Ökumenisches Heiligenlexikon

Otto von Freising

1 Gedenktag katholisch: 22. September
nicht gebotener Gedenktag in den Erzbistümern München-Freising und Wien: 7. September
nicht gebotener Gedenktag im Zisterzienserorden: 7. September

Name bedeutet: der Besitzer des Erbgutes (germanisch - althochdt.)

Ordensmann, Bischof von Freising
* 1112 in Neuburg, heute Klosterneuburg bei Wien (?) in Österreich
22. September 1158 in Morimond beim heutigen Fresnoy-en-Bassigny in Frankreich


Hans Part: Bischof Otto, im Hintergrund Freising mit dem Dom, aus dem Babenberger Stammbaum, 1489 -1492, in der Galerie im Stift Klosterneuburg
Hans Part: Bischof Otto, im Hintergrund Freising mit dem Dom, aus dem Babenberger Stammbaum, 1489 -1492, in der Galerie im Stift Klosterneuburg

Otto war der Sohn des Markgrafen Leopold III. von Österreich und der Agnes, einer Tochter Kaiser Heinrichs IV., und der Onkel des späteren Kaisers Friedrich Barbarossa. Er wurde um 1126 Propst des Stifts Klosterneuburg. Beim bald anschließenden Studium in Paris lernte er bei Hugo von St-Victor, wurde in die Scholastik und die philosophisch-theologische Literatur eingeführt. 1132 trat er mit fünfzehn seiner Studienkollegen ins Zisterzienserkloster Morimond ein; 1138 wurde er dort Abt und noch im gleichen Jahr Bischof von Freising. Er gilt als Wiederbegründer des Bistums, verteidigte es gegen Übergriffe der Wittelsbacher Vögte, brachte entgangenen Besitz wieder ein, reformierte das Domkapitel und gründete die Domschule, die ein geistiges Zentrum wurde. Er rief Augustinerchorherren ins Kloster Schlehdorf am Kochelsee, Prämonstratenser ins Kloster Schäftlarn, gründete in Freising das Prämonstratenserkloster Neustift und gründete das im 10. Jahrhundert durch die Ungarn zerstörte Kloster der Benediktiner in Schliersee neu an der Stelle der heutigen Pfarrkirche St. Sixtus.

Otto spielt eine bedeutende Rolle auch in der Reichspolitik. 1147 nahm er als Heerführer am 2. Kreuzzug nach Kleinasien und Jerusalem teil. 1156 wirkte er vermittelnd im Streit der Welfen und Babenberger um Bayern. Er nahm an Reichstagen und mehreren SynodenSynode (altgriech. für „Zusammenkunft”) bezeichnet eine Versammlung in kirchlichen Angelegenheiten. In der alten Kirche wurden „Konzil” und „Synode” synonym gebraucht. In der römisch-katholischen Kirche sind Synoden Bischofsversammlungen zu bestimmten Themen, aber mit geringerem Rang als Konzile. In evangelischen Kirchen werden nur die altkirchlichen Versammlungen als Konzile, die neuzeitlichen Versammlungen als Synode bezeichnet. in Salzburg teil und verhandelte 1145 im Auftrag seines Halbbruders König Konrad III. in Rom.

Denkmal vor dem Dom in Freising
Denkmal vor dem Dom in Freising

Bedeutsam war Otto als Schriftsteller. Acht Bände umfasst sein Hauptwerk, die Weltchronik Historia de duabus civitatibus, Geschichte der beiden Reiche, kurz Chronicon; sie stellt auf der Grundlage der Geschichtsphilosophie von Augustinus die zielgerichtete Entwicklung von der Schöpfung bis zum Weltgericht und zum Anbruch des ewigen Gottesreiches dar. Der Gottesstaat entwickelt sich demnach in drei Perioden: von den heidnischen Fürsten - vom Anfang der Welt bis zu Kaiser Theodosius I. „dem Großen” -, dann von da ab unter den christlichen Kaisern und der Herrschaft der Kirche bis hin zum Ende der Zeiten, schließlich in der himmmlischen Herrlichkeit. In der zweiten Periode ist demnach der verworfene Weltstaat schon gleichsam betäubt, dies ist die Zeit der Kirche und der Einheit von sacerdotium et imperium, heiliger Zeit und Weltreich; ständige Erhöhung der Kirche erscheint vorgezeichnet, allerdings gibt es dabei auch retardierende Momente: seine eigene Zeit sieht Otto an einem Wendepunkt, denn in der Erschütterung des Investiturstreits ist die Einheit der Kirche schwer getroffen, nur durch die Verdienste der Mönche wird die Welt noch erhalten; aber die dritte Periode des Gottesstaates steht bevor. Die Historia repräsentiert einen Höhepunkt der mittelalterlichen Universalgeschichtsschreibung, fasst das überlieferte Wissen und die geistigen Strömungen des 12. Jahrhunderts zusammen und gibt Antwort auf die Frage nach letzten, den Wandel aller Dinge überdauernden Sinnzusammenhängen 1.

1157/58 schrieb Otto auf Bitten von Kaiser Barabarossa eine Geschichte der Stauferzeit, die Gesta Friderici. Die Staufer werden darin als Vorbereiter und Träger eines neuen Aufstiegs hin zu einer Friedenszeit gezeichnet; in dieser Darstellung ist kein Endzeitbewusstsein mehr erkennbar. Otto verfasste Buch I und II, sein Schüler Rahewin fügte später Buch III und IV hinzu.

Kreuzkirche, 1982 errichtet, ans Stift Heiligenkreuz angebaut
Kreuzkirche, 1982 errichtet, ans Stift Heiligenkreuz angebaut

Otto starb auf dem Weg zum Generalkapitel der Zisterzienser in Morimond und wurde dort bestattet. Reliquien liegen in der Kreuzkirche des Stiftes Heiligenkreuz im Wienerwald.

Attribute: Buch, Feder

1 J. Spörl: Grundformen hochmittelalterlicher Geschichtsanschauung, 1935, S. 31ff

Worte des Seligen

Inspiriert von Augustinus entwickelt Otto seine Geschichtstheologie: Die Verbindung des Römischen Reichs mit der Kirche Christi führe schon auf Erden zum Gottesstaat. Otto geht es auch um die Frage, warum die vorausgehenden Weltzeitalter ohne rechte Erkenntnis bleiben mussten:

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn auf die Erde (Galaterbrief 4, 4). Um die Menschen, die wie Tiere in unwegsamem, unwirtlichem Gelände umherirrten, auf den Weg zurückzuführen, nahm Gottes Sohn Menschennatur an und bot sich den Menschen als Weg an. Um die Verirrten von Falschheit und Irrtum zurückzurufen, erschien er als die Wahrheit. Um die Verschmachtenden zu stärken, bot er sich an als das wahre Leben. Er sprach: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben (Johannesevangelium 14, 6), als wollte er sagen: Ihr habt euch verirrt, kommt zu mir; ich bin der Weg! Damit ihr den Weg ohne Zagen gehen könnt, hört: Ich bin die Wahrheit. Wenn euch die Zehrung auf dem Weg fehlt, sollt ihr spüren, dass ich das Leben bin! … Doch nicht ohne Berechtigung kann man fragen, warum der Retter am Ende geboren werden wollte, als die Zeit, wie Paulus sagt, erfüllt war. Warum ließ er zu, dass die Gesamtheit der Völker so lange, während so vieler Weltzeitalter im Irrtum des Unglaubens zugrunde ging? Der Grund dafür ist hinterlegt in den Schätzen der tiefen und gerechten Entscheidungen Gottes. Wer von den Sterblichen, die noch mit vergänglichem Fleisch umkleidet sind, wollte dies zu erforschen wagen, da doch der Apostel sagt: O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege! (Römerbrief 11, 33). Was sollen wir also tun? Sollen wir schweigen, wenn wir nicht verstehen können? … Nun, wir können Gründe angeben. Nur sind es menschliche, während wir die Gründe Gottes nicht fassen können. So kommt es, dass wir unsere menschlichen Worte gebrauchen, weil wir Menschen sind; wenn wir aber über göttliche Dinge sprechen, fehlt uns die gemäße Sprache. Trotzdem sprechen wir mit besonderer Zuversicht in menschlichen Worten von Gott, weil wir nicht zweifeln, dass er uns, seine Geschöpfe, versteht. Denn wer erkennt besser als der Schöpfer? Daher kommt es, dass wir nach Gottes Willen vieles zu seinem Lob sagen sollen, obwohl man ihn unaussprechlich nennt. Obwohl unsagbar, scheint er doch in gewisser Weise aussprechbar zu sein.
Darum kann Gott nicht mit Recht von den Menschen angeklagt werden, weil er sie tun lässt, was sie selber tun wollen. Und umgekehrt ist er hoch zu preisen und von denen zu lieben, denen er seine Gnade umsonst anbietet und die er von allem abhält, was sie gegen ihr eigenes Heil tun wollen. Man kann ihm auch nicht vorwerfen, dass er die Gnade nicht aufgrund von Gerechtigkeit verleiht, sondern, wie wir glauben müssen, nur aus Erbarmen. Er hat in so vielen Jahrhunderten nicht zur Sünde veranlasst, sondern nur vorenthalten, was sein eigen war. Er tat es, um künftigen Zeiten am Beispiel der früheren zu zeigen, was man meiden und was man dankbar annehmen muss. So wie die einen Gott nicht beschuldigen können, so gab er den andern reichen Grund, ihn mit Recht zu lieben.

Quelle: Monastisches Stundenbuch. Eigenfeiern der Benediktinerklöster im Erzbistum München und Freising, Ergänzungsheft 1982. S. 54 - 56

Zitat von Otto von Freising:

Da der Staat Christi und sein Reich, das bis zu seiner Geburt fast ausschließlich auf Judäa beschränkt gewesen war, auf alle Völker ausgedehnt werden sollte, gingen die Apostel als die Fürsten und Baumeister dieses Staates in alle Welt, um das Wort des Lebens zu predigen, und zerstreuten sich über alle Länder des Erdkreises. Petrus, dem Fürsten der andren, wurde Rom zuteil, die Herrin der ganzen Welt. Paulus, der die andern an Wissen und Bildung übertraf, ging nach Griechenland, dem Lande der höchsten Geisteskultur und dem Quell aller Philosophie, Johannes nach Asien, Andreas nach Achaja, Matthäus nach Äthiopien. Thomas und Bartholomäus nach den beiden Indien, Simon und Thaddäus nach Ägypten, Mesopotamien und dem fernsten Persien und Skythien, Philippus nach Hierapolis, während Jakobus in Judäa blieb und die Gemeinde von Jerusalem leitete. Der andere Jakobus war von Herodes enthauptet worden; vorher hatte er, wie berichtet wird, in Spanien gepredigt, wo noch heute sein Grab berühmt ist. Diese gingen nicht mit Waffen, sondern weit wirkungsvoller mit Gottes Wort den Erdkreis an und triumphierten nicht durch fremdes, sondern durch eigenes Blut viel herrlicher als die Römer über die gesamte Welt.

Quelle: Otto von Freising: Chronik oder die Geschichte der zwei Staaten, übersetzt von Adolf Schmidt, hrsg. von Walther Lammers (lateinisch / deutsch). = Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 16, 4. Aufl. Darmstadt 1980, S. 239

zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung

Stadlers Vollständiges Heiligenlexikon

Catholic Encyclopedia

Ottos Gesta Friderici gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.

Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Die Kirche des Stiftes Klosterneuburg kann frei besucht werden. Das Stiftsmuseum, die Schatzkammer und weitere Räume sind von Mai bis Mitte November täglich von 9 Uhr bis 18 Uhr, im Winter täglich von 10 Uhr bis 16 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt beträgt 9 €. (2019)





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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 31.12.2020

Quellen:

• Charlotte Bretscher-Gisinger, Thomas Meier (Hg.): Lexikon des Mittelalters. CD-ROM-Ausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2000
• Lexikon für Theologie und Kirche, begr. von Michael Buchberger. Hrsg. von Walter Kasper, 3., völlig neu bearb. Aufl., Bd. 7., Herder, Freiburg im Breisgau 1998
• https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Schliersee - abgerufen am 20.07.2023

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.