Paul VI.
Gedenktag katholisch: 29. Mai
nicht gebotener Gedenktag
Todestag: 6. August
Name bedeutet: der Kleine (griech. - latein.)
Giovanni Battista Enrico Antonio Maria Montini war der Sohn eines Zeitungsverlegers und Politikers. Er studierte 1916
bis 1920 Jura und Theologie am Priesterseminar
in Brescia und an der Päpstliche Universität
Gregoriana in Rom; in beiden Fächern erwarb er den Doktorgrad - den für Theologie an der damals neuen
katholischen Universität des Heiligen Herzens
in Mailand. Er setzte seine Ausbildung an der Päpstlichen Diplomatenakademie fort. 1920 wurde er in der
Kathedrale in Brescia zum Priester geweiht.
Ab 1922 wirkte Montini im Staatssekretariat des Vatikan, nebenbei von 1925 bis 1933 auch als Generalassistent des katholischen Studentenverbandes in Italiens. 1937 wurde er zum Substitut von Staatssekretär Pacelli - dem späteren Papst Pius XII. - berufen, schrieb ihm Reden und begleitete ihn auf seinen Auslandsreisen. Im selben Jahr wurde er auch Mitglied im Malteserorden. 1954 wurde er von Papst Pius XII. als Nachfolger von Ildefons Schuster zum Erzbischof von Mailand ernannt. Dort baute Montini die Großstadtseelsorge aus, kümmerte sich besonders um die Probleme der Arbeiter und ließ neue Kirchen errichten - dafür setzte er sein ganzes Privatvermögen ein.
Schon nach dem Tod von Papst Pius XII. 1958 wurde Montini als Kandidat auf das Papstamt angesehen, obwohl er nicht
Kardinal war - diese Würde verlieh ihm noch 1958 erst Papst Johannes XXIII..
Beim 2. Vatikanischen Konzil war er Mitglied der Kommission für
außerordentliche Aufgaben; öffentlich hielt er sich zurück, entfaltete hinter den Kulissen aber rege Aktivitäten, um
dem Konzil programmatische Richtung zu geben. 1963 wurde er mit großer Mehrheit zum Papst gewählt und wählte den Namen
Paul VI. 1964 legte er die Tiara ab und wurde damit der
letzte Papst, der mit einer Tiara gekrönt wurde; auch auf andere Statussymbole wie Baldachin, Pfauenwedel,
Thronassistenten oder Nobelgarde verzichtete er, schaffte 1965 den über 400 Jahre alten Index der verbotenen Bücher
und das Hl. Offizium ab, an dessen Stelle nun die Kongregation für die Glaubenslehre
trat, setzte viele Reformen
durch und wird deshalb zu den modernsten Päpsten des 20. Jahrhunderts gezählt. Seine wichtigste Leistung war wohl, dass
er das Konzil zu Ende führen konnte, ohne dass es zum offenen Konflikt kam und das Konzil zerbrach.
Für die katholische Kirche ist niemand fremd, niemand ausgeschlossen, niemand fern. Diesen Unseren universellen Gruß richten Wir auch an Euch, Menschen, die Ihr Uns nicht kennt; Menschen, die Ihr Uns nicht versteht; Menschen die Ihr Uns nicht für Euch nützlich, notwendig und freundlich glaubt; und auch an Euch, Menschen, die Ihr, für sich denkend so Gutes zu tun, Uns anfeindet! Ein aufrichtiger Gruß, ein besonderer Gruß, aber voll von Hoffnung; und heute, glaubt es, voller Wertschätzung und Liebe.
In der Enzyklika Ecclesiam Suam
, Seine Kirche
von 1964 mahnte Paul VI. die Besinnung der Kirche auf ihre
zentralen Aufgaben an und warnte vor drohender Verwirrung. In konzentrischen Kreisen
um die römisch-katholische
Kirche solle der Dialog in der Ökumene, mit Nichtchristen und mit Nichtglaubenden geführt werden, um die Dialogpartner so
näher an die in Christus geoffenbarte Wahrheit und die geeinte Kirche
zu führen. Mit der Enzyklika Populorum Progressio
, Fortschritt der Völker
, von 1967 erweiterte Paul VI. den
Friedensauftrag der Kirche um das Engagement für den Ausgleich zwischen Nord und Süd; weltwirtschaftliche Gerechtigkeit
und die Überwindung der Spannung zwischen den reichen und armen Ländern seien Voraussetzung und Grundlage des Friedens.
Dem sei das Recht auf Privateigentum - das für niemanden ein unbedingtes und unumschränktes Recht sei - unterzuordnen,
denn niemand sei befugt, seinen Überfluss ausschließlich sich selbst vorzubehalten, wenn anderen das Notwendige fehle.
Im Apostolischen Schreiben Octogesima Adveniens
, Das achtzigjährige Jubiläum
(der Enzyklika Rerum
novarum
, Neue Dinge
, von Papst Leo XIII.) von 1971 betonte Paul VI. das Recht eines gewissen Pluralismus
politischer Überzeugungen in der Kirche; Laien hätten eine weitgehende Autonomie des politischen Handelns im Staat, das
päpstliche Lehramt müsse nur Grenzen aus Gründen des Glaubens oder der Sitten aufzeigen, so bei der Abtreibung, bei
Völkermord, Terrorismus oder dem Problem der Mafia. Die Aufsehen erregendste und bis heute umstrittenste Enzyklika war
1968 Humanae Vitae
, Leben des Menschen
, mit der Paul VI. die Verurteilung künstlicher Methoden der
Empfängnisverhütung einschließlich der wenige Jahre zuvor erfundenen Antibabypille einschärfte.
1964 unternahm Paul VI. eine Reise ins Heilige Land; seit 150 Jahren - und damals Papst Pius VII. auch nur unter Zwang - hatte kein Papst den italienischen Boden verlassen, dazuhin war dies die erste Pilgerfahrt eines Papstes ins Heilige Land. In Jerusalem traf er mit dem orthodoxen Patriarchen Athenagoras von Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul - zusammen, was 1965 zur Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikationen zwischen dem Patriarchaten und dem Papst führte. Weitere Reisen folgten 1964 nach Indien, 1967 nach Fátima und Istanbul, 1968 nach Kolumbien, 1970 auf die Philippinen und Australien und 1965 zur UNO in New York, wo sein Friedensappell große Beachtung fand. Auch zu den kommunistischen Staaten erfolgte eine vorsichtige diplomatische Öffnung, so durch ein Treffen mit dem sowjetischen Außenminister 1966 im Vatikan; damit entfernte sich Paul VI. von der strikt antikommunistischen Haltung seit Papst Pius XII., der Kontakte mit kommunistischen Staaten abgelehnt hatte. 1968 führte Paul VI. für die Weltkirche den Weltfriedenstag ein. 1969 sprach er in Genf vor der Internationalen Arbeitsorganisation und vor dem Ökumenischen Rat der Kirchen. Der erste Afrikabesuch eines Papstes führte ihn 1969 nach Uganda.
In Folge des Konzils kam es zu einer Reform der Liturgie mit Einführung der muttersprachlichen an Stelle der lateinischen Messe und der der Gemeinde zugewandten Zelebration des Priesters; diese Reform war der Hauptgrund für die Abspaltung der traditionalistischen Bewegung um Erzbischof Marcel Lefebvre mit rund 120.000 Anhängern, die bis heute andauert. Eine durchgreifende Demokratisierung der Kirche scheiterte aber an Paul VI.' energischem Widerstand, denn Gehorsam gegenüber dem kirchlichen Amt war für ihn Voraussetzung jeden Dialogs. 1970 entging Paul VI. in der philippinischen Hauptstadt Manila nur knapp einem Messerattentat durch einen geistesgestörten Mann aus Kolumbien. Große Offenheit und Kenntnis hatte er für zeitgenössische Kunst; mit den von ihm gesammelten modernen Kunstwerken wurde 1973 eine eigene Abteilung in den Vatikanischen Museen eröffnet. 1964 bis 1971 ließ er die moderne Vatikanische Audienzhalle errichten.
Gesundheitlich angeschlagen nahm Paul VI. 1978 vom Bett aus an der abendlichen Sonntagsmesse teil, dabei erlitt er nach der Kommunion einen schweren Herzinfarkt, an dessen Folgen er drei Wochen später starb. Er wurde seinem Wunsch entsprechend in einem Erdgrab in den vatikanischen Grotten bestattet.
Als die Beschlüsse des Konzils in Gesetzen Interpretierender
war Paul VI. der eigentliche Konzilspapst
, so der Theologe Michael Bredeck. Zu Lebzeiten wurde Paul VI. ofmals
als rückständig betrachtet und angefeindet; tatsächlich hat er viele seiner Vorgänger an Reformeifer übertroffen, auch
wenn er an der traditionellen Stellung des Papsttums festhielt.
Papst Franziskus verfügte 2019, dass die liturgische Feier am 29. Mai - dem Tag seiner Weihe zum Priester - als nicht gebotener Gedenktag begangen wird.
Kanonisation: Papst Johannes Paul II. eröffnete 1993 das Seligsprechungsverfahren für Paul VI., Papst Benedikt XVI. erkannte Paul VI. 2012 den heroischen Tugendgrad zu. Die Seligsprechung erfolgte am 19. Oktober 2014 durch Papst Franziskus auf dem Petersplatz in Rom, am 14. Oktober 2018 wurde er dort von demselben Papst heiliggesprochen.
Worte des Heiligen
In seiner Enzyklika Populorum progressio
betont Paul VI. die Pflicht der reichen Länder zur
Solidarität mit den armen:
Die Welt ist krank. Das Übel liegt jedoch weniger darin, dass die Hilfsquellen versiegt sind, oder dass einige
wenige alles abschöpfen. Es liegt im Fehlen des brüderlichen Geistes unter den Menschen und unter den Völkern. …
Die zu großen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Unterschiede unter den Völkern rufen Spannungen und
Zwietracht hervor und bringen den Frieden in Gefahr. … Das Elend bekämpfen und der Ungerechtigkeit entgegentreten
heißt, neben dem Bessergehen am menschlichen und geistigen Fortschritt aller arbeiten und damit am Gemeinwohl der Menschheit.
Der Friede besteht nicht einfach im Schweigen der Waffen, nicht einfach im immer schwankenden Gleichgewicht der Kräfte.
Er muss Tag für Tag aufgebaut werden, nach einer von Gott gewollten Ordnung, die eine vollkommenere Gerechtigkeit unter
den Menschen herbeiführt. …
Diesen vollen Humanismus gilt es zu entfalten. Und was ist dies anders als eine umfassende Entwicklung des ganzen
Menschen und der ganzen Menschheit? Ein in sich geschlossener Humanismus, der die Augen vor den Werten des Geistes und
vor Gott, ihrer Quelle, verschließt, könnte nur scheinbaren Erfolg haben. Gewiss, der Mensch kann die Erde ohne Gott
gestalten, aber ohne Gott kann er sie letzten Endes nur gegen den Menschen formen. Der in sich verschlossene Humanismus
ist ein unmenschlicher Humanismus
. Nur jener Humanismus also ist der wahre, der sich zum Absoluten hin öffnet, in Dank
für eine Berufung, welche die richtige Auffassung vom menschlichen Leben schenkt. Der Mensch ist in gar keiner Weise letzte
Norm der Werte, und er ist nur so viel Mensch, als er, nach einem Wort Pascals, den Menschen unendlich übersteigt. …
Die Pflicht zur Solidarität der einzelnen besteht auch für die Völker. Es ist eine schwere Verpflichtung der
hochentwickelten Länder, den aufstrebenden Völkern zu helfen.
Diese Lehre des
[2. Vatikanischen] Konzils muss verwirklicht werden. Wenn es auch
richtig ist, dass jedes Volk die Gaben, die ihm die Vorsehung als Frucht seiner Arbeit geschenkt hat, an erster Stelle
genießen darf, so kann trotzdem kein Volk seinen Reichtum für sich allein beanspruchen. Jedes Volk muss mehr und besser
produzieren, einmal um seinen eigenen Angehörigen ein menschliches Leben zu gewährleisten, dann aber auch, um an der
solidarischen Entwicklung der Menschheit mitzuarbeiten. Bei der wachsenden Not der unterentwickelten Länder ist es also
durchaus in der Ordnung, dass die reichen Länder einen Teil ihrer Produktion zur Befriedigung der Bedürfnisse der andern
abzweigen; und es ist auch normal, dass sie Lehrer, Ingenieure, Techniker, Wissenschaftler ausbilden, die ihr Wissen und
Können in den Dienst der Armen stellen. Es sei noch einmal wiederholt: Der Überfluss der reichen Länder muss für die Armen
sein. Die Regel, die einmal zugunsten der nächsten Angehörigen galt, muss heute auf die Gesamtheit der Weltnöte angewandt
werden. Die Reichen haben davon den ersten Vorteil. Tun sie es nicht, so wird ihr hartnäckiger Geiz das Gericht Gottes und
den Zorn der Armen erregen, und unabsehbar werden die Folgen sein. Würden sich die heute blühenden Kulturen in ihrem
Egoismus verschanzen, so verübten sie einen Anschlag auf ihre höchsten Werte; sie opferten den Willen, mehr zu sein, der
Gier, mehr zu haben.
Quelle: Papst Paul VI.: Enzyklika populorum progressio. Über den Fortschritt der Völker vom 26. März 1967, Luzern / München Nr. 66, 76, 42, 48f
zusammengestellt von Abt em. Dr. Emmeram Kränkl OSB,
Benediktinerabtei Schäftlarn,
für die Katholische SonntagsZeitung
viele Dokumente von Paul und seine Lebensgeschichte gibt es online zu lesen in den Documenta Catholica Omnia.
Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon
Das
Geburtshaus von Papst Paul VI. in Concesio ist
zu besichtigen, es ist täglich außer montags von 10 Uhr bis 12 Uhr und von 14.30 Uhr bis 17 Uhr - sonntags nur nachmittags -
geöffnet. (2021)
Der Dom in Mailand ist täglich von 9 Uhr bis
19 Uhr zur Besichtigung geöffnet, der Eintritt - Karten gibt es bis 18 Uhr im
Ticket-Verkaufsbüro - beträgt 5 €, für
zusätzlichen Besuch der Ausgrabungen und des Dom-Museums 10 €, für Dom, Ausgrabungen, Dom-Museum und Turmbesteigung 15 €,
für letzteres per Lift 20 €. (2021)
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
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- zuletzt aktualisiert am 21.10.2021
Quellen:
• https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_VI. - abgerufen am 20.07.2023
• http://www.orthodoxinstitute.org/athenagoras.html nicht mehr erreichbar
• http://de.radiovaticana.va/news/2013/08/06/paul_vi._%E2%80%93_der_erste_%E2%80%9Emoderne%E2%80%9C_papst/ted-717502 - abgerufen am 20.07.2023
• Newsletter von Radio Vatikan - 19.10.2014
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der
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