Ökumenisches Heiligenlexikon

Athanasianisches Glaubensbekennntnis


In der Forschung hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass der Verfasser dieses Bekenntnisses nicht Athanasius von Alexandrien ist, sondern unter den Theologen des Westens zu suchen ist. Zwar geben die meisten älteren Handschriften als Verfasser Athanasius, andere Papst Anastasius I. an. Da sie aber nicht hinter das 8. Jahrhundert zurückreichen, wird ihre Zuverlässigkeit zurecht angezweifelt. Die noch vorhandenen griechischen Texte sind Übersetzungen aus dem Lateinischen, nicht umgekehrt. Von denjenigen, denen dieses Bekenntnis zugeschrieben wurde, kommen vor allem in Betracht: Hilarius von Poitiers, Ambrosius von Mailand, Nicetas von Remesiana, † um 414, Honoratus von Arles, Vinzenz von Lérins, Fulgentius von Ruspe, Cäsarius von Arles, Venantius Fortunatus. Die These von einem spanischen antipriscillianistischen Ursprung wird heute nicht mehr vertreten. Gegenwärtig herrscht die Auffassung vor, das Bekenntnis sei zwischen 430 und 500 in Südfrankreich, wahrscheinlich in der Kirchenprovinz Arles, von einem unbekannten Autor verfasst worden. Im Laufe der Zeit erlangte dieses Bekenntnis sowohl im Westen als auch im Osten eine solche Bedeutung, dass es im Mittelalter dem Apostolischen und dem Nizänischen Glaubensbekenntnis gleichgestellt und in der Liturgie verwendet wurde.

Das Athanasianische Glaubensbekennntnis

Wer auch immer gerettet sein will, der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten: Wer diesen nicht unversehrt und unverletzt bewahrt, der wird zweifellos auf ewig zugrunde gehen.

Der katholische Glaube aber besteht darin, dass wir den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit verehren, indem wir weder die Personen vermischen noch die Substanz trennen: Eine andere nämlich ist die Person des Vaters, eine andere die [Person] 1 des Sohnes, eine andere die [Person] des Heiligen Geistes; aber Vater, Sohn und Heiliger Geist besitzen eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Erhabenheit.

Wie der Vater, so der Sohn, so [auch] der Heilige Geist: unerschaffen der Vater, unerschaffen der Sohn, unerschaffen der Heilige Geist; unermesslich der Vater, unermesslich der Sohn, unermesslich der Heilige Geist; ewig der Vater, ewig der Sohn, ewig der Heilige Geist; und dennoch nicht drei Ewige, sondern ein Ewiger; ebenso nicht drei Unerschaffene und auch nicht drei Unermessliche, sondern ein Unerschaffener und ein Unermesslicher. Ebenso allmächtig der Vater, allmächtig der Sohn, allmächtig der Heilige Geist; und dennoch nicht drei Allmächtige, sondern ein Allmächtiger. So Gott der Vater, Gott der Sohn, Gott der Heilige Geist; und dennoch nicht drei Götter, sondern ein Gott. So Herr der Vater, Herr der Sohn, Herr der Heilige Geist; und dennoch nicht drei Herren, sondern es ist ein Herr: Denn wie wir durch die christliche Wahrheit geheißen werden, jede Person einzeln als Gott und Herrn zu bekennen, so werden wir durch den katholischen Glauben daran gehindert, von drei Göttern oder Herrn zu sprechen.

Der Vater wurde von niemand gemacht, noch erschaffen, noch gezeugt; der Sohn ist vom Vater allein, nicht gemacht und auch nicht erschaffen, sondern gezeugt; der Heilige Geist {ist} 2 vom Vater und Sohn, nicht gemacht, noch erschaffen, noch gezeugt, sondern hervorgehend. Ein Vater also, nicht drei Väter, ein Sohn, nicht drei Söhne, ein Heiliger Geist, nicht drei Heilige Geister. Und in dieser Dreifaltigkeit {ist} nichts früher oder später, nichts größer oder kleiner, sondern alle drei Personen sind untereinander gleich ewig und gleichartig, so dass in allem, wie oben schon gesagt wurde, sowohl die Einheit in der Dreifaltigkeit als auch die Dreifaltigkeit in der Einheit zu verehren ist. Wer also gerettet sein will, soll so über die Dreifaltigkeit denken.

Notwendig zum ewigen Heil aber ist es, auch an die Fleischwerdung unseres Herrn Jesus Christus treu zu glauben. Es ist also der rechte Glaube, daß wir glauben und bekennen, dass unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, Gott und [sowohl Gott als auch in gleicher Weise] Mensch ist: Gott ist er, weil er aus der Substanz des Vaters vor den Zeiten gezeugt ist, und Mensch ist er, weil er aus der Substanz der Mutter in der Zeit geboren ist; vollkommener Gott und vollkommener Mensch, bestehend aus vernunftbegabter Seele und menschlichem Fleisch; dem Vater gleich in seiner Gottheit, geringer als der Vater in seiner Menschheit; obwohl er Gott ist und Mensch, ist er dennoch nicht zwei, sondern ein Christus; einer aber ist er nicht aufgrund einer Verwandlung seiner Gottheit in Fleisch, sondern aufgrund der Aufnahme der Menschheit in Gott; er ist ganz und gar einer nicht durch die Vermischung der Substanz, sondern in der Einheit der Person. Denn wie der eine Mensch Seele und Fleisch ist, so ist der eine Christus Gott und Mensch. Er hat gelitten für unser Heil, ist hinabgestiegen in die Unterwelt, am dritten Tag auferstanden von den Toten und hinaufgestiegen in die Himmel; er sitzt zur Rechten des Vaters; von dort wird er kommen, Lebende und Tote zu richten. Bei seiner Ankunft müssen alle Menschen mit [in] ihren Leibern auferstehen und Rechenschaft ablegen über ihre eigenen Taten; und die Gutes getan haben, werden in das ewige Leben eingehen, die aber Böses {getan haben}, ins ewige Feuer.

Dies ist der katholische Glaube: Wer auch immer diesen nicht treu und standhaft glaubt, wird nicht gerettet werden können.

1 die Zusätze in [eckigen Klammern] entsprechen der kritischen Edition zufolge dem Originaltext.

2 die Zusätze in {geschweiften Klammern} sind im deutschen Text zum Verständnis hinzugefügt.

Denzinger-Hünermann. Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen = Enchiridion symbolorum definitionum et declarationum de rebus fidei et morum, hrg. von Peter Hünermann, 41. Aufl. Freiburg im Breisgau, Basel, Wien, Herder, 2007


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zuletzt aktualisiert am 30.05.2024
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