Johannes Brenz
Gedenktag evangelisch: 11. September
Name bedeutet: Gott ist gnädig (hebr.)
Johannes Brenz' Vater gehörte dem Rat seiner Heimatstadt an und ist mehrfach als Schultheiß bezeugt. Nach dem Besuch der Lateinschulen in Weil und Vaihingen ging Johannes Brenz als 15-jähriger zum Studium an die Universität nach Heidelberg. Dort lernte er im April 1518 Martin Luther kennen, der zu einer Disputation im Rahmen einer Konferenz des Augustinerordens in Heidelberg weilte, und interessierte sich stark für dessen neue Lehren von der rechtfertigenden Gnade Gottes, dem alleinigen Heil in Christus und der Bibel als Richtschnur. Zusammen mit Johannes Oekolampad und Martin Bucer traf er sich auch zu einem persönlichen Gespräch mit Luther. Obwohl dessen Lehren von den Heidelberger Professoren auf das Schärfste angegriffen wurde, verschrieb sich Brenz fortan vollständig der Reformation.
1522 wurde Brenz wegen seines Wirkens zusammen mit seinem Freund Theobald Gerlach, genannt Billikan, vom Kurfürsten angeklagt. Brenz flüchtete nach Hall - dem heutigen Schwäbisch Hall -, wo er vom Rat der freien Reichsstadt zum Prediger berufen wurde. Am Jakobustag 1523, als die Stadt des Marktes wegen voll war, griff er offensiv den Heiligenkult an: man verehre sie, obwohl sie das selbst gar nicht gewollt hätten; stattdessen solle man ihrem Glauben nacheifern; die ihnen gewidmeten Gaben solle man stattdessen Bedürftigen zueignen. Ohne Erholungspausen stand er als Prediger fast täglich auf der Kanzel, auch wenn er nur wenige Zuhörer hatte; er verglich sich mit einem Marktbrunnen, der unablässig Wasser spende, auch wenn nur wenige aus ihm schöpfen. Obwohl erst 23 Jahre alt, machte sich Brenz sehr behutsam ans Werk. Erst nach drei Jahren, 1526, wagte er endgültig den Bruch mit der Tradition, als er am Weihnachtsfest das Abendmahl in beiderlei Gestalt austeilte; einen Bildersturm verhinderte er. Nun stieg sein Ansehen als Reformator, so dass er bald auch auswärts als Ratgeber gefragt war.
Brenz entwickelte 1527 zunächst für seine Gemeinde einen evangelischen Katechismus, dessen zweite Fassung unter dem Titel
Fragstücke des christlichen Glaubens
1535 erschien und 1536 auch der neuen Ordnung der evangelischen Kirche in
Württemberg beigefügt wurde. 1527
entwarf er auch eine neue Gottesdienstordnung, die 1529 in Württemberg eingeführt und auch für andere Gebiete Vorbild wurde;
zur Reform des Kirchenwesens gehörte auch die Neuordnung der Schulen. Das Eherecht wurde aus dem Kirchenrecht als Aufgabe
zur weltlichen Obrigkeit überführt. In Gutachten befasste sich Brenz mit Themen wie Scheidungen, Ehehindernissen oder den
Verfahren bei Ehebruch. 1531 bis 1533 wirkt er mit an der Kirchenordnung in der Markgrafschaft Brandenburg und in der
Reichsstadt Nürnberg, 1535 an der in Württemberg;
ihr Hauptanliegen ist die Gestaltung der Gottesdienste und die Ausbildung der Pfarrer. Mit ihr wurden die Visitationen - die
regelmäßigen Besuche in den Gemeinden - durch Dekane eingeführt. Wesentliche Punkte dieser Kirchenordnung wurden in
Württemberg übernommen und sind hier bis heute gültig.
Zweimal betrat Brenz die politische Bühne des Reichs: zuerst 1530, als er zusammen mit
Philipp Melanchthon auf dem im
Rathaus in Augsburg abgehaltenen Reichstag das
Augsburger Bekenntnis ausformulierte; aber der Versuch, die reformatorische
Lehre aus der traditionellen Lehre der Kirche und besonders der Kirchenväter
herzuleiten, fand keine Resonanz. Ebenso erging es Brenz 1552, als er auf dem
Konzil im
Dom in Trient im Auftrag von Herzog
Christoph sein Württembergisches Bekenntnis
vorlegte. Darin stellte er unter Verzicht auf jede Polemik dar, dass
der evangelische Glaube kein Bruch mit dem alten, sondern rechte, wahre, apostolische, katholische und rechtgläubige
Lehre
ist; die Verlesung und jede Diskussion wurde verhindert. Für
Württemberg aber blieb dieses Bekenntnis fortan verbindlich,
es wirkte über das Land hinaus als eine der wichtigsten reformatorischen Bekenntnisschriften.
Die Taufe ist ein Sakrament und göttlich Wortzeichen, womit Gott, der Vater, durch Jesus Christus, seinen Sohn, samt dem heiligen Geist bezeugt, dass er dem Getauften ein gnädiger Gott wolle sein und verzeihe ihm alle Sünden aus lauter Gnade von wegen Jesu Christi und nehme ihn auf an Kindes Statt und zum Erben aller himmlischen Güter.
Das Abendmahl Christi ist ein Sakrament und göttlich Wortzeichen, worin uns Christus wahrhaftig und gegenwärtig mit Brot und Wein seinen Leib und Blut schenkt und darreicht, und vergewissert uns damit, dass wir haben Verzeihung der Sünden und ein ewiges Leben.
1530 heiratete Brenz, 1535 wurde er nach Stuttgart
berufen, wo er vor allem die neue württembergische
Kirchenordnung und einen Katechismus erarbeitete, die 1536 erschienen und die endgültige Einführung der Reformation
bezeichnet. Ende 1546 floh er vor den Wirren des Schmalkaldischen Krieges
und zog wieder nach Schwäbisch Hall; nach der
Niederlage der evangelischen Fürsten gegen Kaiser Karl V. lehnte Brenz das verordnete Interim
ab, sollte auf Befehl
des Kaisers verhaftet werden und musste deshalb 1548 auch aus Hall fliehen, dann drei Jahre lang an wechselnden
Zufluchtsorten leben, war heimat- und rechtlos. Kurz nach der Flucht starb seine erste Frau, Mutter von sechs Kindern. In
dieser Zeit schrieb er eine Erklärung zu seinem Katechismus und zum Propheten Jesaja: Glaubet
ihr nicht, so bleibet ihr nicht.
Sein Katechismus war weit verbreitet, wurde selbst in Königsberg - dem heutigen
Kaliningrad oder in
Antwerpen gedruckt.
1550 heiratete der Witwer Brenz seine zweite Frau, mit der er weitere 13 Kinder hatte. Ab 1551 war Brenz maßgeblich
an der Abfassung des Württembergischen
Bekenntnisses beteiligt; 1553 berief Herzog Christoph ihn als herzoglichen Rat und Landespropst auf Lebenszeit
an
die Stiftskirche nach Stuttgart. Er beriet den
Landesherrn in allen Glaubensfragen und bekam die Fürsorge für die verarmten, notleidenden Menschen in den Städten und
Dörfern des Landes übertragen. Auch außerhalb Württembergs war er als Ratgeber und Vermittler in innerprotestantischen
Streitfragen unterwegs.
Mit der Großen Kirchenordnung
von 1559 führte Brenz die Partikularschulen
in Dörfern und kleinen Städten
ein: Zuvor konnten nur die Kinder reicher Eltern eine Schule besuchen, nun galt das Prinzip Schule für alle
als
Vorläufer der späteren allgemeinen Schulpflicht, die in den folgenden Jahrzehnten in allen deutschen Ländern eingeführt
wurde. Eine auch nur in Ansätzen demokratische Verwaltung der Kirche lehnte Brenz strikt ab, gegenüber Katholzismus,
Calvinismus und allem Sektierertum grenzte er die Kirche scharf ab; später bezeichnete man
Württemberg deshalb auch als lutherisches Spanien
.
Brenz selbst aber war der wohl am meisten in Streitfragen vermittelnde Theologe seiner Zeit.
Das Grabmal des Reformators befindet sich in der Stuttgarter
Stiftskirche am Fuß der Kanzel, auf der er
predigte. Johannes Brenz wird gerne zitiert mit dem Satz: Sollte je ein Prediger das Evangelium verfälschen, so will
ich mein Haupt aus dem Grabe heben und rufen: Du lügst.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Web 3.0 - Leserkommentare:
Mit einer Mischung aus Schmunzeln und Ärger habe ich Ihre
Biographie des Heiligen
Johannes Brenz gelesen.
Dass ausgerechnet Johannes Brenz, der so beharrlich gegen die Heiligenverehrung
gekämpft hat, heute nun selber ihr anheimfällt, ist natürlich ein wenig grotesk.
Auch seine Ausflucht, man solle sich Heilige nur zum Vorbild nehmen, ist auf ihn
selber kaum anwendbar; was er geleistet hat, ist heute kaum noch wiederholbar.
Selbst wenn ganz gewiss ein paar protestantische Winkeltheologen
einen Dreh
dafür finden werden.
(Dass Johannes Brenz' Unterscheidung zwischen Heiligen als Gegenständen der
Verehrung und Heiligen als Vorbildern natürlich die Grenze zu genau der
scholastischen Spitzfindigkeit überschreitet, die die frühe protestantische
Theologie eigentlich ausmerzen wollte, macht die Groteske nicht eben kleiner.)
Dass demgegenüber seine langjährige Zusammenarbeit
mit Herzog Ulrich
von Württemberg weitgehend totgeschwiegen wird , stört mich sehr. Immerhin ging
es Ulrich ja nicht um irgendeinen richtigen
oder wahren
Glauben,
sondern schlichtweg darum, die durch seine aufwendige Lebensführung verschuldete
Staatskasse mit den Geldern der Klöster und Kirchen sanieren zu können. Dafür
lieferte ihm Brenz bereitwillig den theologischen Vorwand. Wenn Sie sich mal
den heutigen Zustand des von Ulrich und Brenz ausgeräuberten
Klosters Alpirsbach
anschauen, werden Sie hoffentlich genau so empört sein wie ich. Überspitzt
formuliert: Es ist dem Kirchenraum heute nicht mehr wirklich anzusehen, ob
das mal eine Kirche oder ein Kuhstall werden sollte.
Michael Iseler aus Lauterbach im Schwarzwald über E-Mail, 22. Februar 2010
Die nach Brenz benannte
Evangelische Kirche in Weil der Stadt ist täglich
von 9 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. (2014)
Die Stiftskirche in Stuttgart ist
täglich von 9 Uhr bis 16 Uhr geöffnet, sonntags bis 18 Uhr, montags bis donnerstags bis 19 Uhr.
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 12.10.2023
Quellen:
•
• Eva Kirn-Frank: Luthers Herold im Schwabenland. Stuttgarter Zeitung 26. 6. 1999
• Otto Borst: Geschichte Baden-Württembergs. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2004
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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