Ökumenisches Heiligenlexikon

Paulus' 3. Missionsreise

von 52 bis 56

Ephesus

Ephesus ums Jahr 50

Statue der Artemis von Ephesus, heute im Ephesus-Museum in Selçuk
Statue der Artemis von Ephesus, heute im Ephesus-Museum in Selçuk

Gemeindeentwicklung in Ephesus

Aus der langwährenden Arbeit ging offenbar eine engagierte, gut strukturierte Gemeinde hervor, mit der Paulus besonders verbunden blieb (Apostelgeschichte 20, 17). Paulus' Reisegefährten Trophimus und Tychicus stammten aus der Gemeinde. Aber auch weitere Verfolgungen blieben nicht aus, Priscilla und Aquila kehrten offenbar deswegen wieder nach Rom zurück (Römerbrief 16, 3f). Die Bedeutung der Gemeinde zeigt, dass der von Paulus hoch geschätzte Timotheus von ihm nach Ephesus gesandt (Philipperbrief 2, 19) und wohl auch als erster Bischof der Stadt eingesetzt wurde (1. und 2. Timotheusbrief). Paulus' späterer Mitarbeiter Onesimus (Kolosserbrief 4, 9) soll Timotheus' Nachfolger im Amt des Bischofs gewesen sein; der Überlieferung nach hat er in Ephesus den Märtyrertod durch Steinigung erlitten.

Nahe Ephesus soll nach verbreiteter Überlieferung auch Maria entschlafen sein; das Marienhaus bei Ephesus, das auch von Muslimen verehrte Meryem ana Evi, liegt sechs Kilometer südlich der Ausgrabungen von Ephesus. Auch Johannes ging der Überlieferung gemäß nach seiner Gefangenschaft auf Patmos nach Ephesus, wo er demnach mit großen Ehren empfangen wurde, sein Evangelium schrieb und die soeben verstorbene == Drusiana vom Tod erweckte; am Ende sei er vor aller Augen in das neben dem Altar der später ihm geweihten Kirche vorbereitete Grab gestiegen und in großer Lichterscheinung gestorben. In der Überlieferung der Orthodoxen Kirche ist Ephesus auch der Todesort der Maria Magdalena. Eine solche Fülle von wichtigen urchristlichen Personen kennt kein anderer Ort.

Die Höhle der „Sieben Schläfer” nahe der Ausgrabungsstätte von Ephesus
Die Höhle der Sieben Schläfer nahe der Ausgrabungsstätte von Ephesus

An die Gemeinde in Ephesus gerichtet ist das erste der sieben Sendschreiben an Gemeinden im Johannes zugeschrieben Buch der Offenbarung (2, 1 - 7): gelobt wird ihre Ausdauer und ihr Eifer im Glauben und, dass sie sich anfangs nicht von falschen Apostel beeinflussen ließ; nun aber habe sich diese Treue zum Glauben verflogen und müsse wiedergewonnen werden; immerhin aber widerstand die Gemeinde den Verführungen der Nikolaiten - einer sonst unbekannten Sekte, die grundlegende, auch für Christen geltende Reinheitsgebote missachtete (Offenbarung (2, 14f). Die Gemeinde blieb lebendig, davon zeugt z. B. der Dialog mit dem Juden Tryphon von Justinus dem Märtyrer, bei dem es sich um die Aufzeichnung einer tatsächlich um 150 in Ephesus stattgefundenen Diskussion handeln soll, in der ein Brückenschlag zwischen Juden- und Christentum versucht wurde. Obwohl die Stadt durch die Verlandung des Hafens Glanz und Bedeutung verlor, blieb sie für die Christenheit wichtig. 251 bzw. 438 wurden der Legende zufolge bei Ephesus die Höhle der Sieben Schläfer entdeckt. 431 fand hier das wegweisende Konzil statt; einer der Teilnehmer war Achatius, ein anderer Anatolius, der Patriarch von Konstantinopel - dem heutigen Ístanbul. Aus dem 6. Jahrhundert ist noch Bischof Abraham bedeutsam. Mit dem Niedergang der Stadt verlor sich dann auch die Gemeinde. Auf dem nahen Berg Galesios - dem heutigen Alamandağ bei Belevi nördlich Selçuk - enstand ein Kloster, das die Erinnerung bewahrte; sein Abt war im 13. Jahrhundert Josef I..

Ephesus touristisch

Makedonien und Griechenland

Troas

Troas ums Jahr 50

Reste von Häusern in Troas
Reste von Häusern in Troas

Gemeindeentwicklung in Troas

Über die weitere Entwicklung der Gemeinde fehlen im Neuen Testament weitere Nachrichten. Im 2. Timotheusbrief (4, 13) erwähnt Paulus lediglich, dass er bei einem gewissen Karpus seinen Mantel zurügelassen habe. Ignatius von Antiochia lebte bei seiner Auslieferungsreise nach Rom einige Zeit in Alexandria Troas und verfasste dort drei der nach ihm benannten Ignatiusbriefe. Konstantin „der Große” erwog, Troas zur neuen Hauptstadt des römischen Reiches zu machen, entschied sich jedoch für Byzanz - das heutige Ístanbul.

Troas touristisch

Milet

Milet ums Jahr 50

Das Markttor von Milet, heute im Pergamon-Museum in Berlin
Das Markttor von Milet, heute im Pergamon-Museum in Berlin

Die in der Antike Herrin der Ägäis genannte Stadt Milet - heute Ruinen bei Balat - mit ihren vier Häfen hatte ihre größte Glanzzeit aus dem 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr. schon hinter sich. Damals war es die bedeutendste Metropole der griechischen Welt, beherrschte 90 Kolonien und übte auch kulturell Hegemonie aus: das miletische Alphabet verdrängte alle anderen. In Milet wirkten Thales, Anaximenes und Anaximander, die als Begründer der Naturwissenschaft und Philosophie gelten: alle drei suchten nach dem Urstoff allen Seins im Wasser, in der Luft oder im Unbestimmten. Thales stellte Lehrsätz zur Berechnung von geometrischen Formen, Pyramiden und Sonnenfinsternissen auf, Plato nannte ihn einen der sieben Weisen. Anaximenes erforschte die Beziehungen zwischen Mensch und Kosmos. Anaximander habe die Sonnenuhr erfunden, eine Seekarte erstellt und die Himmelskuppel berechnet. Um 500 wirkte Hekataios, der mit seinen auf Forschungsreisen gewonnen Beschreibungen als Vater der Geografie und durch Erstellung von Stammbäumen und Sammlung von Heldensagen als Vater der Geschichtsschreibung bezeichnet wurde, dazuhin Lehrer von Herodot war.

Reste des Hafens in der Löwenbucht von Milet
Reste des Hafens in der Löwenbucht von Milet

Milet war treibende Kraft beim Aufstand der griechischen Städte gegen die Perser, aber die Niederlage von 494 v. Chr. führte zur Zerstörung der Stadt. Mit dem Ordnungsprinzip des Schachbretts wurde Milet wieder aufgebaut, um 450 war die Stadt Heimat der ersten Philosophin der Geschichte, der Aspasia, die Frau und Beraterin von Perikles wurde. Nach der Eroberung durch Alexander den Großen 334 v. Chr. konnte die Stadt ihre Autonomie behalten, auch in der Römerzeit wurde sie gefördert.

Paulus in Milet

Gemeindeentwicklung in Milet

Von einer Gemeinde ist nichts bekannt; nach dem 2. Timotheusbrief blieb Trophimus in Milet zurück, weil er krank war (4, 20). Später starb der Märtyrer Achatius dort. Der Erbauer der berühmten damaligen Kirche Hagia Sophia in Byzanz - dem heutigen Ístanbul -, Isidoros, kam aus Milet, ebenso sein gleichnamiger Neffe, der die 550 eingestürzte riesige Kuppel wieder aufbaute. Milet war Sitz eines Bischofs bis zum Einfall der Osmanen im Jahr 1424.

Milet touristisch

Das Theater von Milet, erbaut im 3. Jahrhundert v. Chr., im 6. Jahrhundert mit Wohnräumen und der festung in der Mitte ausgebaut
Das Theater von Milet, erbaut im 3. Jahrhundert v. Chr., im 6. Jahrhundert mit Wohnräumen und der festung in der Mitte ausgebaut

Die Ausgrabungen ermöglichen die Besichtigung des Amphitheaters mit 30.000 Plätzen, der gewaltigen Ruinen der Faustina-Thermen aus dem 2. Jahrhundert, der Reste des Tempels für Apollon Delphinos und der Reste des Löwenhafens mit einer der beiden ihn zierenden Löwenstatuen und Resten der Hafenhalle. Auch von der großen Synagoge aus dem 4. Jahrhundert und der über einem Dionysos-Tempel erbautenMichaelskirche sowie dem mit Mosaiken verzierten Bischofspalast aus dem 6. Jahrhundert gibt es einiges zu sehen. Aus rund 14.000 antiken Steinen wurde auf dem Gelände die Ilyas-Bey-Moschee erbaut.

Theater und Ausgrabungen in Milet können frei besichtigt werden. Das daneben stehende Museum hat jeden Tag von 8 Uhr bis 19 Uhr geöffnet, der Eintritt beträgt 2 €. (2013)

Tyrus

Tyrus ums Jahr 50

Tyros - das heutige Sur im Libanon - war schon Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. eine bedeutende Handelsmetropole, der Handel erfasste das gesamte Mittelmeer. 988 v. Chr. wird die Entsendung von Männern und Material für den Bau des Tempels von König Salomo in Jerusalem berichtet. Mit dem Erstarken des Neuassyrischen Reiches im 8. Jahrhundert v. Chr. wurde Tyros tributpflichtig und verlor zunehmend seine politische Eigenständigkeit, nicht jedoch seine Wirtschaftskraft. 332 v. Chr. wurde die Stadt von den Makedonen erobert und teilweise zerstört, es begann ihr langsamer Niedergang. Schon Jesus hatte die Stadt besucht und damit die Grenzen des Heiligen Landes bewusst überschritten, bevor er dann seinen Weg nach Jerusalem antrat.

Gemeindeentwicklung in Tyrus

Das Hadrianstor von Tyrus, errichtet im 1. Jahrhundert
Das Hadrianstor von Tyrus, errichtet im 1. Jahrhundert

Schon Jesus wirkte gen Norden bis nach Tyrus (Markusevangelium 7, 24). Die weitere Entwicklung liegt im Dunkel. 254 starb Origenes hier, nachdem er in Cäsarea bei der Christenverfolgung gefangen genommen und gefoltert, dann aber zunächst wieder freigelassen worden war. Die Märtyrerin Theodora stammte aus der Gemeinde. Um 300 wurde hier Frumentius, der spätere Patriarch von Äthiopien, geboren. Um 315 wurde eine Kirche geweiht, Eusebius hielt dabei als Bischof von Cäsarea eine Rede.

Nach den Niederlagen beim 2. Kreuzzug blieb den Kreuzrittern als letzte große Festung 1187 nur noch Tyrus.

Tyrus touristisch

Von den Römern wurden mehrere größere Bauwerke errichtet, die teilweise heute noch im riesigen archäologischen Ausgrabungsgelände erhalten sind.

Cäsarea

Cäsarea ums Jahr 50

Cäsarea war in jener Zeit die eigentliche Hauptstadt des Landes, Jerusalem wesentlich nur Kultort. Herodes der Große hatte 31. v. Chr. die Stadt geschenkt bekommen, prächtig ausgebaut und zu Ehren seines römischen Kaisers umbenannt.

Blick auf die archäologischen Stätten in Cäsarea
Blick auf die archäologischen Stätten in Cäsarea
Reste des Palastes von Herodes, Sitz des Statthalters in Cäsarea
Reste des Palastes von Herodes, Sitz des Statthalters in Cäsarea

Gemeindeentwicklung in Cäsarea

Als Jesus mit seinen Jüngern in Cäsarea war, legte Petrus dort sein Bekenntnis ab: Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, woraufhin Jesus ihm den Ehrennamen pétros, Fels gab, auf dem er seine Kirche bauen wolle, und ihm die Schlüssel des Reichs der Himmel verlieh (Matthäusevangelium 16, 13 - 19). Der von den Aposteln zu einem der sieben Diakone der Urgemeinde in Jerusalem bestellte Philippus wirkte in der Gegend um Cäsarea als Glaubensbote (Apostelgeschichte 8, 40). Seine vier Töchter, darunter Hermione, hatten die Gabe der GlossolalieAls Glossolalie (aus griech. „γλῶσσα” und „λαλεῖν, sprechen”, deutsch oft „Zungenrede”, bezeichnet man ein unverständliches Sprechen - insbesondere im Gebet - das sich ereignet mit Worten, die für andere unverständlich sind, das durch besondere Gnadengaben des Heiligen Geistes bewirkt werde und die besondere Unmittelbarkeit des Betens zu Gott betone. (Apostelgeschichte 21, 9), waren also auch an der Verkündigung des Glaubens beteiligt. Der Hauptmann der römischen Armee in Cäsarea, Cornelius, rief aufgrund einer Vision den Apostel Petrus zu sich, der Cornelius und dessen Verwandte und Freunde als die ersten Nichtjuden taufte. Der Überlieferung nach wurde er dann Bischof von Cäsarea und starb um 60 als Märtyrer. So war schon vor Paulus in Cäsarea eine bedeutsame Christengemeinde gewachsen.

Als Bischof von Cäsarea im 2. Jahrhundert ist Theophilos bekannt; der erste Bischof von Cäsarea in Kappadokien - dem heutigen Kayseri - war im 3. Jahrhundert der aus Cäsarea stammende Alexander. Eine große Zahl von Märtyrern aus der Gemeinde wurde bekannt, darunter Romanus, Fortunata, Apphianus, Theodora, Elias, Pamphilus oder Gordius; dies ist nicht zuletzt darin begründet, dass der bedeutende Kirchengeschichtsschreiber und nach Ende der Verfolgungen um 312 Bischof von Cäsarea, Eusebius, ihrem Geschick besonders nahe stand.

Cäsarea touristisch

In Cäsarea sind heute von den Bauten des Herodes das Amphitheater, Teile der Stadtmauer und der Hafenanlage zu besichtigen. Eindrucksvoll sind Reste einer von den Kreuzfahrern auf den Fundamenten einer Moschee gebauten riesigen, Paulus geweihten Basilika; weil sie zu groß war, stürzten die Gewölbe schon beim Bau wieder ein.

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Autor: Joachim Schäfer - zuletzt aktualisiert am 17.07.2023
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Joachim Schäfer: Artikel
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet das Ökumenische Heiligenlexikon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://d-nb.info/1175439177 und https://d-nb.info/969828497 abrufbar.

Quellen:
• Die Reisen des Paulus. Katholisches Bibelwerk Stuttgart o.J. (2000)