Die Märtyrerakten
Die Akten der Märtyrer sind die offiziellen Aufzeichnungen der Gerichtsverfahren über die Märtyrer der frühen Christenheit. In einem erweiterten Sinn wird der Begriff gebraucht für alle Berichte über Gerichtsverfahren und Tod dieser Märtyrer. Für letztere gilt folgende Klassifizierung:
-
Offizielle Berichte der Verhöre (acta, gesta). Davon gibt es nur wenige, z. B. die
Acta Proconsulis
über Cyprian von Karthago, diePassio Cypriani
und dieActa Martyrum Scillitanorum
. -
Nicht-offizielle Berichte von Augenzeugen, z. B. das
Martyrium S. Polycarpi
, dieActa SS. Perpetuae et Felicitatis
oder dieEpistola Ecclesiarum Viennensis et Lugdunensis
, die die Geschichte der frühchristlichen Märtyrer um Photinus und Gefährten berichten. - Spätere Dokumente, die auf Akten der genannten Art basieren, aber mit Interpretationen der Verfasser versetzt sind.
Neben diesen drei Arten mehr oder weniger zuverlässiger Dokumente gibt es viele andere unter der Bezeichnung Acta
Martyrum
, obwohl sie geringen oder gar keinen historischen Wert haben. Dazu gehört zum Beispiel die Erzählung von
Felicitas und ihren sieben Söhnen, welche in ihrer überlieferten
Form wohl eine Variation des biblischen Buches 2. Makkabäer 7, 1 - 41 ist; dennoch kann kein Zweifel an den zugrunde
liegenden Fakten sein, nicht zuletzt durch die Entdeckung des Grabes von Januarius, ihrem ältesten Sohn. Andere Akten
haben gar keine Tatsachen als Grundlage, aber sie sind literarische Novellen über die Zeit der jungen Christenheit, so
z. B. die Geschichte von Genesius dem Komödianten oder die Akten von
Theodora und Didymus.
Noch weniger glaubwürdig ist die Geschichte von Barlaam und Josaphat, einer christlichen Adoption der Buddha-Legende, die Faust-Legende über Cyprian von Antiochia oder die Romanze einer Heldin, die unter den verschiedenen Namen Pelagia oder Margarita (Pelagius), Marina von Bithynien, auch als Eugenia oder Apollinaris Syncletica erzählt wurde. Diese Akten sollten den Leser erbauen. Aber es gibt auch klare Fälschungen, erstellt mit der erklärten Absicht der Geschichtsklitterung, z. B. um einen Heiligennamen mit einer bestimmte Kirche oder Stadt zu verbinden.
Außer diesen Acta Martyrum gibt es andere Quellen wie verschiedene Kalendarien, Wegbeschreibungen für Pilger, oder
die Schriften der Kirchenvater, schließlich Sammlungen von Lebensbeschreibungen, die
berühmtesten sind von Eusebius: die Historia Ecclesiastica
und seine Schrift De Martyribus Palestinæ
.
Viele Akten wurden insbesondere während der Diokletianischen Verfolgung zerstört, dies gilt vor allem für jene der römischen Märtyrer. Das 6. Konzil von Karthago protestierte 401 gegen den Kult für ungesicherte Heilige, 692 exkommunizierte das 4. Konzil von Konstantinopel jene, die im Gottesdienst ungesicherte Akten verlasen.
Die Autoren des Mittelalters waren verantwortlich für große Teile der Legenden in den Märtyrer-Geschichten.
Gregor von Tours war davon der erste mit seinen Schriften De
virtutibus S. Martini
, De gloria Confessorum
und De
vitis Sanctorum
. Die berühmteste Sammlung des Mittelalters war die Legenda
aurea
des Jacobus de Voragine. Alle Verfasser berichteten
über Heilige und über Märtyrer,so z. B. Mombritius in
Mailand 1476, Lipomanus in
Venedig 1551 und Surius in
Köln 1570.
Eine neue Epoche wurde eingeleitet mit den Acta primorum martyrum sincera et selecta
des Benediktiners Theodor
Ruinart - erschinen 1689 in Paris -, die häufig
nachgedruckt wurden. In neuerer Zeit haben sich die Kriterien der Authenzität gegenüber seiner Auswahl stark verändert,
aber als wichtigstes Ergebnis auch der kritischen Forschung kann die Bestätigung der wichtigsten Fakten wie der Ursache
der Verfolgungen, der großen Zahl und Standhaftigkeit der Märtyrer, der Popularität ihres Kults oder der Historizität
vieler populärer Heiligen gelten.
Seit Ende des 16. Jahrhunderts ist das Martyrologium Romanum für die römisch-katholische Kirche das offizielle Verzeichnis der Märtyrer, dazu aller anderen Seligen und Heiligen.
Märtyrerakten auf Deutsch gibt es in der Bibliothek der Kirchenväter der Université Fribourg.
Vom Märtyrer-Effekt
und
wie der Glaube den Schmerz
eindämmt
berichtete SPIEGEL-online über ein Forschungsprojekt, das die Arbeitsweise des Gehirns und Verbindungen
zu Seele und Glauben erforschte.
Heiligenlexikon als USB-Stick oder als DVD
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Autor: Joachim Schäfer
- zuletzt aktualisiert am 11.11.2023
Quellen:
•
korrekt zitieren: Joachim Schäfer: Artikel
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