jahres das Konklaves im Vatikan zusammentrat, das erste in Rom seit 75 Jahren. In der Nacht zum 8. April wurde unter anhaltendem Volksdruck der sechzigjährige Bartolomeo Prignano, der Erzbischof von Bari und Vizekanzler der Kurie, zum römisch-katholischen Oberhaupt gewählt, der als Urban VI. bis zum 15. Oktober 1389 regierte.
Da der neuer Papst die Kardinäle, die ihn gewählt hatten, bald gegen sich aufgebracht hatte, erklärten sie seine
Wahl für ungültig und wählten am 20. September 1378 in der Kathedrale von
Fondi (damals im Königreich
Neapel) den Kardinal Robert von Genf, den
Blutmann
, den Henker von Cesena
,
zum Papst, wobei sie auf den Rückhalt des französischen und des neapolitanischen Hofes bauten. Clemens VII., wie sich der
36-jährige Kardinal nun nannte, hinkte und schielte, tendierte zu Militär und Krieg. Er liebte einen verschwenderischen
Lebensstil und eine pompöse Hofhaltung. Urban VI. regierte von
Rom aus, Clemens VII. tat dies von
Avignon aus und damit waren die Länder Europas
gespalten. Auf der Seite Urbans waren Italien, das Heilige Römische Reich mit König Wenzel, die nördlichen und östlichen
Länder und England. Die Hauptstütze Clemens VII. waren Frankreich,
Burgund,
Savoyen und Neapel als von Frankreich
abhängige Gebiete, und Schottland als Gegner Englands. Einige Länder entschlossen sich erst allmählich zu einer
Stellungnahme, andere wechselten mehrmals die Zugehörigkeit. Die Spaltung ergriff jeden einzelnen Orden, jede Diözese,
bis in die Familien hinein ging die Entzweiung.
Einer der prominenten Unterstützer Clemens’ VII. war der Vinzenz Ferrer, Generalprediger der Dominikaner und angesehener Antisemit, während Katharina von Siena auf Seiten Urbans VI. stand.
Auf Urban VI. folgte der aus neapolitanischem Adel stammende Pietro Tomacelli als Bonifaz IX., ein Papst, der Geld und Köpfe rollen ließ. Clemens VII. starb am 16. September 1394 in Avignon und schon am 28. September wählten alle 21 avigonesischen Kardinäle Pedro de Luna (Pedro Martínez de Luna y Gotor), einen Adeligen aus Aragón, einstimmig zum Papst, der sich Benedikt XIII. nannte. Dieser Papst regierte bis zu seiner Absetzung durch das Konzil von Konstanz am 12. Juli 1417.
Bonifatius IX. starb am 1. Oktober 1404 in Rom, ihm folgte Cosimo Gentile de’ Migliorati, zuvor Rechtsprofessor in Perugia und Padua sowie Steuereintreiber Urbans VI. in England, als Innozenz VII. Sein Pontifikat war kurz und durch einen Aufstand der Römer gestört, was ihn am 6. August 1405 zur Flucht nach Viterbo veranlasste. Am 13. März 1406 konnte er nach Rom zu-rückkehren, starb aber schon am 6. November. Es kam dabei der Verdacht auf, Innozenz VII. sei im Auftrag von Kardinal Baldassare Cossa, dem späteren (Gegen-)Papst Johannes XXIII., durch den Bischof von Fermo vergiftet worden. Auf Innozenz VII. folgte der bereits achtzigjährige Angelo Correr, der – bekannt für seinen Unionseifer - vor seiner Wahl die Bereitschaft zum Rücktritt bekundete. Nach der Wahl beteuerte er als Gregor XII. dies erneut. Da aber Benedikt XIII. keine Neigung zur Resignation zeigte, blieb auch er im Amt. Dieser Papst dankte erst am 4. Juli 1415 ab.
Am 25. März bis zum 7. August 1409 tagte die SynodeSynode (altgriech. für Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden "Konzil" und "Synode" synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. von Pisa, kanonisch gesehen eine Rebellion, die von den abgefallenen Kardinälen beider Päpste einberufen worden war. Sie setzten die Päpste von Rom und von Avignon ab und wählten den Erzbischof von Mailand, Petros Philargis de Candia, zum Papst. Dieser nannte sich Alexander V. Da sich aber die beiden anderen Päpste weigerten zurückzutreten, hatte die Christenheit nun drei Päpste. Mit Alexander V. stand nach sieben Jahrhunderten wieder ein griechischer Papst an der Spitze der römisch-katholischen Kirche. Er stattete seine Günstlinge großzügig mit Bistümern aus, exkommunizierte König Ladislaus von Neapel und bekriegte seinen Gegner in Rom. Nach der Einnahme des wiederholt gestürmten Rom residierte er allerdings nicht dort, sondern in Bologna. Alexander V. starb am 3. Mai 1410, einem lauten, vielleicht aber eher unwahren Gerücht zufolge von dem Kardinal vergiftet, der schon 14 Tage später sein Nachfolger war. Die Anhänger Alexanders wählten am 17. Mai 1410 Baldassare Cossa, der als Papst den Namen Johannes XXIII. annahm. Cossa wurde am 24. Mai 1410 zum Priester und am folgenden Tag zum Bischof geweiht. Anschließend, noch am gleichen Tag, wurde er zum Papst gekrönt. Sitz seines Papsttums blieb zunächst Bologna, erst knapp ein Jahr später begab er sich nach einem Zwischenaufenthalt in Rom nach Lodi. Der neue deutsche König Sigismund wollte das dreifache Schisma beenden, denn welcher der drei Päpste sollte ihn schließlich zum Kaiser krönen? Sigismund traf sich 1413 in Lodi mit Papst Johannes, der die Einberufung eines Konzils in Bologna vorschlug. Sigismund dagegen bestand auf Konstanz als Konzilsort und setzte sich durch.
Mit den Beschlüssen des Konzils, das vom 5. November 1414 bis zum 22. April 1418 stattfand, erfolgte die Absetzung der zu dieser Zeit gegebenen drei Päpste und am 11. November 1417 die Wahl von Oddo di Colonna zum rechtmäßigen Papst. Als Martin V. erhielt er am 21. November 1417, nachdem er erst nach seiner Wahl zum Priester und zum Bischof geweiht worden war, die Papstkrone. Seine klerikale Laufbahn war beachtlich, da ein unehelich Geborener in der katholischen Kirche in Hinblick auf Priestertum und Hierarchie eigentlich als unwürdig galt. Als der neu gewählte Papst im Jahr 1418 Konstanz verlassen hatte und nach Italien unterwegs war, reiste ihm Johannes Capestrano entgegen und erbat in Mantua eine Audienz, die ihm auch gewährt wurde. Johannes unterrichtete Martin V. über die Umtriebe der Fraticelli und erbat sich inquisitorische Vollmachten, um gegen sie entsprechend auftreten zu können. Wahrscheinlich im gleichen Jahr wurde Capestrano zum Priester geweiht. Es besteht allerdings auch die Vermutung, dass er erst nach vollendetem Theologiestudium im Jahr 1420 die Priesterweihe empfing.
Die Fraticelli
(kleine Brüder oder Brüderchen
) bildeten eine Gruppierung, die sich im 13. und 14.
Jahrhundert als geistlich Gesinnte
vom franziskanischen Hauptzweig
abgesetzt hatten. Papst Johannes XXII. schürte den Verdacht, dass sie eine herätische Sekte seien, weil sie u.a. seinen
Nepotismus und seine Finanzpolitik kritisierten. Über ein Jahrhundert verfolgte die römisch-katholische Kirche diese
Bewegung durch die Inquisition.
Die geistliche Karriere hatte der gewaltige franziskanische Zungen- und Mirakeltäter bemerkenswert erfolgreich
begonnen, bereitete er doch durch seinen Kampf gegen die Fraticelli ihren völligen Untergang vor
(Lexikon für
Theologie und Kirche). Darüber hinaus wurde Capestrano beauftragt, zwischen den
Konventualen und den
Observanten des Franziskanerordens zu vermitteln. Die Observanten
nahmen die Ordensregel des Gründers wörtlich, die Konventualen passten sich unter Abstrichen bei der Armut den
Bedürfnissen der Zeit und des Apostolates an. Die im Jahr 1430 erschienen Martinianischen Konstitutionen
, der Versuch
eines Kompromisses zwischen den unterschiedlichen Zweigen der Franziskaner, geht auf Johannes Capestrano zurück. Schon
zuvor wollte Martin V. einen Ausgleich finden und beschnitt die harte Linie der Observanten, genehmigte ihnen aber, unter
den strengen Ordensregeln in eigenen Klöstern zu leben und ernannte Johannes 1421 zu Provinzvikar in den
Abruzzen. 1443 wurde er zum Generalvikar
der Observanten für die Region südlich der Alpen bestellt. Ab 1420 war er als Wanderprediger in Italien unterwegs, dabei
gelang es ihm 1426 Frieden zwischen den verfeindeten Abruzzenstädten
Sulmona und
Lanciano sowie 1427 zwischen Lanciano und
Ortona zu stiften.
Die Päpste Eugen IV. und Nikolaus V., mit denen Capestrano freundschaftlich verbunden war, erneuerten kurz nach ihrer jeweiligen Stuhlbesteigung das Mandat als Generalinquisitor, und die Folgen verspürten nicht nur die Fraticelli. Nach dem Tod von Königin Johanna II. von Neapel hielt er sich als päpstlicher Gesandter 1435/36 zweimal für mehrere Monate im Königreich Neapel auf, um im Thronstreit zu vermitteln. In der Auseinandersetzung zwischen Konziliaren und Papalisten über die Autorität von Konzilien unterstützte er als Papalist die Anerkennung der päpstlichen Vollgewalt; um 1440 verfasste er einen Traktat über die päpstlichen Machtvollkommenheit.
Judenverfolgung
Bei allen Kämpfen gegen innere und äußere Feinde vergaßen die Christen nie die Verfolgung der Juden. Antijudaismus gab es schon in vorchristlicher Zeit, hauptsächlich wegen politischer und religiöser Gründe. Die allgemeine Exklusivität des Judentums, besonders aber ihre religiöse Unduldsamkeit musste die Juden – ähnlich wie später die Christen – den religiös toleranten Heiden verhasst machen. Das Christentum, das aus dem Judentum hervorging, hat den Antijudaismus in vollem Umfang übernommen, durch christliche Motive verstärkt und im Mittelalter zu Orgien gesteigert, die nur im so genannten Dritten Reich überboten worden sind. Zwar stellten ihnen manche Päpste Schutzbriefe aus und verboten darin Hetzreden des KlerusEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat. Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien., doch halfen und wirkten diese nicht flächendeckend und langfristig. Auch Papst Martin V. stellte einen solchen aus, doch widerrief er diesen Schutz – unter dem Einfluss von Johannes Capestrano - schon wenige Monate später.
Während nun Johannes Capestrano jahrzehntelang vor allem in Italien auftrat, kam es in diesem Zusammenhang immer wieder zu Ausschreitungen gegen die Juden. Im Lauf des Mittelalters hatte die katholische Kirche in ihr kanonischen Recht Gesetze aufgenommen, die – milde ausgedrückt – das Leben und die Berufsausübung der Juden stark einschränkten. Bei weltlichen Herrschern und geistlichen Würdenträger wurde der heilige Prediger wiederholt vorstellig und forderte die strikte Durchsetzung der einschränkenden und diskriminierenden Judengesetze. Als Papst Martin V. im Jahr 1427 die Königin Johanna II. von Neapel ermahnte, ihre Strenge gegen die Juden zu mildern, erklärte diese, das strenge Edikt sei auf Antrag Capestranos erlassen worden.
Capestranos Freund, Papst Eugen IV., erließ am 8. August 1442 eine Verordnung, die das Leben der Juden weiter
erschwerte, und die klerikalenEin Kleriker ist in der orthodoxen, katholischen, anglikanischen und altkatholischen Kirche ein geweihter Amtsträger, der eine der drei Stufen des Weihesakraments - Diakon, Priester oder Bischof - empfangen hat.
Im Unterschied zu den Klerikern bezeichnet man die anderen Gläubigen als Laien. Angehörige von Ordensgemeinschaften gelten, wenn sie nicht zu Priestern geweiht sind, als Laien und in der Orthodoxie als eigener geistlicher Stand. In den protestantischen Kirchen gibt es keine Unterscheidung von Klerus und Laien.
Widersacher dieses Papstes in Basel erneuerten
1434 die gesamte antijüdische Gesetzgebung der Kirche, wiederholten aber nicht nur alte, sondern fügte auch neue Erlasse
hinzu. 1447 erließ Papst Nikolaus V. - auf die Anregung Capestranos hin – eine Bulle mit der er den Christen jeden
Verkehr mit den von Tag zu Tag frecher werdenden Juden
, verbot, den Juden jedes Amt nahm und erneuerte seinerseits
zahlreiche antijüdische Kirchegesetze. 1450 ereilte den hl. Capestrano der päpstliche Auftrag, Italien zu verlassen und
sein Betätigungsfeld in andere Länder nach Norden zu verlegen. Er verließ daraufhin mit zwölf Mitbrüdern Italien und zog
predigend und bekehrend durch Österreich, Bayern, Thüringen, Sachsen, Schlesien, Ungarn und Polen. Der Heilige – für den
sächsischen Minoriten Matthias Döring nur ein eitler Prahler und Betrüger
– säuberte
diese Länder. Denn die Judenverfolgungen, klagt Edmund Schopen in seiner Geschichte des Judentums,
kennzeichnen seinen Weg, Einkerkerung, Vermögenskonfiskationen, Vertreibungen, Hinrichtungen durch Feuertod, Wegnahme
der Kinder unter sieben Jahren zu gewaltsamer Erziehung zum Christentum
. Von Sizilien bis Polen hatten die Hetzreden
des frommen Vaters
, wie er in der Magdeburger
Schöppenchronik
genannt wird, antijüdische Demonstrationen zur Folge, Gewalttaten und Morde.
In Breslau / Wrocław leitete der
würdige
, der vornehme
, dieser fromme Vater Johannes
im Jahr 1453 einen
Inquisitionsprozess. Ein Bauer aus
Langewiese - dem heutigen Długołęka - bei Oels
hatte Juden der Hostienschändung beschuldigt. Die Ältesten der Juden hätten sich Hostien angeeignet und sie mit Stöcken
ausgepeitscht und damit entweiht. Capestrano wurde mit der Untersuchung beauftragt. Am 2. Mai 1453 wurden alle 318 Juden
von Breslau und Ungebung inhaftiert und gefoltert. Nachdem die Tortur das Geständnis
zweier Angeklagter erbracht
hatte, wurden am 4. Juli 41 Juden vor ihren Häusern auf dem Salzring lebendig verbrannt, alle anderen Juden wurden
verjagt, beraubt, ihre Kinder unter sieben Jahren ihnen fortgenommen, um sie rechtgläubig
zu machen. Am 13. August
1453 ereigneten sich ähnliche Gewalttaten in Liegnitz - dem heutigen
Legnica - und Schweidnitz - dem heutigen
Świdnica -, wo schon im frühen 14. Jahrhundert
der Breslauer Bischof 50 Ketzer
ins Feuer werfen ließ.
Dem polnischen König Kasimir IV. warf Capestrano vor, dass die in Polen geltenden Sonderrechte für Juden gegen Kircherecht verstoßen. In der Niederlage Kasimirs in der Schlacht von Konitz - dem heutigen Chojnice - am 18. September 1454 gegen den Deutschordenstaat sah der Kirchenmann eine Strafe Gottes, für das Verhalten des Königs, der sich daraufhin den Wünschen Capestranos beugte und zahlreiche Pogrome durchführen ließ.
Der Radikalismus des heiligen Johannes Capestrano ist kaum zu überbieten, denn er empfahl – wahrscheinlich im
heiligen Eifer – als beste Lösung des Konflikts mit den Juden die Endlösung
, die völlige Vernichtung, die
Ausrottung: Man müsse endlich reinen Tisch machen. Alle Juden solle man als Feinde des Glaubens auf Schiffe laden und
auf offener See ertränken.
Hussitenmission
Da die kaiserlichen und päpstlichen Truppen auch in mehreren
Kreuzzügen
gegen die reformatorische bzw. revolutionäre Bewegung der
Hussiten keinen entscheidenden Sieg erringen konnten, versuchte man es ab 1431 mit
Verhandlungen, die sich als zielführend erwiesen. Die
Basler Kompaktate
(Compactata religionis)
stellte einen Vergleich dar, der im November 1433 zwischen den
böhmischen Ständen und dem
Konzil von Basel zustande kam. Der gemäßigte Flügel der Hussiten, die
Calixtiner
(calix = Kelch) oder Utraquisten
(Kommunion in beiderlei Gestalt) unterschrieb. Die radikaleren
Taboriten
(benannt nach ihrem befestigten Lager
Tábor) verweigerten ihre Unterschrift und
wurden 1434 in der Schlacht bei Lipan - dem heutigen
Lipany, einem Ortsteil von Vitice - besiegt.
Johannes Capestrano wurde von Papst Nikolaus V. und Kaiser Friedrich III. mit der Missionierung der Hussiten betraut,
weshalb er von August 1451 bis Juni 1452 in
Böhmen und
Mähren sowie von Juli bis August 1454
erneut in Mähren war. Er erkannte die Kompaktanten nicht an, betrachtete die Utraquisten als Ketzer und wollte ihre
kirchliche Sonderstellung zum Verschwinden bringen. Zusätzlich zu seinen Predigten verfasste er Hussitentrakte und soll
11.000 Hussiten bekehrt
haben. Dem Papst gingen die Aktivitäten des Heiligen zu weit und es schränkte am Ende
des Jahres 1451 seine inquisitorischen Befugnisse ein. Capestrano bat daraufhin
den Papst um die ausdrückliche Ungültigkeitserklärung der Kompaktate sowie um die Vollmacht, gegen die Hussiten
inquisitorisch vorgehen zu dürfen. Nikolaus V. überging in seinem Antwortschreiben die Anträge des Predigers.
Türkenkrieg
Schon um das Jahr 1300 waren viele kleinasiatische Provinzen von Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul - osmanisch / türkisch. Danach gingen auch ihre alten Metropolen verloren und 1389 triumphierten die Türken in der berühmten Schlacht von Kosovo Polje (Amselfeld). Damit beherrschten die Türken den ganzen Balkan. Aufgrund der Kreuzbulle des Jahres 1443 von Papst Eugen IV. rückte der polnisch-ungarische König Wladislaw III. mit seinem Truppenführer Johannes Hunyadi gegen die Türken bis Sofia vor und konnte am 1. August 1444 einen vorteilhaften Frieden schließen. Jedoch aufgestachelt von dem päpstlichen Legaten Giuliano Cesarini, kündigte man den Frieden und erlitt am 10. November 1444 bei Varna gegen die von Sultan Murad II. befehligte Osmanenarmee eine katastrophale Niederlage. König Wladislaw und päpstliche Legat, aber auch 30.000 Türken, fanden den Tod.
Nachdem am 29. Mai 1453 Konstantinopel
von den Türken erobert worden war, rief Papst Nikolaus V. wieder zu einem
Kreuzzug
auf. Johannes Capestrano begann nun im Mai 1454 auf deutschem
Boden mit seinen Kreuzzugpredigten. Aber schon während seines siebenwöchigen
Wienaufenthalts im Jahr 1451 warb er für
die Aufstellung eines Kreuzfahrerheeres gegen die Türken. Er traf am 6. Juni 1451 in Wien ein, bezog sein Quartier im
Minoritenkloster und hielt noch am gleichen Tag seine erste Predigt
in der Minoritenkirche. Am 7. Juni predigte er erstmals in der Stephanskirche, dann auch in anderen Kirchen der Stadt.
Da der Zustrom außerordentlich groß war - obwohl Capestrano nicht Deutsch konnte und nur italienisch oder lateinisch
predigte - und die Innenräume der Kirchen nicht ausreichten, predigte er vor der
Kirche Am Hof und auf dem Stephansfriedhof
auf Kanzeln im Freien.
Als ihm Kaiser Friedrich III. am 2. Juli jenes Haus zu St. Theobald auf der Laimgrube (heute 6. Wiener Gemeindebezirk) schenkte, das bis dahin von den Schwestern des Dritten Ordens des heiligen Franz bewohnt gewesen war, errichtete Capestrano hier das erste Franziskanerkloster Österreichs; er gilt daher nicht nur als Reformator des Minoritenordens, sondern auch als Förderer einer strengeren Ordensrichtung, der Franziskaner. Von Ende 1454 bis März 1455 war Capestrano neuerlich in Wien und predigte während dieser Zeit gegen die Türken.
Enea Silvio Piccolomini – der spätere Papst Pius II. – setzte auf dem deutschen Reichstag das Aufgebot eines Reichsheeres durch, die Fürsten waren in der Sache aber alles andere als einig. Bei einer Fürstenzusammenkunft in Wiener Neustadt gelang es auch Capestrano nicht, sie zu begeistern, umso mehr begeisterte er die Massen. Er sammelt selbst christliche Verteidigungstruppen um sich und zog nach Belgrad zu Johannes Hunyadi. Er mutete sich enorm viel zu: Er taucht überall im Lager auf, mahnte, erteilte Befehle, unterwies die Kämpfer und schlichtete so manchen Streit. In 17 Tagen schlief er angeblich nicht mehr als sieben Stunden. An manchen Tagen kam er nicht zum Essen, wenn er doch Zeit dazu fand, sah man ihn auf dem Erdboden sitzen, wo er harten Zwieback und etwas Wein zu sich nahm. Sein Äußeres bot einen grauenerregenden Anblick. Er war von Haus aus eher ein mickriges Männchen, klein und unscheinbar, nun war er gar nur Haut und Knochen. Er kam nie aus den Kleidern und eine Staub- und Schutzkruste bedeckte den abgezehrten Körper bis in die Mundhöhle hinein. Am 22. Juli 1456 fand die entscheidende Schlacht von Belgrad statt, an der Capestrano selbstverständlich teilnahm. Mitten unter den Kämpfern erklomm er einen Wall und allen sichtbar stand er dort oben, das Kreuz in der erhobenen Rechten. Er rief den Soldaten Worte der Ermutigung zu und schrie mit klagender Stimme zum Himmel um Hilfe. Es gelang den Christen, die Osmanen zu besiegen.
Kurz nach Kriegsende kam es zum Ausbruch der Pest und Hunyadi erlag ihr am 11. August 1456. Bei Johannes Capestrano trat Anfang August hohes Fieber auf, am 23. Oktober 1456 starb er in Ilok bei Vukovar in Kroatien.
Den 234 Jahre nach seinem Tod heiliggesprochen Johannes Capestrano als Retter des Abendlandes zu bezeichnen, erscheint angesichts des weiteren Verlaufes der Geschichte als falsch. Ein gnadenloser Hetzer, durch den enorm viele Juden ihre Existenzgrundlagen und / oder ihr Leben verloren, war er mit Sicherheit.
Literatur:
Brandstätter Christian (Hrsg.): Stadt Chronik Wien
Czeike Felix: Das Große Groner Wien Lexikon
Deschner Karlheinz: Kriminalgeschichte des Christentums, Bände 7 und 8
Deschner Karlheinz: Abermals krähte der Hahn
Ehrlich Anna: Heiden, Christen, Juden und Muslime
Hantsch Hugo: Die Geschichte Österreichs bis 1648
Keindel Walter (herausgegeben und ergänzt von Isabella Ackerl und Günther K. Kodek): Österreich, Zahlen, Daten, Fakten
Keller Werner: Und wurden zerstreut unter die Völker
König Franz (Hrsg.): Der Glaube der Menschen
Landesmann Peter: Die Juden und ihr Glaube
Schauber Vera und Hanns Michael Schindler: Die Heiligen und Namenspatrone im Jahreslauf
Schausberger Norbert: Geschichte I. Teil bis 1500
Zöllner Erich; Schüssel Therese: Das Werden Österreichs
Der Große Ploetz – Die Daten-Enzyklopädie der Weltgeschichte
Propyläen – Weltgeschichte, Band 6
wikipedia
Prof. Helmut Bouzek aus Wien, E-Mail vom 29. August 2017
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
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